Ich traute mich nicht nach Schmerztabletten oder einem Gegenmittel zu fragen, denn immerhin war ich diejenige, die sich das eingebrockt hatte, und jetzt musste ich auch wohl oder übel die Konsequenzen tragen.
Es sprach keiner mehr, aber es schien auch keiner auf mich wütend zu sein, außer Marie wahrscheinlich, aber die schlief glücklicherweise wie ein Murmeltier. Ich nahm mir vor, mich zu entschuldigen, auch wenn strenggenommen sie der Grund war, warum ich überhaupt so ausgetickt war. Zumindest wusste ich jetzt, dass auch mit ihren Kräften nicht zu spaßen war. Vielleicht waren ihre Angriffe einfach anders einzuordnen, nämlich in die psychische Richtung. Mein Kopf schwenkte leicht zu Xenia und Ben, die sich wieder ohne Worte zu unterhalten schienen. Ihre Kräfte waren auf einem Schlachtfeld zu gebrauchen, physischer Natur.
Ich wandte den Blick wieder ab, ließ die Augen jedoch geöffnet, da ich sonst das Gefühl hatte, die vermeintlichen Verbrennungen noch mehr zu spüren als sowieso schon.
Meine Gedanken kreisten um unseren Unterschlupf, wo Thalia und Kyle warteten. Das Scheinmädchen war mit ihren Trugbildern auf jeden Fall auf der psychischen Ebene einzustufen, unser schneller Läufer eher im Kampf.
Über was machte ich mir überhaupt schon wieder Gedanken? Ich wollte niemals auf einem Schlachtfeld kämpfen oder gar Blut vergießen. Doch umso mehr ich diesem Gedanken nachhing, fragte ich mich, wie es ohne gehen sollte, und wie ich mit ein paar Einzelnen einen Krieg aus der Welt schaffen konnte.Eine Unebenheit auf dem Asphalt ließ mich hochschrecken und erinnerte mich sogleich wieder an mein Vergehen und meine schmerzliche Strafe dafür. Ich blickte um mich und stellte entsetzt fest, dass wir mitten im weißen Nichts fuhren, doch dann erkannte ich den Wald und wusste, dass wir gleich da waren. Der Schnee hatte unsere Spuren hier einfach schon wieder verwischt, was uns wohl mehr recht als schlecht erscheinen konnte.
Ich freute mich auf ein Bett und auf Ruhe. Mit keiner Sicherheit konnte ich sagen, wie viel Uhr wir hatten, es schien nur gerade die Sonne aufzugehen.Luna war diejenige, die Marie weckte, was mir auch am passendsten erschien, immerhin waren sie schon jahrelange Freunde, wobei ich mir das immer wieder vor Augen rufen musste, um es nicht zu vergessen, so wie sie sich behandelten.
Ich sank ein wenig im Schnee ein und hatte Lust, mich vornüber fallen zu lassen, denn die Kälte würde sicherlich die Schmerzen überdecken, doch wahrscheinlich eine Lungenentzündung fördern.
"Na endlich, ich dachte schon, ihr habt unser Signalwort Kohldampf vergessen und es wäre etwas passiert", Thalia stand in der Tür und verstummte augenblicklich, als sie Marie sah, deren Gesicht ich immer noch nicht gesehen hatte. Mein seltsam humpelndes Bild trug wahrscheinlich auch nicht zu ihrer Beruhigung bei. Hinter uns schlossen sich zudem noch die zwei Neuen an, die sich scheinbar keinen Millimeter zu viel voneinander trennen wollten.
Kyle lunzte hinter Thalia hervor und war sofort neben mir, als er mich erblickte. Gut wie er es meinte, stützte er mich unter dem Arm und wollte mir beim Gehen helfen, doch jede noch so leichte Berührung brannte und ich schrie.
Erschrocken funkelte er mich an, ließ jedoch nicht los und ich kämpfte mich weiter vorwärts: "Was ist passiert?"
"Das lassen wir am besten Melrose erzählen", brummte das Eismädchen und drehte sich das erste Mal, seit unserem kleinen Gefecht, zu mir um, sodass ich das Ausmaß meines Ausrasters zu Gesicht bekam.
Ihre Nase war geschwollen, oder gebrochen? Getrocknetes Blut klebte ihr im Gesicht und ihre Wange war blau unterlaufen, alles in allem sah sie wirklich scheiße aus.
Ich war mir gar nicht bewusst, dass ich überhaupt so fest zuschlagen konnte.
"Es tut mir leid", war das Erste, was mir zu ihrer Zurichtung einfiel und ich schrie wieder auf, weil Kyle mein Gewicht verlagerte, sodass ich mich mehr auf ihn stützte. Marie wandte ihren Kopf ab und verschwand oben in einem der Schlafräume.
"Das warst du?", fragte Thalia zögerlich und schloss die Tür hinter uns allen.
Kyle sah zwischen mir und der Treppe unsicher hin und her: "Vielleicht sollte sie vorerst auf dem Sofa schlafen."
Xenia nickte: "Das halte ich für eine gute Idee, sie hat Schmerzen."
"Hallo", Thalia wedelte mit ihrer Hand durch die Luft, "erzählt uns mal jemand, was hier los ist?"
Luna rieb sich über die Stirn und kurz streiften sich unsere Blicke, wobei ich ihre tiefen Augenringe bemerkte: "Das erklären wir euch gleich, jetzt lasst uns doch erst einmal ankommen."Kyle wich nicht von meiner Seite, bis Luna sich an das Sofa kniete, und wahrscheinlich hätte ich das gar nicht zugelassen, wenn ich mich nicht so fertig fühlte. Er verschwand in dem Bereich mit dem großen Tisch und ich sah die anderen nicht mehr, hören konnte ich sie allerdings noch.
Das Mondmädchen sah mich ausdruckslos an.
"Ich weiß, ich habe Scheiße gebaut", antwortete ich, bevor sie auch nur eine Frage stellen konnte.
"Das mit Marie legt sich wieder und außerdem trägt sie an diesem Vorfall auch einen Großteil der Verantwortung, das darfst du nicht vergessen, Mel."
"Ja, wahrscheinlich", murmelte ich und starrte auf das Polster vor mir.
"Ich hole dir eine Decke."
"Nicht nötig, ich fühle mich, als stünde ich in Flammen", erwiderte ich leicht lächelnd.
"Ich hätte sie nicht aufhalten können."
"Es war die sicherste Variante mich zur Ruhe zu bringen."
"Und wahrscheinlich auch die schmerzlichste", fügte Luna hinzu.
"Denkst du, das hält lange an?", allein bei dem Gedanken wurde mir speiübel.
Sie zuckte nur mit den Schultern: "Es sind ja keine tatsächlichen Verbrennungen, wahrscheinlich nicht."
Jetzt konnte ich aufatmen: "Das klingt gut."
"Ich stelle mich dann mal der Neugier von Thalia", Luna verzog genervt das Gesicht.
"Sie ist doch gar nicht so übel", ich lachte leise, "vielleicht noch ein bisschen jung und naiv, aber sie steht vollkommen hinter unserer Sache."
"Das stimmt", das Mondmädchen hielt kurz inne, straffte dann die Schultern und richtete sich auf, "ruh dich jetzt aus, wir brauchen dich einsatzbereit."
Sie wollte schon gehen, doch ich zwang sie stumm stehen zu bleiben. Mit einem Ruck fuhr sie herum und sah mich fragend an.
"Du solltest dich auch hinlegen, Luna. Dich brauchen wir genauso."
Sie grinste breit: "Denkst du wirklich, ich lasse mir die große Show, wenn wir Mayra stürzen, entgehen?"
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Nightmare-Ist Zorn gefährlicher als Macht?
ParanormalNur mit Hilfe konnte Melrose das Herrschaftsgelände und somit auch ihre kranke Tante verlassen, doch was hatte das für einen Preis? Luke, in den sie sich verliebt hat, weiß zwar wieder wer sie ist, doch manchmal fehlen ihm noch Bruchstücke seiner Er...