9. Flehendes Schluchzen

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Der Schrei hallte in Sams Ohren wieder. Wie versteinert lag er im Bett und starrte zum gegenüberliegenden Fenster. Nun herrschte Stille, die bloß von den Regentropfen durchbrochen wurde. Sie hörten sich an wie ein leises Klopfen, dass immer ungeduldiger an die Scheibe schlug. Doch da war wieder das Weinen zu vernehmen, welches mal zu mal lauter wurde. Er hatte das dunkle Gefühl, dass es näher kam. Wie gebannt starrte Sam zum Fenster. Er hätte schwören können einen Schatten gesehen zu haben, der langsam an der Scheibe vorbei huschte. Leise schlug er seine Decke um und stand auf. Ein Fuß vor den anderen setzend huschte er zum Fenster. Zwar hatten Hobbits nicht so einen leichten Tritt wie Elben, doch konnten sie sich dennoch unbemerkt fortbewegen.

Draußen war nichts mehr zu sehen. Sam stellte fest, dass nicht nur er wachgeworden war, auch in anderen Häusern brannte das Licht. Plötzlich hörte er ein Klopfen. Langsam drehte er sich zur runden Tür um. Das zweite Klopfen war lauter und bestimmter. „Tief durchatmen", dachte Sam sich und lief zur runden Tür. Seine zittrige Hand wanderte zum Türknauf, während seine Augen noch immer auf das gestrichene Holz der Tür gerichtet waren. Dann drehte er den Knauf um. Bevor er darüber nachdenken konnte, wurde er in das Zimmer geschubst. Der Stoß hatte ihn sein Gleichgewicht verlieren lassen. Einen Augenblick später fiel er auf sein Hinterteil. Eine Gestalt hechtete in das Haus, knallte die Tür zu und lehnte sich an die Wand. Einen kurzen Moment blieb sie regungslos an Ort und Stelle, während sie hörbar ausatmete. Dann gab sie sich einen Ruck und half Sam auf die Beine. Dieser starrte irritiert zu seinen Gast.

„Tut mir Leid für diese grobe Begrüßung, aber ich wurde verfolgt und wollte nicht verantworten, dass der Verfolger einen Eintritt in dein Haus hat", flüsterte Frodo und drehte sich unruhig zum Fenster um.
Sam nickte ohne zu verstehen, wofür er da gerade einwilligte. „Dort draußen geht irgendetwas vor sich", hauchte Frodo. Sam rieb sich die Stirn und sagte leise: „Ein Glück, dass dir nichts passiert ist" Ein flüchtiges Lächeln war auf Frodos Lippen zu erkennen, als er mit gedämpfter Stimme sagte: „Ich dachte, dass jemand in Not ist. Da kam ein Schatten und verfolgte mich. Wäre dein Haus nicht das nächste gewesen, hätte ich dich da gar nicht mit reingezogen"

Sam musterte Frodo, als suchte er eine Verletzung oder dergleichen. Dann sagte er leise: „Herr Frodo, ich befürchte, dass mehr Wahrheit an meinen Bedenken dran ist, als mir lieb ist"
Bevor Frodo antworten konnte, drang erneut ein Klopfen von der Tür. Es klang aufgebracht, aber bedacht. Nicht eines, dass Böses in Sinn hatte.

„Sam", rief im nächsten Moment eine laute Stimme. Wäre die Tür nicht zwischen dem Ruf und ihnen gewesen, hätten sie sich womöglich die Ohren zugehalten. „Sam, ich brauche deine Hilfe", rief die Stimme aufgebracht. Sam und Frodo warfen sich einen kurzen Blick. Nur konnten sie bloß den hilflosen Blick des anderen erwidern. Plötzlich war ein Schluchzen zu hören. Es klang nicht wie das klägliche Weinen, welches zuvor die Unruhe herbei gerufen hatte. Es klang ängstlich und flehend. „Mein Junge", hörte Sam die Stimme schreien. „Er ist weg"

Ein weiteres Abenteuer (Frodo und Sam Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt