„The only thing standing between you and your goal is the bullshit story you keep telling yourself as to why you can't achieve it."
(Jordan Belfort)
Meinen Eltern die Niederlage zu offenbaren, ist das Allerschwerste. Ich habe das Gefühl, sie enttäuscht zu haben, noch bevor ich überhaupt mit ihnen gesprochen habe.
„Hey", sage ich, als ich mich abends endlich dem Gespräch mit ihnen stelle.
„Schatz! Und?", fragt meine Mutter sofort. Noch ist sie voller Euphorie. Noch glaubt sie, dass heute ein siegreicher Tag für mich war.
Auch mein Vater erwartet meine Antwort gespannt.
„Ich hab's vermasselt", teile ich ihnen schließlich mit, den Kopf halte ich gesenkt. Denn ihre Blicke könnte ich jetzt sicher nicht ertragen. Es reicht schon, sie nur auf mir zu spüren.
Meine Augen werden feucht. Nein. Nicht schon wieder.
Glücklicherweise bleibt es bei vereinzelten Tränen.
„Das tut uns so leid für dich", sagt mein Vater.
„Aber das macht nichts!", lenkt meine Mutter sofort ein.
Ich sehe, dass mein Vater zustimmend nickt, als ich wieder aufschaue.
„Nächstes Mal wird es besser laufen", meint er.
Ich bin mir nicht sicher, ob es ein nächstes Mal geben wird. Gerade bin ich sehr versucht, alles zu schmeißen.
Ich könnte meine Träume begraben und einen ganz anderen Weg einschlagen. Einen, für den ich nicht zu dumm bin.
Denn das bin ich. So grenzenlos dumm, viel zu dumm für den Weg, den ich gehe.
Genau das gestehe ich mir nun vor meinen Eltern ein: „Ich denke nicht, dass ein neuer Versuch etwas bringen wird."
Und ich weiß auch nicht, ob ich einer zweiten Niederlage gewachsen wäre.
„Du willst aufgeben?", fragt mein Vater.
Es ist meine Entscheidung. Letztendlich können sie mich nicht dazu zwingen, einen zweiten Anlauf zu starten.
„Ich glaube schon. Es hat doch keinen Sinn, es nochmal zu versuchen. Ich würde bloß wieder scheitern."
Ich sollte es einfach gut sein lassen.
„Das ist doch Schwachsinn. Natürlich wirst du es schaffen", kommt es prompt von meiner Mutter.
„So sicher wäre ich mir da nicht."
„Du bist einmal gescheitert, aber deswegen wirst du doch nicht zwangsläufig nochmal scheitern. Du solltest nicht aufgeben", mischt sich auch mein Vater ein.
Mir ist eigentlich klar gewesen, dass sie es nicht verstehen würden.
„Ich denke, ich kann am besten beurteilen, wie groß meine Chancen sind, es beim zweiten Mal zu schaffen. Und sie sind echt gering."
„Du bist frustriert, das verstehen wir."
„Ich bin nicht einfach nur frustriert, ich weiß um die Fehler, die ich gemacht habe. Und ich habe eine Menge gemacht."
„Du wirst diese Fehler nicht nochmal machen", beteuert meine Mutter.
„Es ist ganz gewiss noch nicht an der Zeit, aufzugeben", fügt mein Vater hinzu.
„Die Lage mag dir gerade aussichtslos erscheinen, aber sie ist es nicht. Du wirst dein Ziel erreichen, da bin ich mir ganz sicher."
„Du hast das Zeug zum Gewinnen."
„Zum Aufgeben ist es viel zu früh."
„Wir wissen, wie wichtig dir das ist. Du solltest kämpfen."
Sie wechseln sich mit ihren klugen Sprüchen ab, doch sämtliche Worte prallen an mir ab.
„Ich habe aber keine Kraft zum Kämpfen. Es tut mir leid."
Und dann trete ich den Rückzug an, weil ich das Gespräch nicht mehr aushalte.
„Aber-", höre ich meine Mutter noch sagen.
Weiter kommt sie nicht, denn mein Vater fällt ihr schon ins Wort. Sagt ihr, dass sie mir Zeit geben müsse.
Aber Zeit wird nichts bringen.
Mein Verstand hat tausend gute Gründe auf Lager, warum ich niemals bestehen werde. Und er wird sie auch morgen noch haben.
Auch wenn ich wünschte, dass es nicht so wäre.
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Ein Schritt zurück
Short Story„Ein Schritt zurück ist nicht immer ein Rückschritt." Kurzgeschichte über eine Niederlage, an der jemand wuchs. (c) kvnstlermxdchen All Rights Reserved April 2018