~Four~

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Ein Schauer durchfährt meinen Körper. Seine Worte berühren etwas in mir, dass niemand zuvor berührt hat. Mein Herz schlägt heftig in meiner Brust, so laut, dass er es hören können müsste. Ich habe sein Herz gestohlen. Seine Worte sind alles, was in meinem Kopf ist. Wie kann eine zerbrochene Frau wie ich, das Herz dieses starken Mannes nach nur wenigen Stunden bereits für sich eingenommen haben? Vielleicht auf demselben Weg, auf dem Noah das meine mit sich genommen hat.

Ich blicke über meine Schulter zu ihm. Sein Kopf verharrt noch immer auf meiner Höhe. Es wäre ein leichtes, seine vollen Lippen mit meinen zu berühren. Doch noch bevor ich mich einen Millimeter bewegt habe, klingelt und klopft es an der Wohnungstüre. Das Klopfen hört gar nicht mehr auf. MUM! Ich erwache aus meinem Trancezustand und schaue erschrocken zu meinem Vater. Der hebt beruhigend die Hände. „Keine Sorge Kleines, ich mach das schon", sagt er sanft und erhebt sich. Von der Tür höre ich bereits die Stimme meiner Mutter, die aufgeregt nach mir ruft: „Belle?! Belle! Bist du da? Belle mach die Türe auf!"

Ich möchte mich am liebsten einfach verkriechen. Elli verdreht stöhnend die Augen, woraufhin Austin sie von seinem Schoß schubst. „Hey!", ruft Elli aus und verschränkt die Arme unter ihrem Busen. „Du solltest dir lieber eine Hose anziehen", lacht Austin und lässt seinen Blick anzüglich zu den nackten Beinen seiner Liebsten gleiten. Sie trägt einen seiner Pullover, der ihr fast bis zu den Knien reicht. Elli folgt seinem Blick. „Nein. Sorry Belle, aber deine Mum kann mich mal. Soll sie halt wieder über meine unangemessene Kleidung meckern." Sie zuckt mit den Schultern und klettert auf den Hocker neben Austin. Kurz muss ich grinsen. Ja, meine Mutter hat sich schon früher über Elli aufgeregt, wenn sie Sachen von Austin getragen hatte. Aber wie Elli nun mal ist, ist es ihr egal.

Ich kann meine Eltern im Flur diskutieren hören. Schnell drehe ich mich zu Noah um. Sein Blick liegt auf mir und mir wird noch wärmer. „Ich entschuldige mich schon mal im Voraus. Wenn du nachher nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest, kann ich das verstehen", sage ich bedrückt, denn ich weiß, wie meine Mum seit Andrew drauf ist. Noah aber überrascht mich. Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und legt seine Lippen an meine Stirn. Dann schaut er mir in die Augen. „Was ich gesagt habe, war ernst gemeint. Sollte ich gehen, bleibt mein Herz bei dir", sagt er so liebevoll und überzeugt, dass es mir beinahe die Tränen in die Augen treibt. Wie kann ein Mensch, den man gerade erst kennengelernt hat, solche Gefühle in einem auslösen. Ich lege meine Hände über seine und halte sie fest. Wieder sind wir uns so nah, dass ich mich nur ein wenig vorbeugen müsste, um seine Lippen zu küssen.

Doch wieder werden wir auseinandergerissen, diesmal im wahrsten Sinne des Wortes. Noah wird zurückgerissen und schon steht meine Mutter zwischen uns und keift den Ärmsten an: „Lass gefälligst die Finger von meiner Tochter! Fass sie nie wieder an!" Dann dreht sie sich zu mir und greift meine Hände. „Geht es dir gut? Ich habe mir Sorgen gemacht! Komm wir fahren nach Hause. Ich habe in deinem Zimmer nichts verändert, du kannst also wieder einziehen. Los jetzt, wir gehen", fordert sie und wendet sich zum Gehen. Mein Vater steht hinter ihr und blickt mich entschuldigend an. Ich nicke ihm zu. Es ist ja nicht seine Schuld. Er hat sie schon ziemlich lange aufgehalten. Meine Mutter will mich mit sich ziehen, doch ich bleibe stehen. Sie schaut mich über die Schulter an. „Komm jetzt. Wir müssen nach Hause", fordert sie mich nochmal auf. Aber diesmal bleibe ich standhaft. „Nein Mum, ich gehe jetzt nicht mit zu euch nach Hause. Ich bleibe hier", sage ich ruhig.

Ihre Augen werden groß und der Griff um meine Hände deutlich fester. Doch schnell hat sie sich wieder gefasst. „Nichts da. Komm jetzt, wir gehen nach Hause", sagt sie bestimmt und will mich schon wieder mit sich ziehen. Doch Paps tritt von hinten an sie heran und legt ihr seine Hände auf die Schultern. „Amber, lass gut sein. Belle geht es gut. Sei doch froh, dass sie endlich wieder das Leben lebt, das eine Frau in ihrem Alter haben sollte. Wie du siehst geht es ihr bestens und sollte dem irgendwann nicht mehr so sein, werden sie oder einer ihrer Freunde uns schon Bescheid geben", redet er ruhig auf sie ein. Meine Mutter schaut ihn kurz an, lacht dann aber kurz auf und klingt dabei gereizt.

Die Eisprinzessin (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt