Knock! Knock!

Lay Your Head Down

Tuscheln, rascheln, oh wie ich diesen ständig steigenden und sich auf der andern Seite wieder senkenden Lärm Spiegel vermisst hatte. Nicht. Was laute Geräusche oder generell irgendwelche unangenehm auffallenden Töne oder Stimmen anging, war ich über empfindlich. Mann könnte schon fast sagen ich hätte eine besondere Fähigkeit. Doch logischer weise wollte ich diese "Besonderheit" nicht trainieren oder vertiefen, weswegen die Schule, also ein Ort an dem man einen ständigen Grundton Vernehmen konnte, kein ansprechender Ort für mich und mein Gehör war.
So what? Da kann man nichts machen. Es fühlte sich gleichzeitig so bekannt und doch so fern an. Alte Bekannte und Neulinge. Die Schule war eine Zusammenführung von den verschiedensten Religionen, Kulturen und Akzenten. Alles traf aufeinander. Das machte die "beste Zeit, die ihr je haben werdet" so wie es alle Eltern nannten, interessant. Um ehrlich zu sein hatte ich noch nie ein Problem damit gehabt, jeden Tag gefühlte 15 Stunden hinter einem Tisch auf einem ungemein unbequemen Stuhl platz zu nehmen und Sachen zu lernen, die man eh nie wieder brauchte. Nein, wirklich ich war ein wissbegieriger Mensch und interessiert mich besonders für Geschichte und Musik.
Ja, ich weiß "Streber Alarm". Gute Noten hatte ich auch also könnte man meinen ich sei ein typisches Beispiel für die Verächteten Alleswisser, die in jedem Fach auf einer eins standen, in den Pausen alleine in der Ecke hockten und sich über den Widerstand oder andere unlustige Themen amüsierten. Doch da muss ich euch enttäuschen, so war ich nicht.
Ein schrilles klingeln ließ mich aufhorchen. Der erste Tag, die erste Stunde nach sechs wunderschönen freien Wochen. Ein metallenes knallen ertönte neben mir und ließ mich zusammenzucken. "Hallo, Holiday Girl." Marc lächelte mir verschmitzt entgegen und begrüßte mich mit einer Umarmung. Er mochte wohl der größte Chaot und der "Draufgänger" schlechthin sein, doch tief in ihm drinnen war er der liebste Freund den man sich wünschen konnte.
"Hey, "drama boy" (so nannten wir ihn seit der 7 Klassen, als er in einem Theaterstück seinen Text vergessen hatte)" Er rollte mit den Augen, weil Mary, die gerade neben mir auftaucht und mich stürmisch umarmte, und ich ihn jedes Jahr mit diesem Namen neckten und aufzogen. "Mel, drama boy" Mary tippte sich an die Stirn als würde sie einen Hut vor uns ziehen. Sie war wirklich wunderschön und ich sage das nicht weil sie meine beste Freundin ist, sondern weil es war ist. Wir drei zusammen kannten uns schon seit dem Kindergarten und hatten seit dem so ziemlich jede Minute zusammen verbracht.
9:00 am.
Mathe. Ja Mathe in der ersten Stunde nach den viel zu kurzen Ferien. Mathe war nach einer Statistik das vor allem von Mädchen, meist gehasste Fach. Auch ich gehörte zu dieser Prozentzahl, auch wenn ich mich nicht als Zahl abstempeln würde. Mit zahlen zu jonglieren war nun wirklich nicht meine Stärke. Ich konnte mich immer noch gerade so auf die Insel mit der großen 2 retten. Generell lagen mir Naturwissenschaftliche Fächer nicht. Sowohl Physik also auch Chemie waren der Horror. Die ständig angepriesenen Experimente, die diese Fächer zu einem Erlebnis machen sollten, waren bei unserem Lehrer fehl am Platz.
Mein Kopf drohte zu explodieren Sinus, Kosinus und Tangens. Wozu mussten wir diesen Schwachsinn jedes Jahr aufs neue Wiederholen. Wenn in 10 Jahren eine Person auf der Straße zu mir kommt und mich fragt was für eine Parabel Gleichung der vor uns stehende Torbogen wohl haben würde, will ich nichts gesagt haben.
Pffiiiiiiieps. Ein unangenehmes Geräusch ließ meine Ohren klingeln. Es meldete sich eine sehr betroffen klingende Stimme unseres Rektors Mr. Bronwyn: "Schüler, Schülerinnen und Lehrer und Lehrerinnen ich wünschen Ihnen Erfolg und ein Haufen guter Noten für dieses Jahr .... " er machte eine Pause und atmete einmal tief ein und aus, dann fuhr er fort "leider muss dieses Jahr mit einer traurigen Nachricht beginnen. Ein Schüler unserer Schule wird seit der dritten Woche in den Ferien vermisst. Es handelt sich um Noel Driller. Er wurde zuletzt in der Nacht des 30. Junis gesehen und wird seit dem gesucht. Sollten sie irgendetwas wissen oder gesehen haben, melden und wenden Sie sich bitte sofort an die Polizei oder an meine Wenigkeit. Es sind noch keine genaueren Details bekannt, nur das er sich an diesem Abend alleine zu Hause befunden haben soll. Für einige mag das nun ein Schock sein, wendet euch bei Problemen an Mrs. Steinfield (Schulpsychologin). Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."
Stille. Kein Ton. Niemand vermochte zu atmen oder einen Laut von sich zu geben. Ich hatte feuchte Augen.
Ich und Noel hatten uns ein Jahr das Mikroskop in Chemie geteilt. Wir hatten keinen weiteren Kontakt, doch es war schwer daran zu denke, dass er weg vielleicht ... Nein daran mochte ich nicht denken, noch nicht. Vielleicht ist er bei einem Freund in Schottland und lässt es sich gut gehen. Nein, dass passte nicht zu ihm. Was passiert war wusste niemand. Wie sich seine Eltern fühlen mussten, ich wollte es mir gar nicht vorstellen.
Als wäre es das normalste der Welt und als würde täglich ein Schüler verschwinden, fuhr der Lehrer nach einigen Minuten ohne ein Wort zu dieser Situation zu sagen mit dem Unterricht fort. Doch mich ließ es nicht unberührt und ich begann zu grübeln und versank in meinen Theorien und Gedanken.