1. Kapitel: Inseln

547 24 13
                                    

Lydia

Mein Drache Lyra und ich sind inzwischen schon Tage unterwegs. Seit wir das Liliengebirge überquert haben und auf uns allein gestellt sind ist schon so viel Zeit vergangen. Auf dem Weg gab es viele Inseln, doch kaum eine davon war bewohnt. Das letzte Mal waren wir beim Stamm der Beschützer des Flügels unter Menschen. Die Leute dort haben ihren Frieden mit den Drachen gemacht, was bedeutet, dass es dort nichts zu tun gab. Inzwischen sind wir an den Rand meiner Karte gekommen. Selbst die Drachenjäger waren noch nie weiter draußen. Auf der Karte ist aber noch ein Dorf eingezeichnet, es heißt Berk. Aus der Ferne kann ich die Insel bereits sehen. Es ist inzwischen spät geworden, in der Dunkelheit kann ich kaum etwas erkennen. Trotzdem fallen mir die großen Katapulte ins Auge. Ich sehe das nicht zum ersten Mal. Diese Leute kämpfen gegen die Drachen! Früher wäre ich wohl einfach dort hin geflogen. Doch die Zeit macht angeblich weise und ich weiß inzwischen, das es besser ist erstmal abzuwarten. Für diese Nacht landet Lyra in einem Wald im nördlichen Teil der Insel. Vor den Drachen habe ich keine Angst. Sie sind meistens netter als die Menschen.

Hicks

Es ist Mal wieder so weit, bald findet das nächste Drachentraining statt. Mein Vater will, dass ich hingehe und vielleicht auch einmal glänze. Widerstand zwecklos. Auch die Anderen sind wieder dabei, selbst Astrid, die eigentlich nicht kommen müsste. Doch für viele ist es einfach nur eine Abwechslung vom Alltag. Ich habe allerdings die Vermutung, dass Astrid nur mitmacht, weil der Riesenhafte Albtraum, den sie töten sollte, unter "mysteriösen Umständen" verschwand. Naja mir soll's recht sein. "Träumst du schon wieder?" Ruft mich Grobian zur Vernunft. Ich schaue ihn einfach nur an. Er seufzt und dreht sich zu mir um: "Ich habe gefragt, ob du die Axt schon fertig hast." Ich schaue auf die Axt, die ich gerade schleife. Scharf genug ist sie auf jeden Fall! Ich gehe in den vorderen Teil des Ladens um sie ihrem Besitzer zu geben. Zu meinem Erstaunen ist es Astrid. "Ich wusste gar nicht, dass du noch hier arbeitest." Sagt sie und schaut mich an. Normalerweise ignoriert sie mich, oder sie kommandiert mich herum. Aber dieses Mal klingt sie freundlich. Denk nach was du sagst Hicks! Ich reiche ihr die Axt über den Ladentisch: "Seit ich vom Dach gefallen bin lässt mein Vater mich nirgendwo anders mehr Arbeiten." Meine ich gleichgültig. Mir macht es nichts aus, in der Schmiede zu arbeiten. Zwischen den ganzen scharfen Gegenständen wohl gemerkt. Astrid schaut mich verwirrt an. Ganz toll Hicks, sag ruhig noch dümmere Dinge! Jetzt hält sie dich sicher für total verrückt, obwohl das tun doch sowieso alle. Jedoch nimmt sie einfach nur die Axt und dreht sich zum gehen. "Dachdecken ist auch nicht die beste Arbeit." Ruft sie mir noch über die Schulter zu. Dann ist sie verschwunden. Nachdem sie weg ist spüre ich wieder dieses ziehen im Bauch. Es wird wieder Zeit! Heute ist es schon zu spät dafür. Aber morgen werde ich wieder zu der Absturzstelle gehen. Vielleicht treffe ich ihn ja. Ich weis nicht wieso, aber irgendwie gibt er mir kraft. Auf Grobians Bitte hin stelle ich mich wieder an den Schleifstein. Mein Vater ist nicht da und so kann ich am Abend ungestört an meinen Zeichnungen weiterarbeiten. Im Moment arbeite ich an einer Zeichnung für einen Schild.

Astrid

Übermorgen geht es endlich wieder zum Drachentraining, auch wenn ich es eigentlich schon beendet habe freue ich mich darauf. Dieses Jahr komme ich endlich zu meinem Recht, denn selbst von den jüngeren, eigentlich nur Gustav, ist niemand eine Konkurrenz für mich. "Hast du Lust heute Abend mit mir zu trainieren?" Rotzbacke lehnt sich vertraulich vor. Seit Jahren geht er mir mit seinen Anmachen auf den Geist. Doch heute habe ich tatsächlich eine passable Ausrede. "Ich habe Wachdienst." Meine ich nur und zucke mit den Schultern. Danach mache ich mich aus dem Staub. Doch das ist auch keine gute Idee. Denn an der Arena gibt es niemanden, der mich vor meinen Gedanken beschützt. Ich denke an Hicks und wie er sich über die Jahre verändert hat. Er ist gewachsen und inzwischen ein ganzes Stück größer als ich. Früher ist er mir oft hinterher gerannt, doch inzwischen verbringt er die meiste Zeit in der Schmiede. Einmal habe ich ihn in der großen Halle zeichnen sehen. Eine Art Schild oder so. Sobald er mich bemerkte hat er das ganze weggepackt. Auch mit seinen Nachtschatten Geschichten hat er aufgehört. Vermutlich weil es seit Jahren keinen Angriff von einem Nachtschatten mehr gab. Vielleicht hat er ihn in dieser Nacht ja doch erwischt... Wieso denke ich eigentlich darüber nach? Es kann mir doch egal sein! Männer braucht eigentlich kein Mensch! Mit diesem Gedanken gehe ich zurück zur großen Halle, wo mein Wachdienst beginnt.

Lydia

Am nächsten Morgen werde ich von Lyra geweckt, die mir über das Gesicht leckt. Erst will ich sauer sein, doch dann höre ich Schritte. Da kommt jemand! In Windeseile packe ich mein weniges Zeug zusammen und verstecke mich im Gebüsch. Ein junger Mann kommt den Weg entlang, er hat kurze braune Haare und ist etwas größer als ich. Seine grünen Augen glitzern traurig, das kann ich selbst von meinem Versteck aus erkennen. Das Nächste, was mir auffällt ist, dass er keine Waffen bei sich hat. Er trägt nur einen alten Holzschild und ein Notizbuch bei sich. Das macht mich schließlich stutzig. Ich war schon an vielen Orten, wo die Menschen gegen die Drachen gekämpft haben. Aber noch nie habe ich dort jemanden gesehen, der unbewaffnet das sichere Dorf verlassen hat. Wobei "sicher" eigentlich ein relativer Begriff ist. Inzwischen ist der Mann an mir vorbei und ich beschließe, ihm zu folgen. Auf einer kleinen Lichtung bleibt er stehen. Er schaut kurz zu einem gespaltenen Baumstamm, der am Rande der Lichtung steht. Dann setzt er sich auf einen Stein, holt sein Notizbuch raus und wartet. Es dauert nur wenige Sekunden, dann höre ich wieder etwas im Gebüsch, dieses Mal ist es ein Drache. Mir stockt kurz der Atem, das ist nicht nur ein Drache! Das ist ein Nachtschatten! Allerdings ein sehr mageres Exemplar. Trotzdem ist es ein Nachtschatten, ich habe eigentlich nicht damit gerechnet jemals einen zu sehen, immerhin sind sie fast ausgestorben. Ich hoffe für ihn, dass Viggo ihn niemals findet. Ein Nachtschatten bringt auf dem Markt mehr, als man sich vorstellen kann, für den Anführer der Drachenjäger wäre das das Geschäft seines Lebens. Der Nachtschatten tritt inzwischen aus der Deckung, kurz zuckt der Mann zusammen. Aber er scheint keine Angst zu haben. Er schaut den Drachen einfach nur an. Für einige Sekunden schauen sich die beiden an, dann verschwindet der Drache wieder und der Mann macht sich auf den Rückweg. Ich folge ihm noch ein Stück, bis wir meinen Alten Lagerplatz erreicht haben. Dabei bin ich so euphorisch, dass ich nicht genau auf den Weg achte. Erst ein lautes knacken reist mich aus meinen Gedanken. Ich bin auf einen Stock getreten! Schnell mache ich einen Schritt zur Seite und drücke mich gegen einen Baumstamm. Hoffentlich hat er mich nicht gesehen.

So radikal wie der erste Teil wird wohl kein anderer Teil bearbeitet. Das bedeutet aber auch, dass ich relativ bald durch sein werde. Bis dann, jolannasa

Fünf Jahre Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt