Gelangweilt saß ich in meinem Zimmer. Heute Morgen erhielt ich die Nachricht, dass der Unterricht aus technischen Gründen nicht stattfinden würde und dass wir unsere Zimmer nicht verlassen durften, weil angeblich ein Defekt im Sicherheitssystem entdeckt wurde. Das Frühstück wurde durch die Lebensmittelluken in unsre Zimmer befördert und wir mussten den ganzen Tag dort verbringen.
Mittlerweile war es später Vormittag und ich hatte bereits meine täglichen Denksport-Aufgaben erledigt, die wir täglich über den Nachrichten Bildschirm erhielten, meine Aufgaben für den Unterricht gemacht und den zur Verfügung gestellten Unterrichtsstoff, den wir heute hätten durchnehmen sollen bearbeitet. Ich wurde zu Lehrerin ausgebildet und somit musste ich eine Menge lernen, denn schließlich war es in einiger Zeit meine Aufgabe den Kindern zu vermitteln wie man las, schrieb und rechnete, aber auch wie das Leben früher war, die Geschichte der Menschheit und Verhaltensregeln. Es war wohl einer der wichtigsten Berufe im Zentrum, denn Disziplin und korrektes Verhalten war der Grundbaustein unserer Gesellschaft und es war die Aufgabe der Lehrer den Kindern eben diese Eigenschaften und das notwendige Wissen, das sie brauchten um zu verstehen, warum wir so lebten, zu vermitteln.Ich wäre gerne raus gegangen aus meinem Zimmer und obwohl ich eigentlich keine Bekannten hatte und mich normalerweise von den anderen Bewohnern des Zentrums abkapselte, vermisste ich im Moment die Gesellschaft anderer Personen. Ich würde gerne im Speisesaal sitzen und den Gesprächen anderer zuhören, doch ich war eingesperrt in meinem Zimmer.
Gerne hätte ich gewusst, ob es gerade überhaupt möglich war den Raum zu verlassen, oder ob die Türen verriegelt waren, doch ich traute mich nicht dies zu testen, denn das System würde merken, dass ich versuchte die Tür zu öffnen und ich würde negativ auffallen, was mich in Schwierigkeiten bringen könnte.Also fand ich mich mit meiner quasi Gefangenschaft ab und saß dumm rum. Ich dachte an meine Schwester, und daran, wie gerne ich sie nun besuchen würde, und eigentlich dachte ich an alles, was ich gerade nicht tun konnte.
Irgendwann langte es mir und ich nahm mir vor, weniger sinnfrei rum zu sitzen und setzte mich erneut vor den Bildschirm. Ich ließ mir neue Gehirntrainingsaufgaben stellen, bis auch diese mir zu langweilig wurden und ich die Aufzeichnungen er letzten Unterrichtsstunden aufrief und diese wiederholte, auch wenn ich mir eigentlich sicher war, den Stoff verstanden zu haben und ihn auswendig zu können. Es stand nicht einmal eine Prüfung an, für die ich hätte lernen sollen und meine Tätigkeit war eigentlich unnütz, aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Ich fragte mich, was die anderen Bewohner des Zentrums wohl gerade taten und kam zu dem Schluss, dass diese bestimmt nicht nichts taten. Sie chatteten bestimmt miteinander. pflegten ihre Bekanntschaften online oder gingen auf einen virtuellen Spaziergang mit anderen. Doch ich wollte mit niemandem chatten, geschweige denn mich mit ihnen treffen. Ich hatte zu viel Angst, oder war zu feige, das konnte man sehen, wie man es sehen wollte, aber Tatsache war, dass ich mich nicht traute, mich mit irgendjemandem länger zu unterhalten, aus Angst, dass ich mich verplapperte oder irgendetwas zu auffälliges sagte, das mich verriet, das verriet, dass ich Phantasie hatte, dass ich mir Dinge vorstellte, die nicht da waren, dass ich träumte. Ich hatte Angst vor dem, was passierte, wenn man dies herausfand. Bisher hatte ich nie mitbekommen, dass bei jemand anderem aus dem Zentrum Phantasie diagnostiziert wurde, jedoch war ich mir sicher, dass es nicht gut war und dass man aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde.Ich entschied, dass ich zwar nicht mit anderen spazieren gehen wollte, aber ich diese Tätigkeit genauso gut alleine ausführen konnte, also ging ich vor den Bildschirm an der Zimmerwand und wählte die Option Spaziergang. Ich entschied mich für die Waldlandschaft, die Wälder von vor hunderten von Jahren simulierte, die es heute nicht mehr gab, zu wählen und kaum hatte ich die Landschaft ausgewählt, kam eine Art Laufband von unten aus dem Boden. Die Zimmer im Zentrum waren mit verschiedensten Möglichkeiten ausgestattet, die man auf den ersten Blick nicht sehen konnte. Im Normalzustand, war das Zimmer sehr steril mit weißen glatten Wänden und Deckenleuchten, die in die Decke eingelassen waren und kaltes Licht in den Raum strahlten. Ich betrat das ebenerdige Laufband und sofort wurde das Licht im Zimmer gedimmt, so dass man eigentlich nur noch den großen in die Wand eingelassenen Bildschirm sah. Langsam lief ich los, schaute mir den Bildschirm an und bewunderte die vielen Bäume. Gerne hätte ich gewusst, wie sie sich anfühlten. Doch im unterirdischen Zentrum gab es keine Pflanzen. In der Schule hatten wir gelernt, dass diese ein bestimmtes Licht zum Leben brauchten, das es nur über der Erdoberfläche gab, weil es von der Sonne kam. Doch zur Oberfläche hatte niemand von uns Zugang, denn diese war so zerstört, dass man dort nicht überleben konnte.
Doch irgendwann wurde auch diese Aktivität zu langweilig und ich ließ mich wieder auf mein Bett fallen und starrte Löcher on die Luft. Kurz bevor es Zeit zum Abendessen war, blinkte eine Nachricht auf dem Bildschirm auf und ich sprang erschrocken auf. „Die technischen Komplikationen wurden erfolgreich bewältigt und es ist den Bewohnern des Zentrums nun wieder gestattet ihre Räume zu verlassen", stand auf dem Bild geschrieben und innerlich hopste ich vor Freude. Es war fast Zeit zum Abendessen und ich freute mich so über die wiedergewonnene Freiheit, dass ich mich einige Minuten zu früh auf den Weg in den Speisesaal machte. Auf den Fluren war ich nicht allein, ich war also nicht die einzige, die die Möglichkeit das Zimmer zu verlassen sofort nutzte.
Im Speisesaal, setzte ich mich wie üblich etwas abseits der Menschengruppen hin und aß genüsslich das Abendessen, während ich einigen Gesprächen ohne tieferen Sinn lauschte. Die Leute unterhielten sich doch immer über das selbe: Arbeit, Schule, Ausbildung, was sie den Tag über gemacht haben und heute über den technischen Defekt, doch irgendwie freute ich mich über diese belanglosen Gespräche und als ich aufgegessen hatte ging ich beschwingt zurück in mein Zimmer und legte mich schlafen.
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Metropolis
Novela JuvenilIvy dachte, sie wäre ein ganz normales Mädchen in Zentrum B6953, doch eines Tages fing sie an zu träumen, was in ihrer Gesellschaft eine große Gefahr barg, denn träumen hieß, dass man Fantasie hatte und Fantasie galt als Krankheit. Ein paar Jahre sp...