Kapitel 4

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"Guten Morgen", hörte ich eine Stimme murmeln und schlug die Augen auf. Erschrocken über die unerwartete Nähe zu meinem Besitzer, unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, wich ich fauchend zurück und spürte, wie die Matratze unter mir zu Ende war. Mit einem schmerzhaften Rums kam ich nicht besonders katzenhaft auf dem Boden auf und knurrte verärgert. Aber nur so lang, bis über mir Hoseoks besorgtes Gesicht erschien.

Ich hielt inne und strich mir müde über mein Gesicht.
"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken, aber du hast mich festgehalten und ich muss los." Ich gähnte und winkte ab. Bis seine Worte wirklich ankamen.

"Wo musst du denn hin?" Irgendwie gefiel mir der Gedanke, dass er gehen musste, nicht.

"Na ja, es ist Freitag und ich muss zur Uni."

Ich wollte nicht, dass er mich zurück ließ. Ich war so lange allein gewesen. Ich versuchte, meine Mimik ausgeglichen zu haltend, doch es klappte wohl nicht so wie gehofft.

"Du bist süß, wenn dich etwas ärgert", kicherte Hoseok und ich wusste nicht, was ich von dieser Reaktion halten sollte.

"Theoretisch könntest du auch mitkommen, aber es wäre bestimmt langweilig für dich...", an dieser Stelle unterbrach ich ihn schon.

"Ich will mit."

Ich saß noch immer auf dem Boden und starrte ihn an, erwartete beinahe, dass er abwehrte und mich doch hier ließ, aber er zuckte nur lächelnd mit den Schultern und nickte.

"Es besteht aber Leinenzwang", gab er zu bedenken. "Schon okay", murmelte ich nur und hoffte, dass das Halsband nicht zu eng sitzen würde.

Wenig später saßen wir im Auto auf dem Weg zum Campus. Die Fahrt in die Stadt dauerte etwas länger und wir sprachen nicht viel, auch nicht nochmal über die Sache von letzter Nacht. Dennoch war es nicht unangenehm, beinahe wäre ich sogar eingenickt.

Als wir auf dem Parkplatz ankamen, machte Hoseok zunächst keine Anstalten auszusteigen und starrte nur auf das Lenkrad.

"Was ist?" Ich hoffte, meine Stimme klang nicht zu besorgt. Er wandte mir den Blick zu und seufzte. "Ich will dir nicht schon wieder ein Halsband anlegen, du warst lang genug eingesperrt." Ich sah ihn erstaunt an. "Es ist doch bloß vorübergehend, außerdem sind das halt die Regeln." Ich zuckte mit den Schultern und zog meine Mundwinkel leicht nach oben. Als Lächeln konnte man es aber noch nicht bezeichnen.

"Na gut." Seufzend beugte er sich nach hinten, um etwas vom Rücksitz zu nehmen. "Das hier habe ich vor kurzem erst besorgt, ich hoffe es passt. Hier, mach es am besten selbst um."

Was er mir reichte war ein schwarzes Lederband, das mit einer kleinen Schnalle verschlossen wurde, ähnlich wie ein Gürtel. Das Material fühlte sich angenehm an und es hatte überhaupt nicht diesen beißenden Fabrikgeruch an sich. Ich überlegte kurz, seiner Bitte nachzukommen, entschied mich dann aber dagegen.

"Ich kann das nicht", entschied ich und gab es ihm zurück, bevor ich ihm meinen Nacken zuwandte. Er legte mir das Band wie eine Kette um den Hals und verschloss es langsam, achtete darauf, dass es nicht zu eng saß. Seine warmen Hände berührten dabei meine Haut und es fühlte sich recht angenehm an.

Nachdem er ausgestiegen war, hielt er mir die Tür auf und klickte dann eine dünne Leine in das Halsband. Diese war aber lang genug, dass wir mit etwas Abstand zwischen uns trotzdem entspannt laufen konnten.

Meine Ohren zuckten, als ich die vielen Geräusche wahrnahm. Zugeschlagene Türen, klingelnde Handys, schrille Stimmen, Lachen und Rufe und viele Schuhe, die über den Boden schlürften, stolperten und klackerten.

Hybrid // YoonSeokWo Geschichten leben. Entdecke jetzt