Kapitel 5

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Der Alarm geht los. Ich habe das dringende Bedürfnis den verdammten Wecker an die nächste Wand zu knallen, kann mich aber gerade noch zurückhalten. Ich habe genau vier Stunden geschlafen. Leider habe ich vergessen die Vorhänge zuzuziehen. Jetzt scheint mir die Sonne schmerzhaft ins Gesicht. Ich hasse diesen Tag jetzt schon.

Mit großer Überwindung mache ich mich auf den Weg zur Dusche, wo mich das wie immer eiskalte Wasser aufweckt. Komischerweise wandern meine Gedanken zu dem Typen, den ich auf dem Gang im Shelter getroffen habe. Wer ist er nur? Ich bin eigentlich nicht so neugierig, aber in diesem Fall schon.

Nachdem ich meine Haare geföhnt habe und sie zu einem Ponytail gebunden habe, schminke ich mich und suche ich mir in meinem Kleiderschrank, das heutige Outfit heraus. Ich entscheide mich für ein pinkes Croptop mit schwarzen Hotpants. Ich setze mir noch eine große schwarze Sonnenbrille auf. Sonst überlebe ich den heutigen Tag nicht. Jetzt brauche ich unbedingt Kaffee.

Immer noch nicht richtig wach, nehme ich meine Tasche und gehe in die Küche, wo mir Malcolm wortlos eine Tasse hinstreckt. Wow, der hat wohl ebenfalls nicht wirklich gute Laune. Ich hoffe, es liegt nicht an mir. Er mag es nicht, wenn ich ins Shelter gehe. Gut, sehr wahrscheinlich liegt es doch an mir. Aber ich bin mittlerweile 17 Jahre alt. Und Malcolm ist nicht meine Mutter.

Ich setze mich auf unsere Terrasse, wo Malee schon sitzt. ,,Wo warst du gestern?", fragt sie und nimmt einen Löffel von ihrem Müsli. Ihre schwarzen Haare sind geglättet und ihre braunen Augen leuchten im Sonnenlicht. Wie findet sie Zeit um ihre Haare zu glätten? Malee ist auf jeden Fall ein Morgenmensch und darum beneide ich sie. Jeder aus meiner Familie ist immer gut gelaunt und diszipliniert, was man von mir nicht behaupten kann.

,,Im Shelter. Ist Malcolm sauer?"

,,Ich weiß nicht. Könnte schon sein", meint sie und zuckt ahnungslos die Schultern. Ich nicke und nippe an meinem heißen Kaffee. Die Sonne scheint mir ins Gesicht. Dann setzt sich Malcolm neben mich.

,,Malcolm, bist du sauer auf mich?", frage ich ihn direkt. Ich bin nicht jemand, der um den heißen Brei herumredet. Außerdem hasse ich Streit und möchte ihn darum auch ziemlich schnell beenden.

,,Ja bin ich, Ash", sagt er mit monotoner Stimme. Ich muss wohl wirklich etwas falsch gemacht haben. Er ist selten so sauer.

,,Was zum Teufel habe ich jetzt wieder getan?", frage ich ihn mit wütender Stimme. Klar, ich liebe Malcolm aber ich kann auf mich selber aufpassen. Wir alle können das. So wurden wir erzogen.

,,Verdammt, Ash. Du bist einfach immer weg. Keinen einzigen Abend kannst du zuhause bleiben. Ich habe vielleicht auch nicht immer Lust Babysitter für Malee zu spielen", sagt er laut und gestikuliert wild mit den Händen. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und die braunen Augen leuchten wütend.

,,Malcolm, Malee ist 14 Jahre alt. Fast 15. Sie kann ganz sicher auf sich selber aufpassen", versuche ich zu erklären.

,,Außerdem war ich die ganzen Sommerferien über hier", füge ich hinzu. Er hat bei Malee einen viel zu großen Beschützerinstinkt. Wahrscheinlich, weil er sie seit sie 11 Jahre alt ist, mehr oder weniger alleine großgezogen hat.

,,Ja, ein paar Abende komme ich ganz sicher alleine aus", fügt Malee dann hinzu und bestätigt es somit auch noch einmal. Dankbar nicke ich meiner kleinen Schwester zu. Diese lächelt zurück.

,,Na gut", stöhnt er ergeben. ,,Trotzdem könntest du auch mal einen Abend zuhause sein."

,,Okay. Heute Abend bin ich da", versichere ich ihm und er nickt dankbar. Ich verstehe, dass Malcolm auch mal ausgehen möchte. Trotzdem bin ich nicht Malees Mutter und Malcolm ist nicht ihr Vater. Schlussendlich wachsen wir nun mal unter diesen Bedingungen auf. Und so ist es einfach. Ich beschließe aber Dabria zu fragen, ob sie heute Lust hat, zu mir zu kommen. Ich will nicht alleine zuhause sitzen. Das habe ich schon die ganzen Sommerferien getan.

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