Fr, 02.05.1794

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Ich bin hier. Und es ist nicht nur ein böser Traum. Ich hatte es so sehr gehofft, als ich heute Timothy und Harriott getröstet hatte, aber wenn ich jetzt das Papier zwischen meinen Fingern fühle und schreibe, weiß ich dass es sich nicht um eine Fantasiewelt handelt, in der man wie ein Kind spielt, nur um dann feststellen zu müssen dass der Himmel plötzlich auch dort dunkel wird, dass plötzlich die eigene Welt grausamer und einem selbst, der Person, die sie konstruiert hat fremd geworden ist... Kein Albtraum. Unglücklicherweise.

Die beiden waren völlig aufgelöst vor lauter Tränen, welche sie vergossen gewesen, nachdem sie mir erzählt hatten, was heute bei ihrer Arbeit geschehen war: Wurden sie gestern noch herum geführt und sehr lieb aufgenommen, war Timothy heute geschlagen worden, als er Harry verteidigt hatte weil sie angeschrien wurde, da sie mit einem anderen Mädchen gelacht hatte. Die Kleine war böse auf den Aufseher geworden und hatte versucht unseren Bruder zu verteidigen. Ergebnis war, dass beide an ihren Haaren zurück an ihre Arbeitsplätze gezogen worden waren und noch eine halbe Stunde länger arbeiten mussten, um den Rückstand aufzuholen. Heute Abend hatten sie sich in meine Arme gekuschelt und mir erzählt, was geschehen war. Sie sagten mir sie würden ausreißen wollen, wenn wir noch lange hierbleiben sollten. Sie sagten mir, sie wollten wieder nach Hause. "Bitte, mach, dass wir zurück können!" "Ich kann nicht mehr tun als ihr... Auch ich würde lieber gehen! Aber gemeinsam stehen wir das hier durch." Soviel also zu diesem Gespräch.

Aelfred hingegen war vollends begeistert von seinem neuen Beruf als Mechaniker: "Weißt du, Mary, es ist so faszinierend, was die Technik nicht alles möglich macht. Alles ist so eng miteinander verwoben. Am liebsten würde auch ich Maschinen erfinden, anstatt sie nur zu reparieren... so wie Samuel Crompton die Spinning Mule erfunden hat! Sie ist ein Mittelding zwischen einer Spinn- und einer solchen Maschine, welche mit der Kraft von Wasser angetrieben wird! Kannst du dir das vorstellen? Auch Mutter und die anderen arbeiten mit ihr!" "Willst du denn nicht fort von hier?" "Weißt du, ich bin sehr gläubig, du kennst mich ja, und auch wenn ich lieber zu Hause wäre, denke ich, dass Gott wollte, dass wir hierher kommen. Warum auch immer. Vertrau ihm!"

Vertrauen. Hatte ich den Herren nicht in der Kapelle darum gebeten, zu machen, dass alles zumindest bestmöglich zu unseren Gunsten verliefe? Vielleicht ist es wirklich, was wir brauchen. Vielleicht hat Aelfred Recht. Wie auch immer, die Hauptsache ist, dass er glücklich ist. Zumindestens einer aus dieser unseren Familie.

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