2 Kapitel

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*Yvonnes P.O.V*

Gähnend stand ich um Punkt 5:30 auf, um mein langes, gutes Frühstück zu genießen. Leise spatzierte ich die Fliesstufen  hinunter in die Küche. Aus dem Kühlschrank holte ich mir allerelei Zeugs und machte mich daran mir meinen heißgeliebten Café Latte zu machen. Zufrieden setzte ich mich zum riesigen Küchentisch und aß das ausgiebige Essen.

Danach verstaute ich den Rest des Essens wieder im Kühlschrank und das Geschirr stapelte ich in die, noch leere, Spüle. Noch immer recht müde und durchs Haus wankend, verschwand ich im Bad um auf die Toilette zu gehen und die Zähne zu putzen. Ich machte mir noch ein bisschen Wimperntusche hinauf und einen dünnen Eyelinerstrich, als ich meinen Koffer schnappte und mich auf dem Weg zur Haustüre machte. "Warte, wie willst du denn zu Meli kommen? Wohl nicht zu Fuß, ne?", hörte ich die Stimme meiner Mutter von oben herab sagen, die sich dabei reichlich amüsierte. Daran hab ich ja gar nicht gedacht. "Kannst du mich fahren?", fragte ich mit meinem gut geübten Hundeblick. "Ja warte kurz, ich zieh mich schnell um. Warte auf mich im Auto."

Den Koffer hiefte ich mit Mühe in den Kofferraum und setzte mich auf den Beifahrersitz. Da kam meine Mama auch schon, zwar waren ihre Haare noch recht zerzaust, aber sonst sah sie ganz passabel aus.

"Warum bin ich eigentlich nicht selbst gefahren?", fragte ich mich in Gedanken versunken und sprach diesen Gedanken laut aus. "Weil ich dir das Auto nicht gegeben hätte", lachte meine Mama. Auf dem Weg zu Meli guckte ich noch im Vorbeifahren auf die umliegenden Felder von unserem Nachbarn, auf unser Haus, unsere Nachbarn, die sich auf den Weg zur Arbeit machten und überall hin, was ich mir besonders einprägen wollte. 'Ich bin ja keine zwei Jahre weg', dachte ich mir und lächelte aus dem Fenster. Da sah ich einen Hasen aus dem Feld springen und mein Grinsen breitete sich noch mehr aus. Diesen Hasen hatte ich als kleines Kind mal gesund gepflegt, Gott sei dank hat er es überlebt, und jetzt hüpft er immer zufrieden auf dem Feld neben unserem Haus herum.

Keine 5 Minuten später waren wir auch schon bei Meli. Ich umarmte meine Mutter, gab ihr einen Kuss und sie wollte mich schon gar nicht mehr los lassen. "Hab dich lieb", flüsterte ich ihr ins Ohr. Sie meinte sie mich auch und fuhr weg. Eine Träne kullerte mir herunter aber als ich auf die Uhr sah war es schon 6:30 und in 20 Minuten sollte Tim da sein. Schnell wischte ich die Träne weg. Hoffentlich ist Meli, diese Trödlerin, schon fertig. Ich stellte den Koffer in die leere Garage und ging die drei Stufen zur Tür hinauf und leutete. Doch nichts rührte sich. 'Sag nicht sie hat die Klingel ausgeschaltet', dachte ich mir genervt. Aber die Klingel hörte man. Was soll der Kack?! Ich leutete noch einmal, und noch einmal, als eine ganz verschlafene Melanie mir die Türe öffnete.

"KIND ES IST HALB SIEBEN, UND DU BIST NOCH IM SCHLAFZEUG. HOP, HOP. JETZT MACH DICH FERTIG, IN 20 MINUTEN IST TIM DA", schrie ich sie etwas hysterisch an. Ganz verdattert sah sie mich an. "Ja, ja. Dir auch einen schönen guten Morgen. Ich hab dich auch lieb", lachte sie. Doch dann lief sie mit vollgas in die Küche, holte sich ein kleines Brötchen und eine Knabbernossi,  stopfte es sich rein, lief in ihr Zimmer, holte eine Jeans aus ihrem Hosenkasten und ein Spaghettiträger-T-Shirt aus dem anderen Kasten heraus und zog sich an.

Ich wusste gar nicht dass sie so schnell sein kann.

Und schon wieder raste sie davon, ins Bad, Zähne putzen, ihre Haare zu einen hohen Zopf zusammen und Wimperntusche drauf.

Nach 10 Minuten hat sie alles geschafft und stand nun vor mir in der Küche, wo ich chillig auf der Couch saß und meine Nachrichten auf Whats App checkte. Da klingelte es auch schon wieder an der Tür. Tim.

*Melis P.O.V*

Ich lies Yvo in der Küche sitzen und ging, noch immer außer Puste, zur Tür. Tim war schon da. "Hallo Mädel, kanns los gehen?", fragte dieser. "Ja warte kurz, ich habe verschlafen. Und jetzt muss ich noch was trinken, bin total fertig", schnaufte ich und ehrlich, ich schwitzte, im Laufen war ich nie so gut. "Kein Problem. Ist Yvonne schon da?" "Jap, sie ist in der Küche. Yvo? Bring mir bitte was zum Trinken. Ich kann nicht mehr! Und wir fahren gleich", schrie ich in die Küche.

