Kapitel 3- Zentauren und Carbonara mit Ketchup bitte! (2023 Version)

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„Milch oder Zucker?" Eddie schreckt ein wenig überrascht hoch und lässt beinahe seinen Teelöffel fallen. Reese' letzte Worte hallen in seinem Kopf noch immer so sehr nach, dass er Chirons Frage beinahe überhört. „Lieber Milch...danke der Nachfrage". Vorsichtig greift Eddie nach der kleinen Kanne die Chiron ihm anreicht und schenkt sich ein wenig Milch in seine Tasse ein. Eine legere, beinahe schon alltägliche Geste. Irgendwie amüsant wenn man darüber nachdenkt, dass Eddie dank Chiron vorhin fast vom Steg gefallen ist. Zugegebenermaßen hat Eddie sich das eher auf seine eigene Kappe zu schreiben. So selbst weiß er nicht, was genau er erwartet hat als er den Steg gen Ende entlang geschritten ist. Jedenfalls war es wohl keine fast 2 Meter großer Zentaur im Cardigan, gemessen an Eddies Reaktion. Vor Überraschung hat er ein herumliegendes Tau übersehen und sich fast ins Seewasser verabschiedet. Ohne Frage unfassbar peinlich, aber ein guter Ansatzpunkt für Smalltalk.

„Du stehst noch ein wenig neben dir, nicht wahr Eddie? Sei unbesorgt, vielen gehts es an ihrem ersten Tag und auch darüber hinaus so. Ich hoffe Rebecca konnte das Chaos in deinem Kopf ein wenig entwirren?". Chiron nimmt einen Schluck seines Tees. Ingwer. Eddie kennt den Geruch, es ist Pennys Lieblingstee. Vorsichtig rührt er die Milch in seinem Tee um  (ja das schmeckt) und nickt. „Ein wenig, ja. Ich versuche noch immer alle Puzzleteile in meinem Kopf zusammenzusetzen und mir ein ganzes Bild von alldem hier zu machen. Nur dass meine Puzzleteile nicht kleine Holzformen, sondern Götter, Monster und Mythen sind und naja, irgendwie soll ich da auch noch reinpassen". Eddie legt etwas verlegen den Kopf schief. Ein bisschen kommt er sich vor, als würde er beim Therapeuten sitzen. Aber hey, wenn seine Therapiestunde daraus besteht mit einem Zentauren Tee am Rande eines Sees zu trinken, dann ist das nunmal so. Chiron lauscht Eddies Worten aufmerksam und streicht sich bedächtig durch seinen langen, geflochtenen Bart. „Weißt du Eddie. Mein Vater, so sehr er mir widerstrebt, hat mich etwas Weises gelehrt. Er sagte immer, dass es keine zusätzlichen Teile im Universum gibt. Jeder ist hier, weil er oder sie einen Platz zum Füllen hat. Das gilt für jeden von uns, auch für dich. Du bist aus einem Grund hier und auch du hast deinen Platz, wenngleich es vielleicht noch nicht so scheinen mag. Heute war kein schöner Tag für dich. Du bist den Menschen, die dir am nächsten stehen entrissen worden und musst dich plötzlich an einer ganz neuen, ungewohnten und vielleicht auch beängstigenden Realität stellen. Nicht jeder Tag ist gut Eddie, aber in jedem Tag steckt etwas Gutes, auch wenn es für dich noch nicht so aussieht". Seine Tasse stellt er nun auf dem Geländer ab, bevor er sich einmal über den Cardigan streicht und lächelt. „Doch genug meiner esoterischen Altherrren-weisheiten. Du hast sicherlich noch mehr Fragen, die dich beschäftigen und die du mir gern stellen kannst. Nicht jede davon werde ich dir beantworten können, doch nach so vielen Jahrhunderten in, über und unter dieser Welt weiß ich durchaus genug, um das ein oder andere Kreuzworträtsel zu lösen". Eddie schmunzelt amüsiert. Die lockere Stimmung tut ihm gerade gut.

Eine Weile überlegt er, welcher der schier endlosen Fragen in seinem Kopf er Chiron zuerst stellen soll. Jede interessiert ihn brennend, jede stellt ihn vor noch mehr Fragen. Statt noch den Rest des Abends mit sich zu debattieren beginnt er mit einem einfachen: „Warum?" Er wendet sich nun Chiron zu und trinkt einen Schluck bevor er fortfährt. „Warum jetzt? Warum heute? Warum nicht viel früher? Warum 15 Jahre Stille und trügerischer Schein? Warum kein einziges Wort von...naja...wer auch immer mein Vater oder meine Mutter wirklich ist?" Chiron blickt für eine Weile gen See, dann schließlich wieder zu Eddie. „Auch nach so vielen Jahren fällt es mir noch immer schwer jungen Halbgöttern wie dir Antworten auf diese Fragen zu geben, die nicht unzufriedenstellend oder unfassbar vage sind. Aber ich werde mein Bestes geben. Warum jetzt? Nunja. Normalerweise beginnen Monster auf dich aufmerksam zu werden, sobald du beginnst deine Kräfte zu entfalten. Dies geschieht zumeist zwischen dem 8ten und 12ten Lebensjahr. Es ist dabei ganz gleich ob dies auf sehr offensichtliche oder unfassbar subtile Art und Weise geschieht. In anderen, deutlich selteneren Fällen reicht bereits das reine Blut aus um Monster anzulocken. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig, aber ungenau. Dennoch vermuten wir, das genau dies auf dich zutrifft. Was uns zu der Frage bringt: Warum nicht viel früher? Diese Frage stellt mich selbst noch vor ein Rätsel. Fall es wirklich dein Blut ist, dass deinen Standort verraten und den Mantikor angelockt haben sollte hätte man dich schon viel früher entdecken müssen. Reese, dessen Bekanntschaft du bereit gemacht hast vermutet daher, dass es zumindest bis vor kurzem eine Art Schutzbann gegeben haben muss, der deine Spuren verwischt hat. Von wem dieser Schutzbann ausging wissen wir nicht...zumindest noch nicht". Eddie wird besonders hierbei hellhörig. „Ein Schutzbann? Wenn das der Fall sein sollte und die Person meinen Aufenthaltsort kannte...muss es sich dann nicht um jemanden aus meinem Umfeld handeln?" Eddies gerade entfachte Hoffnung findet mit einem Kopfschütteln Chirons ein jähes Ende. „Es ist zwar nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich. Ein Schutzbann diesen Ausmaßes bedarf nicht nur jahrhundertelanger Erfahrung und täglicher Erneuerung sondern ist hier in der Oberwelt nicht ohne weiteres möglich. Ich bezweifele daher, dass du die Person dahinter tatsächlich schonmal getroffen hast...was jedoch nicht ausschließt, dass jemand aus deinem Umfeld dieser Person Informationen zuleitet, um deinen Schutz zu gewährleisten". Eddie lässt diese Information erst einmal sacken. Allein die Möglichkeit, dass vielleicht Kate, Penny oder ein anderes Mitglied der Familie ihm all das für 15, fast 16 Jahre verschwiegen hat frustriert ihn beinahe schon. Dass er ein Pflegekind ist weiß er natürlich von klein an. Aber ihm die Dinge, ja die Wahrheit vorzuenthalten, die sein ganzes Leben komplett verändern? Das schmerzt ihn irgendwie.

Prince of Arcadia - A Percy Jackson StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt