Kapitel 23

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• W E S •

"Wes?"

Ich hebe den Kopf und schaue zu Evan auf. 

Wir haben es uns im Wohnzimmer auf der Couch bequem gemacht. Mein Kopf liegt auf seinem Oberschenkel und ich genieße es, dass er vor ein paar Minuten begonnen hat, mir durch die Haare zu streichen.

"Erzählst du mir, weswegen du dich damals mit deinen Eltern zerstritten hast? Die beiden scheinen glücklich darüber zu sein, dass du nach Hause gekommen bist", merkt er an, während er auf mich herabschaut.

Nicht einmal, wenn die beiden uns allein lassen, kann er das Thema ruhen lassen. Gideon führt Annabelle gerade zu einem Spaziergang aus, wir haben uns aber dazu entschieden, zuhause zu bleiben.

Seufzend schmiege ich mich an ihn und lege seinen freien Arm um mich. Mit dem Daumen zeichne ich kleine Kreise auf seine Hand. "Es ist eigentlich albern ..."

"Ich würde es gern wissen."

"Wir haben verschiedene Vorstellungen, wenn es um meine Zukunft geht. Sie wollen am liebsten, dass ich etwas studiere, was ich aber später nicht beruflich nachgehen möchte. Kannst du dir vorstellen, wie ich an einem Schreibtisch sitze und irgendwelche Steuerunterlagen prüfe?"

Evan sagt anfangs nichts dazu, sodass ich denke, es ist damit geklärt. Aber da kenne ich ihn wohl einfach zu schlecht. 

"Sie machen nicht unbedingt den Eindruck, dich zu irgendwas drängen zu wollen."

"Das können sie auch nicht mehr. Immerhin bin ich mit sechszehn ausgezogen und seitdem kaum nach Hause gefahren."

Er streicht mir seufzend durch die Haare. "Möchtest du dich denn nicht endlich wieder mit ihnen vertragen? Ich meine, die beiden geben sich wirklich Mühe ..."

"Kann sein."

Man muss mich nicht auf mein kindisches Verhalten aufmerksam machen. Ich weiß es selbst. Aber es scheint schwerer zu sein, als man denken könnte. Es ist nicht so, dass ich nicht versucht habe, mich mit meinen Eltern gut zu stellen. Nur ist immer irgendwas passiert, sodass das Vertrauen wieder weg war.

"Wes ..."

"Gideon hatte damals meine Bewerbungen an verschiedene Universitäten geschickt, obwohl er wusste, dass ich nicht in seine Fußstapfen treten würde", brumme ich, sehe Evan aber an, dass es wenig überzeugend wirkt.

"Gut, das war beschissen. Aber findest du nicht, dass du trotzdem Gras darüber wachsen lassen solltest? Sie-"

"Du gibst wohl keine Ruhe, bis Frieden herrscht, oder?", frage ich ihn genervt. Meine Stimmung verbessert sich aber, sobald sein süßes Lächeln mir entgegenstrahlt.

"Ich versuche nur, dich zu deinem Besten zu zwingen", entgegnet er und spricht mir damit aus der Seele. Er drängt mich regelrecht dazu, mich mit meinen Eltern zu verstehen. Ich kann ihm nicht einmal böse sein, immerhin möchte er wirklich nur etwas Gutes tun. 

Sein leises Lachen dringt in mein Ohr. Fragend schaue ich wieder zu ihm auf, doch er sieht nicht wider erwarten mich an, sondern starrt geradeaus. Als ich seinem Blick folge, gefriert der Ausdruck auf meinem Gesicht ein.

"Das ist ja süß, dass deine Eltern ein Ultraschallbild von dir an der Wand hängen lassen. Und du willst mir weismachen, dass sie gegen dich handeln."

Das Atmen fällt mir mit einem Mal schwer, mein Hals ist wie zugeschnürt. Und auch mein Körper versteinert sich.

Evan mustert mich verblüfft. "Was ist los? Habe ich etwas Falsches gesagt?"

Someone like You [boyxboy] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt