Kapitel 11

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Brithney klingelt drei Wochen später an meiner Haustüre. Sie steht mit ihrem Fahrrad vor dem Einfamilienhaus, um mich abzuholen, denn ich habe mich von ihr überreden lassen, mit zu ihrem Pferd zu kommen. Da ich auch seit letztem Samstag ein Rad besitze, schwinge ich mich auf meinen Drahtesel und wir radeln los, Richtung Reiterhof.

Nachdem wir unsere Gefährte abgestellt haben, biegt Brith nach links ab. Wir betreten den Stall.

„Das ist der Stall für Freizeitreiter. Drüben ist noch ein Turnierstall und hinten der, für trächtige Stuten." , erklärt sie mir begeistert.

„Okay...", ich kann mit diesen Begriffen nicht viel anfangen, genauso wenig wie ich weiß, warum es mehrere Ställe gibt.

Wir gehen die lange, mit Neonröhren beleuchtete Stallgasse entlang. Meine Beste Freundin bleibt vor einer Box mit mehreren Pferden stehen.

„Hier, im Freizeitstall, haben wir Gemeinschaftsboxen. In den anderen Ställen nicht."

„Okay, aber welches ist jetzt deines?", fragend schaue ich jedes Pferd einzeln an. Alle gleich. Das ist für mich als Nichtreiterin klar. Aber...doch irgendwie verschieden. Ich bin noch nie geritten. Wobei...oh ja! Einmal im Tiergarten, wo es die Möglichkeit gegeben hat, Pony zu reiten. Schon als ich den Stall betreten habe, habe ich etwas besonderes gefühlt. Das ist meine Welt. Meine eigene, persönliche Welt. Ich habe viel ausprobiert. Ich war Gitarre spielen, surfen, schwimmen, Handball spielen, aber ich habe alles aufgegeben, weil ich mich nicht hingezogen gefühlt habe. Hier ist das ganz anders. Wo, bitte treibt man in Ohio oder New York so schnell einen Pferdehof auf? Nirgends. Ich habe nie wirklich die Gelegenheit gehabt, Tieren nahe zu kommen. Meine Welt war verschlossen, irgendwie... unzugänglich. Doch hier fühle ich mich sicher. Hier ist mein zu Hause. Ich kann es plötzlich total verstehen, dass der Stall so gut gefüllt ist.

Ich lasse meinen Blick über die fünf wunderbaren Tiere schweifen. Ja. Alle sind anders. Positiv anders. Jedes hat seinen eigenen Kopf, jedes seine eigenen Eigenschaften. Es sind nicht ‚nur' Pferde! Keine Tiere, die nichts fühlen, keine emotionslosen Fressmaschinen. Keineswegs. Ich bin einfach nur glücklich.

„Sky? Alles gut?", Brith dürfte meine Tagträume bemerkt haben.

„Klar, sorry, war grade in Gedanken."

„Also. Dort, der Wallach ist mein Sunny", sie zeigt auf ein wunderschönes Wesen. Seine schwarze, lange Mähne fällt wellig über seinen kurzen, kräftigen Hals herab. Der volle Schweif des Pferdes wedelt gechillt lästige Fliegen weg. Das pechschwarze Tier hat einen kräftigen, muskulösen Körper und ein weißes, kleines Abzeichen auf der Stirn.

„Er ist ein Friese. Reinrassig. Gerade noch", lacht sie, „wegen dem Stern auf seiner Stirn. Wenn er ein größeres Abzeichen hätte, wäre er nicht mehr reinrassig, sondern ein Mischling. Das wäre mir zwar egal, er wird aber auch als Deckhengst verwendet."

„Was ist ein Deckhengst?"

„Achso, ich muss mich erst daran gewöhnen, das so zu erklären, dass du das verstehst. Ein Deckhengst wird zum züchten verwendet. Ich reite ihn aber natürlich auch.", lächelt Brithney stolz.

„Da drüben ist Heidi, die Stute von Pia", erklärt das übereifrige Mädchen weiter. Ihr Zeigefinger zeigt auf ein weißes, kleineres Pferd.

„Sie ist ein Hightlandpony, aber sehr kräftig, lieb und total verschmust." , klärt sie mich auf.

„Wenn du willst, kannst du ein paar Runden auf Sunny reiten"

„Echt?!", ich kann es kaum glauben, endlich auf einem Pferd sitzen zu können, schließlich war das mit dem Pony reiten im Zoo schon vor sieben, acht Jahren.

„Klar! Warum habe ich dich sonst mitgenommen?", witzelt meine Freundin.

Da kommt auf ein Mal von hinten jemand auf Brith zu und umarmt sie an der Tailie.

„Na Schatzerl? Host du Besuch mitbrocht?" Ich habe diesen Bub schon gesehen doch wo.....ha! Jetzt weiß ich's! Er war am Sportplatz der, den ich nicht gekannt habe. Weil er nichts gesprochen hat, habe ich seien Österreichischen Akzent nicht bemerkt. Jetzt fallen mir auch die blauen Augen und die kurzen, blonden Haare auf. Hui! Der sieht gut aus!

„Jonas – das ist Sky. Sky – mein Freund Jonas", stellt Brith uns kurz und bündig gegenseitig vor.

„Bist du de, vo der'st ma so vü erzöht host Brithi?"

„Ja, das ist Sky", lacht Brith los.

„Hi Jonas", sage mich schnell, muss mich aber erst wieder fangen, weil mir meine Freundin tatsächlich verschwiegen hat, dass sie einen Freund hat!

„Und wos mochts ihr do? Tut's Pferd auschaun?"

„Sky hat Sunny noch nie gesehen, deshalb wollte ich ihr ihn zeigen. Gehst du mit Friday ausreiten?"

„Jo, hob i schau vor. I hoff, es regnet ned, weil da Friday mog kan Regen", plaudert Jonas froh und munter in seinem süßen Österreichischem Akzent.

„Wir haben gerade geredet, dass Sky ein paar Runden auf Sunny drehen kann. Sky – Friday ist übrigens Jonas' Wallach."

"Guade Idee. vielleicht is es eh gescheiter, i reit ned aus, sondern geh a bisserl ins Viereck"

"Cool, dann kannst du uns gleich zuschauen"


Eine halbe Stunde später sitze ich auch schon auf dem Rücken des Friesen. Seit ich seit ca. 10 Sekunden auf dem Pferd sitze, fühle ich mich so daheim, wie nie zuvor. Erfüllt von diesen Geschehnissen, kann ich auch super reiten, obwohl ich es noch nie richtig versucht habe. Schicksal. Ja, das ist es. Ich lächle vor mich hin. Bis ich zu Hause angekommen bin habe ich dieses lächeln auf dem Gesicht. Und es ist nicht etwa gestellt. Nein, es war noch nie realer!

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hi, ich hoffe, es hat euch gefallen. Wenn ihr euch mit Pferden ein bisschen auskennt, schadet das hier nicht und auch ein bisschen "Dialekt" also Umgangssprache ist hier hilfreich ;)

Kiki <3

Sky, Freundschaft, Liebe und vieles mehr♡♡ | PAUSIERT|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt