Chapter Five

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Langsam wache ich auf. Der Fernseher ist noch immer an. Gerade läuft eine Art Morning Show. Die Zeitanzeige am unteren linken Bildschirmrand zeigt mir, dass es kurz nach Vier ist. Achja.. mein kleiner innerer Depressionswecker funktioniert einwandfrei. Schön das man sich auf ihn so gut verlassen kann.. nicht.

Ich gehe meiner üblichen Routine nach und schon gehen wieder vor mir die Fahrstuhltüren auf. Ich glaube es nicht. Es ist 10 nach 5 und Jane liegt auf der Couch und starrt die Decke an. Inzwischen arbeiten wir schon so lange gemeinsam, dass ich genau weis wann er schläft und wann nicht. Gerade schläft er nicht. Allerdings hat er mich noch nicht bemerkt. So leise wie möglich schleiche ich mich in mein Büro. Ich habe sogar Kaffee To Go dabei, nur um nicht in die Küche zu müssen. Jane aus dem Weg zu gehen muss schließlich vorbereitet sein. Je länger er mich nicht bemerkt, desto mehr Arbeit schaffe ich.

Ziemlich schnell bin ich mit den Berichten vom gestrigen Fall durch. Ich habe sogar noch etwas Zeit bis die anderen kommen. Ich lehne mich in meinem alten Schreibtischstuhl zurück und trinke einen Schluck Kaffee. Ich kann Janes Hinterkopf ansehen, dass er gerade mal wieder über diesen merkwürdig geformten Fleck an der Decke nachdenkt. Er ist fest davon überzeugt er hätte die Form verändert. Das ganze macht ihn fertig. Unweigerlich muss ich anfangen zu schmunzeln. Vor ungefähr nem Monat, als er noch regelmäßig zu spät zur Arbeit erschien habe ich morgens ganz spontan dem Fleck mit etwas Farbe eine andere Form gegeben. Jedes mal wenn er darüber nachdenkt, wie es sein kann das dieser Fleck sich geändert hat muss ich schmunzeln. Immerhin hat er so wieder was zutun.

Je länger ich Jane anstarre desto klarer wird mir, dass ich diesen Mann viel besser leiden kann als ich zugeben würde. Nicht einmal ich selbst aktzeptiere es. Liebe ist für mich nicht mehr existent. Ich hatte keinen festen Partner, seit ich vor vielen Jahren vor meinem Verlobten weggelaufen bin. Und über 2.000 Meilen ist wirklich weit weggerannt. Ich weis bis heute nicht wieso ich das überhaupt getan habe, nur das es sein musste. Ich musste da weg. Ich war nicht bereit für sowas. Seitdem bin ich alleine. Bis jetzt bin ich nur ein mal schwach geworden. Walter Mashburn hat es irgendwie geschafft mich dazu zu bringen nach diesem Fall noch einmal vorbei zu kommen. Ich bereue es nicht, im Gegenteil. Es war schön mal wieder etwas Liebe zu erfahren, aber für ihn war es deutlich eine einmalige Sache. Auch das ist okay für mich. Ich selbst habe mir verboten mich zu verlieben. Am Ende werde ich sonst sowieso nur verletzt und das verkrafte ich nicht noch ein mal. One-Night-Stand wie Mashburn finde ich ok. Ich will mich selbst schützen und nicht davon abhalten Spaß zu haben. Zudem war Mashburn eigentlich vollkommen ungefährlich. Es lassen sich sowieso nicht viele mit einer Frau mit mehreren Waffen und einer Polizeiausbildung ein.

Jane, welcher auf einmal direkt neben mir stand tippt mich an um mich aus meinen Gedanken zu holen. Ich für meinen Teil bekomme ganz spontan erst einmal einen Herzentfakt. "Gott Jane, was wollen Sie?" frage ich ihn noch immer etwas schwer atment. "Nur fragen wie es Ihnen geht und ob sie gerne einen Kaffee hätten" meint er nur schmunzelt. "Ich hätte wirklich gerne einen Kaffee. Danke Ihnen". Er lächelt mich noch ein mal an und verschwindet dann in die Küche. Während ich mich darüber freue, dass er den ersten Teil seiner Frage vergessen hat kommt er mit zwei Tassen wieder und setzt sich an meinen Tisch. Ich setze mich dazu und nehme die Tasse Kaffee in beide Hände um sie etwas zu wärmen. "So da Sie jetzt Ihren Kaffee haben können Sie mir ja sagen wie es Ihnen geht." meint er entspannt und nimmt einen Schluck Tee. "Verdammt" flucht meine innere Stimme so laut, dass ich das Gefühl habe er hätte sie rein akutisch hören können. "Gut! Ich habe Kaffee was will man mehr". etwas künstlich lächel ich und trinke ebenfalls etwas. Vielleicht kann ich ihn so ablenken. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich habe das Gefühl ich kann in seinen Augen in diesem Moment etwas Entäuschung sehen. Eigentlich bin ich total fies. Er will nichts außer mir helfen. Ich habe nicht das Recht fies zu ihm zu sein. Anscheinend bin ich ihm wirklich wichtig. Etwas überrascht verliere ich die Kontrolle über das was ich sage.

"Patrick hör zu. Ich bemerke das du bemerkst, dass es mir nicht so gut geht wie ich es sagt. Ich bemerke aber auch, dass es niemand anderes sieht. Ich habe noch nie jemandem gesagt wie es mir wirklich geht wenn gefragt wird. Für mich gibt es als Antwort nur: Gut. Ich bitte dich.. zwing mich nicht dazu etwas zu sagen zu dem ich nicht bereit bin. Ich was das hier zu schätzen.. Danke dir! wirklich. Aber ich kann das gerade nicht. Sollte ich es irgendwann können wirst du es erfahren.. aber bitte. nicht.." dann schaltet sich mein Kopf wieder ein und ich springe auf und renne aus dem Büro in die Frauentoilette. Spontan fiel mir nichts besseres als die Frauentoilette ein. Gestresst laufe ich auf und ab. Schließlich halte ich vor dem Spiegel und schaue mich an. Erbärmlich Bild bietet sich mir. Dann mache ich das Wasser an und wasche mir das Gesicht. Kaltes Wasser sollte mir dabei helfen wieder klar zu denken. Wie komme ich nur auf die Idee ihm sowas zu sagen? Hätte ich auf Gut beharrt wäre er schon irgendwann gegangen. Verdammt Teresa.. warum?!

Ich trockne mein Gesicht ab und gehe wieder in mein Büro. Die anderen, die gerade eintreffen begrüßen mich wie sonst auch. Immerhin haben die nichts mitbekommen. In meinem Büro angekommen steht da meine Kaffeetasse auf meinem Schreibtisch. Von Jane fehlt jede Spur. Also setze ich mich wieder an den Schreibtisch. Erst jetzt fällt mir auf das ein kleiner Zettel und der Tasse liegt. Es steht einfach nur "Sorry" darauf. Janes Handschrift würde ich unter tausenden Wiedererkennen. Wieder plagt mich das schlechte Gewissen. Ach Jane.. wieso kümmerst du dich nicht um Leute die es verdient haben?..

Schnell lass ich den Zettel in einer meiner Schubladen verschwinden und arbeite weiter an den Akten. Wenn heute kein Fall rein kommt wird das locker meinen ganzen Tag beanspruchen. Genau das tut es auch. Die anderen helfen mir mit Berichten bis sie der Feierabend ruft. Nagut bis auf Jane. Den ersten halben Tag war er oben auf dem Dachboden. Danach lag er im Großraumbüro auf der Couch und schlief. Leider liegt er dort immernoch als alle anderen gehen und wir wieder einer der letzten im Gebäude sind. Innerlich beete ich die weiteren 2 oder 3 Stunden die ich noch hier bin, dass er nicht noch ein mal hier rein kommt.

Als ich alles fertig habe ziehe ich meine Jacke an, nehme meine Tasche und verabschiede mich von Jane. Er wünscht mir einfach eine gute Nacht und dann verlasse ich die Etage. Er sah eben echt mitgenommen aus. Das alles nur wegen mir.. ich bin wirklich kein guter Mensch..

Mit einem wirklich schlechten Gewissen fahre ich nach Hause..


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Please.. don't try to help me..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt