Kapitel 8

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Ich habe beinahe die ganze Nacht gesungen. Um 3 Uhr bin ich endlich ins Bett und nur ein paar Stunden später weckt mich mein Wecker und kündet einen der wichtigsten Tage meines Lebens an.

Tausend Gedanken gehen sofort durch meinen Kopf. Ich habe meiner Band noch gar nicht gesagt, dass ich heute Solo singe. Einerseits werden sie sich sehr für mich freuen. Andererseits habe ich Angst, dass sie mir es übelnehmen könnten.

Wie zu erwarten ist heute ein wunderschöner Tag. Ich kann mich eigentlich nicht einmal an den letzten Regentag erinnern. Das ist wohl schon ziemlich lange her. Ich reisse meinen Blick von dem, im Sonnenlicht glitzernden See los und laufe übermüdet ins Bad in der Hoffnung, dass ich mich nachher ein bisschen besser fühle.

Dieser Tag muss perfekt werden. Er muss. Als ich am Föhnen bin, singe ich all meine Lieder durch. Meine blauen Haare flechte ich zu einem akzeptablen Knoten. Es ist das erste Mal, dass ich Lieder von mir selbst im Shelter vortrage. Ich habe bis jetzt nur Covers gesungen.

Ich schminke mich heute nur dezent, da ich gestern mit Dabria noch abgemacht habe, dass wir zu ihr gehen werden um uns zu schminken. Darauf freue ich mich schon wirklich. Mein Outfit für heute Abend ziehe ich mir aber jetzt schon an. Es besteht aus einem weissen, bauchfreien Croptop. Dazu einen passenden Rock in der gleichen Farbe, der mir knapp bis zur Mitte des Oberschenkels geht. Kleider sind einfach nicht passend für die Bühne.

Ich betrachte gedankenverloren meine Tattoos im Spiegel. Auf meinem rechten Oberarm ist ein riesiges Hufeisen. Es soll mir Glück bringen. Das habe ich vor meinem ersten Auftritt im Shelter gestochen, was ungefähr vor einem Jahr war. Marlon hat meine Tattoos immer schrecklich gefunden. Aber sie sind ein Teil von mir und ich plane mir noch ganz viele weitere zu stechen.

Jedes einzelne hat eine spezielle Bedeutung. Auf der rechten Schulter sind zwei Rosen. Es ist mein Lieblings Tattoo. Rosen sind meine Lieblingsblumen und für mich bedeuten sie Hoffnung. Die Rosen sind in schwarzen Strichen unter meine Haut gestochen. Vielleicht werde ich sie irgendeinmal mit einer Farbe ausfüllen. Aber das hat noch Zeit.

Das letzte, das ich betrachte sind die Musiknoten über meinem linken Ellbogen. Musik hat für mich eine so grosse Bedeutung. Ich musste es mir einfach stechen lassen. Es war ausserdem mein erstes Tattoo und hat deshalb eine speziell grosse Bedeutung. Ich beschliesse noch kurz der Band zu schreiben, wegen meinem Soloauftritt.

Als ich auf meine Uhr blicke, bemerke ich, dass ich dringend gehen muss. Es reicht nicht einmal mehr für einen Kaffee. Ich renne kurz in die Küche um den verkaterten Malcolm einen Kuss auf die Wange zu drücken. Malee winke ich durch das Fenster kurz zu. Dann renne ich zum Eingang, wo ich mir weisse Sneakers anziehe. Ausnahmsweise bin ich heute ganz in weiss. Normalerweise ist das aber nicht wirklich meine Farbe. Schwarz steht mir besser.

Ich setze mir eine Sonnenbrille auf und schnappe mir meinen Helm. Dann renne ich die Treppen herunter zu meinem Motorrad. Ich springe auf und fahre sogleich los. Nur noch 6 Minuten bis die Schule beginnt. Ich biege nach 3 Minuten auf dem Parkplatz ein. Kein Schüler ist mehr auf der Wiese, was ein seltener Anblick ist.

Ich schultere meine Handtasche und laufe schnellen Schrittes zu meinem Spind, wo ich grob meine benötigten Bücher herausreisse. Als nächstes laufe ich ins Musikzimmer, was zum Glück auf dem gleichen Stock liegt, weshalb ich gerade als es läutet ins Zimmer trete.

Atemlos setze ich mich neben Dabria, die mich grinsend anstarrt. ,,Du hast es gerade noch geschafft", meint sie und fügt dann hinzu, ,,wie geht es dir?"

,,Ganz okay. Ich war beinahe die ganze Nacht auf und habe geübt."

Mitleidig schaut mich meine beste Freundin an und dann fängt auch schon der Unterricht an. Ich konzentriere mich darauf, dem Lehrer zu zuhören. Musik ist für mich das mit Abstand wichtigste Fach.

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