...things you love...

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Ich liebte ihn, das war mir sehr schnell klar.
Er war perfekt! Wir hatten großteils die selben Interessen, wir hatten die selben Vorstellungen unserer Zukunft. Wir lachten viel gemeinsam, wir aßen die selben Dinge gerne, und hielten die selben für eine unfassbare Geschmacksverirrung. Wir verstanden von Anfang an was der andere wollte, brauchte oder meinte, ohne viel zu sagen.

Aber vorallem strahlten wir beide sobald wir uns sahen.

Jeden Tag dankte ich dem Universum, Gott, den Engeln oder wer auch immer dort war für diese Begegung.

Für diesen Menschen, der Dinge heilen konnte, von denen kein Arzt oder Therapeut je geschafft hatte mich zu heilen.

Und doch tat er mir weh.

Er war vier Jahre älter als ich, was ich als perfekt empfand.
Doch für ihn war das ein Problem, zumindest sagte er das ziemlich oft. Immer und immer wieder ritt er darauf rum, nur um am nächsten Tag wieder der Meinung zu sein, das Alter sei unwichtig, solang es passt.

Er flirtete ganz schön viel mit mir, holte mich dauernd zum Essen ab, brachte mich jeden Abend nach Hause und holte mich morgens ab.

Manchmal meinte er auch er wolle mich sehen und holte mich mitten in der Nacht zu sich.
Mich freute das natürlich, immerhin kam mir jede Stunde ohne ihn elendig lange vor, doch irgendetwas in mir war nicht ganz glücklich damit wie es lief.

Immer wieder versuchte ich die Stimme in meinem Kopf auszuschalten, die unaufhörlich schrie:
"Ihr seht euch so oft, alles zwischen euch ist perfekt, aber wieso geht es so langsam? Wieso tut er nichts?"

Und leider hatte die Stimme recht.

Wochenlang traten wir auf der Stelle. Ich wäre bereit für eine Beziehung gewesen, keine Frage.
Aber er bremste immer wieder aus.

Manchmal ließ er mich wieder näher zu sich, und manchmal brachte er wieder ein wenig Abstand zwischen uns.

Dass ihm mein Alter so wichtig war, zeigte mir, wie unsicher er eigentlich selber war.
Nach Außen hin wirkte er selbstbewusst, doch er hatte Angst.

Angst davor, was unser Umfeld sagen könnte, seine Freunde, seine Eltern.

Ich war noch nicht volljährig und er 21. Dieser Gedanke versetzte ihn offensichtlich in Panik.

Immer und immerwieder ließ er mich fliegen und schnitt mir dann meine Flügel ab.

Mit jedem Mal, bei dem er mich wieder auf Abstand brachte tat er mir weh, doch ich verzieh ihm.

Und manchmal sprach ich es an. Fragte ihn was sein Problem sei, bat ihn mit mir zu reden.

Jedes Mal hatten wir dann eine lange Diskussion, aus der ich hörte wie unsicher er eigentlich war. Wie überhaupt nicht mit sich im Reinen.

So wie ich.

Und jedes Mal herrschte danach Funkstille.
Doch spätestens nach wenigen Tagen meldete sich einer von uns wieder, weil wir es ohne einander nicht aushielten.

So ging es viele, viele Wochen.
Eine lange Zeit, in der ich selbstbewusster wurde, mir selber anfing zu verzeihen, anfing zu verarbeiten was alles geschehen war.

Wir redeten viel.
Ich erzählte ihm einiges aus meiner Vergangenheit, und das selbe tat er. Wo wir sonst so viel gemeinsam hatten waren unsere Geschichte von Grund auf verschieden. Unsere Familienkonstellationen glichen sich kein Stück, und während ich bereits früh am Leben zu zerbrechen drohte, wuchs er sehr behütet auf.

Und doch blieben auch ihm die vielen Lehrstunden der Lebensschule nicht erspart.
So wie keinem von uns.

Grenzverschiedene Wege brachten uns an den selben Punkt.

Unsicherheit.

Den Wunsch nach einer Beziehung.

Unser selbst, das uns bremste.

Wie könntest du mich lieben, wenn nichtmal ich es kannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt