epilog

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Es gibt da diesen einen Moment im Leben, da wird einem plötzlich klar, dass einem das Ende näher ist als der Anfang. Und dann fragt man, fragt man sich selbst, bloß Eines.

Wie sieht eigentlich die Bilanz des eigenen Lebens aus?

Als ob unser eigenes Dasein irgendwann für irgendwen eine Bedeutung gehabt hat oder überhaupt keine Bedeutung hatte, besonders im Vergleich zur Laufbahn anderer.

Nachdem ich gestorben war, begann ich damit, die Teile von mir aufzugeben, die nicht länger notwendig waren. Meine Sehnsüchte, Überzeugungen, Ziele und Zweifel. Jede Spur, meines menschlichen Daseins wurden abgelegt. Und was stellte ich fest? Es macht das Leben unglaublich einfach. Es ist von unfassbaren Vorteil mit leichtem Gepäck zu reisen, wenn die Ewigkeit vor einem liegt. Wobei, nur eins behielt ich. Meine Erinnerungen. Es ist erstaunlich, was man sieht, wenn man auf seine Welt zurückblickt. Ich erinnere mich an alles. An jede Einzelheit.

Und dennoch bin ich gefangen, in einem ständigen Kampf zwischen dem, was ich für mich als richtig empfinde und der verzerrten Wahrnehmung, der Anderen. Herzlose Menschen, die nicht in der Lage sind, den Unterschied zu verstehen. Ich habe 'Apokalypse Now' gesehen und dabei, wie gebannt auf die Leinwand gestarrt. Es gibt eine Aufnahme mit Marlon Brando von 'The Hollow Man'. Der Kampf des Menschen, zwischen Geist und Herzen wird auf die Spitze getrieben, er wird unbeherrschbar und alles endet im Chaos.


Ist Dasein sinnlos?
Gibt es mehr als Diesseits?
Was wartet auf der anderen Seite?


Zuletzt und seitdem hatte Jyn nie wieder den Boden der englischen Insel betreten und das war achtzehnhundert achtundachtzig gewesen. Es war ihr erstes und zugleich, letztes Mal, in England gewesen. Groß verübeln konnte man ihr dies wohl nicht. Da war sie gerade einundzwanzig geworden, hatte die erste große Reise vor sich, ohne Eltern, und wird ermordet. Dies konnte man Jackpot nennen. Einen wirklichen.

Im Stadtteil Limehouse, genauer gesagt, London Borough of Tower Hamlets, was östlich der Innenstadt von London lag, saß Jyn am Regent's Canal, welcher einer von zwei Hafenbecken der Limehouse Basin in den Londoner Docklands war. Der Regent's Canal verbindet die Basin mit der Themse, wohingegen die West India Docks es mit dem westlichen Einfahrtsbecken verband, einer Gruppe von drei Hafenbecken auf der Isle of Dogs im Londoner Eastend.

Mit leerem Blick schaute Jyn über das stille Wasser, ließ die Beine den Gehweg hinunterbaumeln. Hier hatte alles begonnen und dennoch, wusste sie nicht, was sie fühlen sollte. Da war nichts. Leere. Man sollte meinen, etwas zu empfinden, ganz gleich, was es ist, wenn man an dem Ort saß, wo man umgebracht wurde. Dem war jedoch nicht so. Es war bloß ein Ort, wie jeder andere auch.

"Keine Ahnung", sagte Jyn mit belegter Stimme als sie Schritte hörte und jemand neben ihr stehen blieb, "Ich erinnere mich nicht."

"Was meinst du?", wollte Erik wissen, der etwas anderes fragen wollte, doch da war Jyn ihm zuvor gekommen.

"Hier war es", begann Jyn zu nicken, bei dem ihr ein Schnaufen entfuhr, "Ich erinnere mich nicht mehr, ob mir die Kehle aufgeschlitzt wurde, es ein Stich ins Herz war und irgendwo, in der Magengegend herum. Sollte man nicht meinen, dass man sich an seinen eigenen Tod erinnern sollte, zumindest, wie es geschehen ist? Es war schließlich der Anfang eines neuen Lebens."

"Würde es die Sache besser machen?", aus Erfahrung wusste Erik allerdings, dass dem nicht so sein würde, "Oder sich dadurch etwas ändern?"

Nein, das würde es nicht. Natürlich würde es das nicht, denn, es war geschehen und den Tod, konnte man nicht nachträglich rückgängig machen..... doch, das ging. Man siehe Cable und seine Familie.

Ziemlich früh, hatte Jyn mit dem abgeschlossen. Sie war schließlich nicht tot. Das Leben ist für die Lebenden da, doch ziemlich schnell stellte sich heraus, dass sie eines nicht konnte. Altern. Nichtsdestotrotz besaß sie ein Leben aber nicht bloß eines, sondern mehrere. Vielleicht war nicht das Leben, welches sie es sich erträumt hatte, doch es blieb ein Leben. Kein Grund demnach, sich zu beschweren.

"Manchmal sollten wir allgemein, nicht nur den Tod betrauern, sondern auch das Leben mit ihren Verlusten. Und wenn wir uns fragen, warum es manchmal so derartig beschissen läuft, sollten wir versuchen uns daran erinnern, dass sich das auch schlagartig wieder ändern kann. Wenn es so stark weh tut, dass man keine Luft mehr bekommt, lernt man zu überleben", im wahrsten Sinne des Wortes, wie Jyn erlebte, "Man überlebt, in dem man sich daran erinnert, dass es eines Tages, auch wenn es unvorstellbar scheint, nicht mehr so sein wird. Oder, man lässt all das, einfach mit sich sterben. So vergehen die Jahre."

"Bisher. Vielleicht ist es an der Zeit, es endlich anders zu machen", entgegnete Erik, der nach Jyns Hand griff und ihr mit einer Kopfbewegung mitteilte, dass sie mitkommen sollte, "Wir haben genug Zeit verschwendet."

Jeder Weg ist neu und führt ins Ungewisse. Einige führen zu neuen Wegen und andere Wege trennen sich. Wir wollen unbedingt wissen, wohin sie gehen aber vielleicht ist das gar nicht gut. Vielleicht nimmt uns das krampfhafte Suchen und Beharren etwas wissen zu wollen die Fähigkeit, Veränderungen und neue Chancen des Lebens zu erkennen.

Viele haben vor dem ungewissen Angst, doch dieser Angst müssen wir uns nicht schämen. Wer weiß, vielleicht müssen wir ja sogar Angst haben, damit wir uns frei fühlen können. Vielleicht bekommt es dadurch eine größere Bedeutung.

 Vielleicht bekommt es dadurch eine größere Bedeutung

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✔Einmal Tod ist nicht Tod genug - A X-Men Story✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt