Getragen

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Herzschlag an Herzschlag. Geborgen im Atemzug einer fremden Lunge. Zuhause.


Castiel hasste das erste Mal als er Dean von sich aus umarmte.


Seine Umgebung nahm er gedämpft wie durch eine Wattewand war, so unwirklich. Er funktionierte nur noch, als würde sein Körper auf Autopilot handeln, taub wie eine Maschine. Das war es wohl, was die Menschen als Schock bezeichneten.
Der Engel fühlte sich so hilflos, so ohnmächtig. Er musste tatenlos zusehen, er konnte nichts tun... Es war als hätte er sämtlichen Halt verloren, als hätte sich unter ihm ein Abgrund aufgetan, und er fiel unaufhörlich.
Doch am schwersten wog die Schuld. Denn er selbst hatte es vorgeschlagen...

Er hatte vorgeschlagen, dass Dean die Seelenbombe zu der Finsternis bringt. Wenn er gewusst hätte, dass Dean die Bombe sein würde... Aber die Entscheidung war gefallen noch bevor die Worte gesprochen waren. Dean würde sich töten damit sie leben konnten, und Castiel konnte nicht verhindert, dass er sich für sie alle opferte... Nicht noch einmal durfte er so selbstsüchtig sein und Deans Leben über das Wohl der ganzen Welt stellen. Das hätte er nicht gewollt.

Castiel hatte sich keine Illusionen gemacht, Dean war ein Mensch, ein Funke in der Unendlichkeit, er würde sterben – irgendwann. Aber dass es schon so bald sein würde... Es gab doch noch so vieles, was er ihm sagen musste... Er hatte angenommen, sie hätten noch Zeit.

Der Grund für all sein Handeln... das Lebewesen, das seiner Existenz einen Sinn und seinem Leben einen Wert gab... der Mensch, für den er alles gegeben hätte, der ihm alles bedeutete... würde sterben. Und Castiel fühlte sich nicht im Stande das zu ertragen. Aber für Dean musste er stark sein, er musste einfach.

Für gewöhnlich war es Dean, der jemanden in eine Umarmung zog. Er war es, der Sam jedes Mal auf sein Level hinunter zog, und derjenige, der Cas im Fegefeuer umarmt hatte. Aber dieses Mal war es anders.
Als Dean sich zu ihm wandte, wusste er es. Dean war so müde. Die Angst vor dem Kommenden lähmte ihn, er brach. Und so ließ er es einfach geschehen, er ließ sich an Castiel ziehen und dieser schloss ihn ein letztes Mal in seine Arme. Während der Jäger es für jene um ihn herum überspielte, spürte der Engel, wie seiner Schultern sanken und das Lächeln auf seinem Gesicht verblasste. Er hielt ihn und für einen Moment erlaubte sich Dean Winchester schwach zu sein.

Er fing seinen Blick auf und das Grün traf ihn wie ein Schlag. Es ließ ihn tief in die menschliche Seele blicken, offen und verletzlich lag sie vor ihm: seine Furcht und seine Entschlossenheit, seine Trauer und seine Liebe.
Das Ungesagte all der Jahre tränkte die Luft um sie herum und nahm ihnen fast den Atem. Eindringlich sahen sie einander an und erkannten so viel in den Augen ihres Gegenübers. Vieles, was nie ausgesprochen wurde und auch nie würde und doch in diesem Moment so klar war.

Und da fühlte er es in der menschlichen Seele, dieses Bedürfnis nach seiner Nähe, ein Bedürfnis das Dean womöglich nicht einmal selbst verstand. Castiel sah ihm in die Augen und bot ihm das einzige an, das er konnte: seine Gesellschaft und sein Leben.
"Ich werde mit dir gehen."


"I could go with you."
Castiel zu Dean 11x23



Wie es Dean in dieser Situation ergeht siehe in meiner FF "Remember"

Musik zum Kapitel:
This is the Day - Jaya Lakshmi
Can You Hold Me - NF, Britt Nicole
In the Arms of an Angel – Kathleen Ross
Superman – Rachel Platten
Fare Thee Well – Rob Benedict

For the first time (Destiel Oneshots)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt