15| Whatever

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She wore a thousand faces all to hide her own.                                                      ~Atticus

*Ruby P.o.V*                                                                                                            Gestern war ein schöner Tag.

Das ist mein erster Gedanke, als ich von meinem Wecker geweckt werde. Ich springe gut gelaunt aus meinem Bett, gehe ins Bad, Dusche und Schminke mich und schlüpfe dann in eine schwarze Jeans, einen  weißen Strickpullover und eine Jeansjacke. Dazu wickle ich mir noch einen rosafarbenen Schal um den Hals und setze eine Fensterglasbrille auf und schlüpfe in weiße Air Max.

Zufrieden betrachte ich mich im Spiegel. Ich bürste meine Haare, bis sie mir sanft über die Schultern fallen, dann setze ich meine schwarze Whatever Mütze auf und schnappe meinen grauen Stoffrucksack mit den silbernen Nieten und Schnallen.  Ich hüpfe die Treppe runter und mache Jenna und mir Spiegelei und Speck.  Gerade als ich den Herd ausstelle, kommt sie die Treppe runtergestöckelt. Ihre Haare sind, wie immer zu einem strengen Dutt nach hinten gebunden. Ihre Lippen mit einem roten Lippenstift nachgezogen und ihr Körper steckt in einem makellosen Anzug. 

"Guten Morgen.", grüße ich gut gelaunt und stelle den Teller vor sie. Ich habe das Spiegelei und den Speck so hingelegt, dass ein Gesicht entstanden ist. Sie mustert erst das Gesicht und dann mich leicht verstört. "Was? Darf man in diesem Haus keine gute Laune haben?", frage ich. Jenna mustert mich mit sehr viel Argwohn im Blick. "Doch, aber du hast nie gute Laune.", murmelt sie und schiebt sich eine Gabel Spiegelei in den Mund. Ich zucke als Antwort nur mit den Schultern. "Ich muss los. Viel Spaß auf der Arbeit.", sage ich und schnappe mir noch einen schönen roten Apfel aus der Obstschale. "Danke.", sagt sie langsam und voller Skepsis. Ich flüchte aus dem Haus und springe in meinen Wagen. 

Auf dem Schulhof steht noch fast kein Auto. Also suche ich mir einen guten Parkplatz, nah am Eingang und bleibe noch eine Weile in dem beheizten Wagen sitzen. Draußen ist es ziemlich kalt. Man merkt, dass der Winter näher kommt. Seufzend ziehe ich die Knie näher an meine Brust und kuschle mich tiefer in meinen Schal. 

Plötzlich klopft es an mein Fenster. Ich zucke stark zusammen und drehe mich so, dass ich den Übeltäter genau ansehen kann. Es ist Matt. Er hat einen Kaffeebecher in der Hand. Sofort springe ich aus dem Auto und schnappe mir die heiße Brühe, die mir schon oft das Leben gerettet hat - oder viel mehr meine Noten. "Ey! Ich hab langsam das Gefühl, das du nur mit mir befreundet bist, weil ich Kaffee habe.", schmollt er. Ich schaue ihn kurz an, dann senke ich meinen Blick und scharre schuldbewusst mit der Spitze meines Stuhls in dem feinen Kies. 

"Kann schon sein.", murmle ich und schaue ihn über den Rand meiner Brille hinweg an. Er reißt geschockt die Augen auf und schlägt mir gegen den Arm. "Ruby Conradt!", meckert er. Ich hebe den Kopf und schaue ihn entschuldigend an. Doch ich kann das amüsierte Funkeln in meinen Augen nicht länger zurückhalten. Auch mein schallendes Gelächter kann man nun über den Schulhof hallen hören. Wieder bekomme ich einen Schlag auf die Schulter und einen bösen Blick. Doch auch Matt grinst breit.

"Was ist denn hier los?", fragt Kyles dunkle Stimme plötzlich hinter uns. Ich schrecke leicht zusammen und drehe mich zu ihm um. Meine Miene ist traurig. "Matt hat rausgefunden, dass ich nur mit ihm befreundet bin, weil er Kaffee hat." Ich schiebe meine Unterlippe vor und schaue ihn traurig über meine Brille an. Sein Blick wird sanft und er streckt seine Hand aus, um mir über den Kopf zu streicheln. Matt prustet laut los, als Kyle mich auch noch in den Arm nimmt. Auch ich kann nicht mehr an mich halten und lache los. Kyle lässt mich los, doch ich bleibe so an ihn gekuschelt stehen. Er ist warm und mir ist kalt. Meine rechte Hand liegt auf seinem Bauch und meinen linken Arm habe ich um seine Taille geschlungen. 

Mia und Matt mustern uns wissend. Ich runzle nur die Stirn und beachte sie dann nicht weiter. Kyle legt mir vorsichtig einen Arm um die Schultern, sodass mir noch ein bisschen wärmer ist. "Ist dir kalt?", fragt Kyle nah an meinem Ohr. Ich nicke und verstecke meine Hände in meinem Pulli. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, zieht er sich seine Jacke aus und legt sie mir um die Schultern. Ich schaue ihn erschrocken an und will sie ihm wiedergeben, doch er schüttelt nur lächelnd den Kopf. "Aber dann frierst du doch!", will ich protestieren. Er schüttelt wieder den Kopf und legt seinen Arm wieder um meine Schultern. 

"Lasst uns reingehen.", schlägt Matt vor. Ich nicke erleichtert und hole meine Tasche aus meinem Auto. Kyle legt mir wieder einen Arm um die Schultern. Matt versucht mir immer mal wieder den Becher abzunehmen, doch ich ziehe ihn rechtzeitig weg. Irgendwann gibt er ein ergebenes Seufzen von sich und zeigt mir seinen schönsten Finger. Ich erwidere diese Geste mit einer Kusshand. Alle lachen, sogar Matt. 

"Was haben wir jetzt?", frage ich. Kyle zuckt die Schultern und auch Matt und Mia schauen ratlos drein. Seufzend hole ich mein Handy raus und schaue auf den Stundenplan, den ich mir mal abfotografiert habe. "Na toll.", murmle ich und zeige Kyle das Foto. Als er sieht, das ich jetzt eine Doppelstunde Psycho habe, drückt er mich noch ein bisschen enger an sich. "Ich komme mit. Keine Wiederrede." Wieder mal klingt seine Stimme eher, wie ein Knurren. Ich weiß das es nichts bringen wird, ihm zu widersprechen, trotzdem starte ich einen Versuch: "Aber du hast jetzt auch Unterricht." Er zuckt mit den Schultern. "Und wenn schon. Die zwei Fehlstunden mehr oder weniger."

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Zehn Minuten später sitzen wir im Unterricht und hält Kyle meine Hand unterm Tisch ganz fest. Als Max reinkommt, verstärkt er den Druck noch ein wenig. Der Blick des Lehrers schweift über die Schüler und bleibt an mir hängen. Seine Augen fangen an zu glitzern. Doch als er Kyle neben mir erblickt verfinstert sich seine Miene. "Wie ich sehe haben wir einen neuen Schüler." Kyle nickt nur. "Willst du dich nicht vorstellen?", fragt Max weiter. "Brauch ich nicht. Alle kennen mich."Ein kleines Grinsen huscht über mein Gesicht und ich drücke seine Hand ein wenig. "Na, wenn du meinst.", murmelt Max und wendet sich seinen Notizen zu. 

Die Stunde verläuft ohne weitere Zwischenfälle. 

When the mask falls...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt