30 - Ein einzelner Schuss

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Insel Khoiba - Kamenka

Koslow hatte noch nicht fertig gelacht, als ein einzelner langgezogener Schuss die Luft durchriss. Er verhallte nur sehr langsam, als stände der Schall um uns still. Dann bemerkte ich die feinen Spritzer Blut, welche durch die Luft strichen und sich auf meine Einsatzkleidung und mein Gesicht setzten. Mein Gehirn reagierte sehr träge. Ein Blick auf meine Kleidung und dann zurück zu Koslow. Sein Lachen war eingefroren. Wie in Zeitlupe sickerte sein tiefrotes Blut aus der Seite seines Schädels, lief über sein Ohr hinab über den Hals und wurde schließlich von seiner Fliegerkombination aufgesogen. Ich bekam kein Wort heraus. Es war still. Vitalis Augen machten eine kleine Bewegung. Er sah mich an und wollte wohl gerade den Mund auf machen, da sackte er zusammen und blieb auf dem kalten Asphalt der Straße liegen. Das Blut verteilte sich um seinen Kopf herum.

Alex kam als erstes wieder zu sich. Mit Tränen in den Augen ließ sie ihr Scharfschützengewehr fallen, kniete sich neben Koslow und hob hektisch seinen Kopf an.

"NEIN! Vitali! Nein! Oh Gott!", schrie sie verzweifelt und wischte dabei versehentlich noch mehr Blut auf Koslows Gesicht.

Ich stand weiterhin wie angewurzelt neben dem toten Piloten und sah zu.

"Ivan! Ivan?! Was soll ich tun, was soll ich nur tun?", weinte Alexandra nun verzweifelt.

Sie begann zu schluchzen und drückte den Kopf von Vitali an ihren Bauch. Auch ihre Kleidung wurde vom Blut des jungen Piloten verklebt.

Endlich konnte ich mich wieder halbwegs fangen. Meine Gedanken hatten so sehr um Koslow geschwebt, dass ich den dazu gehörigen Schuss gar nicht hinterfragte.

"Alex wir müssen in Deckung! Das war ein Schuss eines Scharfschützen! Komm, wir können nichts mehr für ihn tun", sagte ich schnell und wollte Alex aufhelfen.

"Aber wir können ihn doch nicht einfach hier liegen lassen! Er ist unser Freund", schluchzte Alex nun lauter und wehrte sich. Sie wollte nicht weg.

"Ich bitte dich. Sonst erschießt man uns gleich auch! Sobald es dunkel ist können wir seine Leiche bergen und ihn angemessen bestatten. Aber fürs erste müssen wir hier weg!"

Schließlich lenkte Alex ein. Sie ließ Koslows Kopf sachte auf die Straße gleiten und folgte mir dann in den Schutz der Häuserfassaden von Kamenka.

Moskau

Gewohnt rasant und waghalsig fuhr Pushkin seinen Wagen durch den Moskauer Verkehr. Er fuhr Richtung Norden zum Prospekt Mira. Dort wollte er den Ex-Präsidenten treffen und mit diesem sich beratschlagen. Doch so geschickt Pushkin auch durch die Straßen manövrierte, Rote Ampeln und Fußgänger konnte er nicht überfahren. Und so kam es das er sich verspäten würde und es gab nichts was der Staatsbeamte mehr hasste als Unpünktlichkeit. Schließlich parkte er scharf vor einem angrenzenden Spielkasino, grüßte den Parkwächter der ihn sehr gut kannte und schritt eiligst zum großen Einkaufszentrum.

Insel Khoiba - Kemanka

Da südlich von uns das Meer lag und ich vermutete das der unbekannte Schütze aus dem Norden geschossen hatte, waren wir stets darauf bedacht genug Deckung zu unserer rechten zu haben. Schließlich hatte Alex ein U-förmiges Gebäude entdeckt das sich gen Süden öffnete. Wir spurteten in den kleinen Innenhof und ließen uns erschöpft an der schmutzigen Hauswand auf den Boden sinken. Alexandra begann augenblicklich wieder leicht zu schluchzen und dicke Tränen flossen langsam ihre Wangen hinunter. Ich drückte sie an meine Schultern und tätschelte sanft ihren Kopf.

"Wer war das? Wer erschießt einfach einen Menschen auf einer Insel wo es kaum noch normale Menschen gibt?", fragte sie mit roten Augen und sah mich dabei an.

"Und vor allem wer schießt nur auf einen einzelnen Mann und verschont uns? Die Sache ist doch faul", schloss ich.

"So wie alles hier!", klagte Alex und fing wieder an zu schluchzen.

Ich dachte an den leblosen Körper von Koslow der auf dem kalten Asphalt lag. Er war in den letzten Tagen ein guter Freund und Kamerad von ihnen geworden. Und nun hatte ihn auch das zeitliche gesegnet. Doch auf eine ungerechte Art und Weise. Er hatte niemanden geschadet und außer ein paar Untoten in Notwehr hatte er keinen Mord auf dem Gewissen. Der tödliche Schuss war zweifelsfrei das Werk eines brillanten Schützen gewesen. Doch wer, der noch lebte, konnte außer Alex so gut schießen? Es gab nur einen!

DayZ Teil II - Tödliche AttackeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt