13. Kalter Tee

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Als erstes hörte Sam leise Stimmen, dicht gefolgt von einen Karren, der anscheinend den holprigen Weg hinunter fuhr. Das Klappern wurde zunehmend leiser. Verwirrt schlug Sam die Augen auf. Er hatte das dunkle Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Um diesen Verdacht zu überprüfen, ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Jedoch war alles wie an einen gewöhnlichen Morgen aufzufinden.

Da traf sein Blick auf einmal auf eine Tasse, die auf dem Nachtisch stand. Sie passte nicht in das Bild, welches er vom gestrigen Abend in Erinnerung hatte. So griff Sam verwundert nach ihr und musterte das Gefäß, das nur noch bis zur Hälfte mit kalten Tee gefüllt war. Es schien so als würde der Tee in Eile getrunken worden sein, da der Tisch ebenso Tropfen abbekommen hatte, wie der Rand der Tasse selbst. Auch fiel ihm der Mantel auf, der achtlos auf den Boden geworfen war.

Plötzlich stiegen eine Erinnerung nach der anderen in seinen Kopf. Beinahe hätte er die Tasse fallen gelassen. Die Müdigkeit war verflogen, stattdessen brachte eine plötzliche Aufregung ihn zum Aufstehen. Seine eine Hand griff den Mantel, während die andere bereits zum Türknauf wanderte.
Draußen schien die Sonne. Vom Unwetter war keine Spur mehr zu sehen. Nur noch die abgebrochenen Äste und restlichen Pfützen verrieten den Sturm.

Sam lief zielstrebig nach rechts, um auf den schnellsten Wege zu Frodo zu gelangen. Damit er nachprüfen konnte, ob Gandalf die Wahrheit gesprochen hatte. Bloß viel ihm im nächsten Moment sein Versprechen gegenüber den kranken Hobbit wieder ein. So trugen seine Beine in die gegenüberliegende Richtung. Sein Herz sagte ihm, dass die Zeit genügte, um zuvor noch Herrn Frodo zu besuchen. Zumal Sams Sorge um seinen Freund auch mit den Worten Gandalfs nicht weniger geworden waren. Jedoch hatte er in der gesamten Zeit, in der auf dieser Welt verweilte, noch nie ein Versprechen gebrochen. Und gleichermaßen würde er unter diesen Umständen handeln.

Ein mulmiges Gefühl stieg in ihn auf, als er eine Gestalt an dem kleinen runden Fenster vernahm, die auf die ebenso runde Haustür starrte. Die Hobbitfrau öffnete ruckartig die Tür. Die Schatten unter ihren Augen verrieten ihr nächtliches Wachsein. „Ich weiß nicht, was ich noch tun soll“, rief sie ohne jegliche Begrüßung und zeigte auffordernd in das Haus. Unruhig folgte Sam dem Hobbit, während er versuchte seine Gedanken zu sortieren. Der Patient lag in einem Bett in einer Decke eingewickelt. Sein Gesicht war so weiß, wie das Laken.

„Er hat die gesamte Nacht gesprochen“, erklärte sie und fuhr sich durch die Locken. „Er fragte andauernd, wo er war“
„Er?“, brach Sam heraus. Die Verunsicherung war selbst bei diesen einen Wort herauszuhören.
Bevor die Antwort in das Zimmer gerufen wurde, sagte Sam leise: „Dein Sohn hat etwas Schreckliches erlebt. Keine Medizin meines Koffers würde dazu beitragen, dass die nächste Zeit weniger qualvoller wird. Du kannst ihm nicht helfen, doch er braucht jemanden, der ihm zuhört. Ich könnte all mein Wisse zusammen werfen, ohne eine Lösung zu finden oder den richtigen Rat zu geben. Wir können nur hoffen, dass es der Kleine schafft“

Obwohl Sam diese Worte heraus sprudelten und von Anfang bis Ende seine ruhige Stimme beibehielt, fürchtete er sich vor dem Ausgesprochenen. Sollte es tatsächlich ein Ring gewesen sein, würde dies heißen, dass er nun noch immer im Auenland war. Letzte Nacht musste etwas geschehen sein, das alles zum Neuen verändert hatte. „Frodo“, stieß Sam erstarrt hervor. Ohne eine Erklärung von sich zugeben, stürmte er aus dem Haus. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse.

Die Kopfschmerzen, die sich in Sams Kopf ausbreiteten, vernebelten seinen Geist. Nach den letzten ereignisreichen halben Jahr, war es schwer sich an weitere Aufregungen zu gewöhnen. Die beiden Hobbits hatten eine Menge erlebt und geleistet, doch Sam war nicht erpicht darauf in ein nächstes Abenteuer zu geraten. Nur hatte sich der Verdacht bestätigt, dass genau dies passiert war.

Ein weiteres Abenteuer (Frodo und Sam Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt