Eddie tut die nächsten beiden Nächte kein Auge zu. „Die Tür ist geöffnet". Stundenlang hat er sich den Kopf über diese kurzen und doch auch unweigerlich wichtigen Satz zerbrochen, natürlich ohne jemand anderem davon mitzuteilen. Der Satz ist vage, kryptisch und doch auch klar genug um Eddie eines verstehen zu lassen. Ganz gleich wer oder was im Traum zu ihm gesprochen hat: Eddie hat ihm eine Pforte in sein Inneres geöffnet, die er nun nicht mehr schließen kann. Welche Konsequenzen das haben wird, muss sich wohl noch zeigen. Eddie hat seinen zweiten Tag hauptsächlich mit der Erkundung des Camps verbracht. Abgelenkt hat ihn das jedoch nur kaum. Er hofft nun, dass „Eroberung der Flagge" ihn nun zumindest für eine Weile auf andere Gedanken bringen kann.. Fit fühlt er sich an seinem dritten Tag im Camp angesichts seines Schlafmangels definitiv nicht, doch jetzt den Schwanz einzuziehen erscheint ihm im Anbetracht von Reese Gastfreundlichkeit unfair. Langsam quält er sich aus dem Bett - ohne Wecker und Rolladensymphonie - bevor er sich anzieht und zum Frühstück begibt. Rebecca macht er sicherlich alle Ehre, als er instinktiv auf die Schale zusteuert und einen seiner heißgeliebten Pancakes ins die Flamme wirft. Aus seiner Sicht ein schweres Opfer, das Anerkennung von den Göttern, ja, besonders von seinem göttlichen Elternteil verdient. Noch ist Eddie nicht anerkannt worden - laut Reese nicht ungewöhnlich. Meist dauert es einige Tage, warum genau weiß keiner so richtig. Eddie kann also nur spekulieren. Ist man als Gottheit womöglich viel beschäftigt? Wenn ja, was macht man denn eigentlich genau? Wird das ganze arbeitsteilig geregelt? Gibt es da überhaupt Urlaubstage? Oder ist es vielleicht in ernsterer Grund? Weiß sein göttlicher Elternteil vielleicht nicht von Eddie? Oder schlimmer: Will er oder sie vielleicht gar nicht von Eddie wissen? Ganz gleich was wohl am ehesten zutrifft. Ihm bleibt wohl nichts anderes übrig, auf eine Antwort von seinem Elternteil zu warten, wie ein Kind im Smalland.Nach etwas Smalltalk und fünf köstlichen Pancakes versammeln sich Eddie mit den anderen jungen Halbgötter auf einer offenen Wiese. Erst jetzt, wo alle hier zusammenstehen wird er sich der schieren Anzahl an Jugendlichen bewusst, die sich im Camp tummelt. Wie er erfährt findet das Spiel erst am heutigen Abend statt. Dennoch wird bereits tüchtig geplant. Allem voran: die Einteilung der Mannschaften. Dies gestaltet sich deutlich schneller als erwartet. Die verschiedenen Hütten des Camps werden in zwei Mannschaften aufgeteilt. Eine Hütte stellt hierbei den, beziehungsweise die Anführer. Diese Rolle nehmen laut Reese für gewöhnlich die Ares und Athene Hütte - der Rebecca angehört - wahr. Nach Laurels „großartig genialen Götter-Crashkurs (den Namen will sie sich patentieren lassen) ergibt dies für Eddie auch deutlich mehr Sinn. Trotz des eher fragwürdigen Namens war ihre kleine Geschichtsstunde doch recht aufschlussreich. Athene, die Göttin der Weisheit und Strategie und Ares, der Gott des Krieges und das Massakers. Führungspersönlichkeiten wie aus dem Bilderbuch. Auf jeden Fall eine Kombination, die Spannung versprechen lässt - und Chaos. Wie sich die restlichen Hütten verteilen hängt meist von Sympathie und Fähigkeiten ab. Anders als die anderen Neulinge zählt Eddie nicht als Teil der Hermes, sondern der Demeter-Hütte. Ein Umstand, über den er sich aufgrund seiner dort bereits geschlossenen Freundschaften kein bisschen beschwert. Nach Reese und Laurels Gespräch am Tisch vorgestern ist es wenig überraschend, dass die Demeter Hütte sich der Führung der Ares-Hütte anschließt. Ganz sicherlich auch deshalb, weil Reese und einige seiner Freunde seiner Schwester eins Auswischen möchten. Die Regeln sind, zu Eddies Überraschung recht unkompliziert und deutlich:
1. Der Bach ist die Grenze.
2. Der gesamte Wald ist zugelassen.
3. Alle magischen Gegenstände und Waffen sind grundsätzlich erlaubt.
4. Die Flagge muss offen gezeigt werden.
5. Die Flagge darf nicht von mehr als zwei Personen bewacht werden.
6. Gefangene dürfen entwaffnet, aber nicht gefesselt oder geknebelt werden.
Und zuguterletzt:
7. Töten und Verstümmeln ist verboten.Besonders das lässt ihn ein wenig aufatmen. Ein Stück seines Körpers fehlt ihm ja bereits. Wenn möglich möchte er es auch dabei belassen. Nachdem die Aufteilung der Teams geklärt und einige motivierende Parolen gegrölt sind geht es für die Meisten - inklusive an die Vorbereitung, Training und die Auslese von Waffen. Letzteres gestaltet sich als eher schwierig. Laurel geht mit ihm eine Reihe eine regelrechte Armada von Waffen durch. Von der Hälfte hört er heute zum allerersten Mal, alle hat er noch nie in der Hand gehalten. „Hmpf. Ich weiß nicht so recht, ob du der Typ für diese hier bist Eddie. Das spricht mich noch nicht ganz an. Versuch es mal mit der da drüben". Fast könnte man bei ihren Bemerkungen meinen, Laurel spräche gerade über eine Handtasche und nicht etwa die riesige Armbrust die Eddie gerade in den Händen hält. Die Keule ist zu brachial, der Bogen zu unhandlich und für Wurfsterne fehlt ihm jegliches Talent. Eine halbe Ewigkeit dauert es, Eddie eine Waffe entdeckt, die selbst Laurels kritischem Auge genüge tut: Ein Bajonett. Leichter als ein Langschwert, länger als ein Messer. Handlich, eine Nahkampfwaffe aber groß genug um jemanden auf Abstand zu halten. Und angesichts Eddies Begabung für das Fechten eine doch eher naheliegende Wahl. Dass er da nicht früher drauf gekommen ist. Ein paar Hiebe, Wendungen und Ausfallschritte später ist Eddie sich sicher: Wenn er „Eroberung der Flagge" bestreiten, oder vielmehr überstehen möchte, dann wohl so.
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Prince of Arcadia - A Percy Jackson Story
FantasyEddie ist eigentlich nur ein ganz normaler 15-Jähriger. Lesen, Pancakes, und das gewöhnliche Drama, dass das Leben bei seiner steinreichen Pflegefamilie, den Roockerts mit sich bringt. Als jedoch plötzlich mythische Monster auftauchen, die ihn Tod s...