Mit einem Glas Wasser in der Hand kam sie auf Tim und mich zu. Ich trank das Glas auf Ex und stellte es noch kurz hinein auf die Theke in der Küche. 'Das wird mein Bruder schon wegräumen wenn er zum Katzen füttern kommt', dachte ich mir und hatte schon wieder meine "nösen Gedanken" wie sie Yvo immer nennt. Ich schlüpfte in meine bequemen Turnschuhe und ging zu Tim's Auto. Yvonne tat es mir gleich. 

Im Auto startete Tim den Motor und fuhr los, die holprige Schotterstraße entlang und dann auf die Bundesstraße. Ein Stück waren wir auf der Autobahn, dann kamen wir aber wieder auf eine Landstraße, wo rundherum Felder, Wiesen mit Kühen, Eseln, Ziegen und Schafen waren und Koppeln mit Pferden. Wie ich diese Geschöpfe liebe.

Es wurde gar nicht so lustig wie immer, denn Tim war viel stiller als sonst. Irgend etwas stimmte mit ihm nicht. Aber ich lies es lieber bleiben ihn zu fragen, weil er bei solch unangenehmen Fragen immer leicht aggresiv wird. Doch trotz alldem hatten wir schon unseren Spaß.

Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt durch das sogenante Reitertal, wie es die Leute dort nennten, fuhren wir einen kleinen Hügel hinauf zum Reithof. Überall waren Koppeln, die zu dem Hof gehörten. Auf den Koppeln standen viele Pferde mit Fohlen. Auch Ponys waren dort. Und der mir all zu bekannte Esel Hansi. Dieser hatte mir nämlich schon einmal ins Bein gebissen, als ich noch kleiner war.

Am Parkplatz vor dem Wohnhaus hob Tim unsere schweren Koffer mit leichtigkeit aus dem Kofferraum seines Autos. "Soll ich noch mit kommen und euch die Koffer tragen?", fragte der Gentelman von Tim. "Bitte", kicherten wir beide. Er schleppte die Koffer über den kleinen Parkplatz und durch die große Wiese hinter dem Haus, bis zur Türe, von da aus sah man genau in den Innenhof des Hofes, der wie immer blitzeblank geputzt war, dort klopften wir an der Haustüre.

Eine ältere Frau öffnete, sie begrüßte uns freundlich und stellte sich als Oma Ella vor, worüber wir drei lachen mussten. Oma Ella bat uns hinein in den gräumigen Vorraum, da kam auch schon Margit, die Besitzerin, aus der Küche. Auf dem Arm hielt sie die kleine Emma, ihre einjährige Tochter die mit den blonden Locken zum knuddeln aussah, und hinter ihr kam Nick der Mann von Margit. "Hallo, da seid ihr ja. Nick zeigt euch die Zimmer, dann könnt ihr zum Essen kommen und später reden wir über euren Gehalt. Oh junger Mann, willst du auch mit essen? Wir haben genug", plapperte Margit herunter. Sie redete wie ein Wasserfall, aber trotzdem war sie uns sympathisch. "Nein danke. Meine Mutter wartet auf mich", lehnte Tim dankend ab und schon wieder hörte ich den betrübten Unterton den er auf einmal hatte. Was er nur hat?

Er umarmte mich und gab mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn. Yvonne umarmte er ebenfalls und gab ihr einen leichten Klaps auf den Po. Sie lachte und schubste ihn weg. "Ich komm euch mal besuchen", meinte er noch als er zum Auto ging und nach Hause fuhr.

Nick nahm unsere Koffer und ging vor uns hinauf in den nächsten Stock. Die Stufen waren alle aus Holz und so konnte ich mir nicht vorstellen, einmal leise hinunter zu gehen.

"Hier sind eure Zimmer. Das dritte Zimmer ist für die andere Aushilfe. Dort drüben ist das Bad. Fühlt euch wie zu Hause, und wenn ihr fertig mit auspacken seid kommt zum Essen. Es gibt Lasange", sagte Nick freundlich und verschwand wieder unten.

Yvonne ging in das anliegende Zimmer und ich machte meine zwei Koffer auf. Die Kleidung stapelte ich in den Schrank neben dem Fenster und zog mir gleich eine Reithose an. 'Wie wird wohl die andere sein? Hoffentlich verstehen wir uns mit ihr', dachte ich mir als ich die schwarzen Stiefelletten in die Hand nahm und hinaus auf den Flur ging. Direkt in Yvos Zimmer. Diese machte sich gerade vor einem Spiegel an der Wand einen seitlich geflochtenen Zopf aus ihren langen blonden Haaren.

Gemeinsam gingen wir hinunter in die Küche und rochen schon den guten Duft von frischer Lasange. 'Mhm kann Margit gut kochen', das glaube ich dachte sich Yvo auch, nach ihrem Gesichtsausdruck.

Zwei Monate im ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt