Ich öffne die Augen, meine stoßhafte Atmung und mein unruhiger, schneller Herzschlag normalisiert sich. Heilige Scheiße! Ich sehe mich um mit einen leichten Schleier vor Augen, erst jetzt höre ich das unruhige piepen neben mir. Bin ich im Krankenhaus? Meine Sicht wird schärfer und der kleine, weiße Raum verstärkt meine Vermutung. Was mache ich hier? Ein Klopfen an der großen metallisch schimmernden Tür, links von mir unterbricht mein denken.
,,Ja?", murmle ich mit rauer Stimme. Gott, ich brauche Wasser! Die Tür öffnet sich und ein Arzt kommt herein. ,, Sie sind wach, das freut mich! Wie geht es ihnen?", fragt der Arzt förmlich. ,, Ganz ok denke ich. Könnte ich etwas Wasser bekommen?", krächze ich. ,,Natürlich.", er sieht zu einer Schwester rechts von ihm die sofort aus dem Zimmer eilt. ,, Wissen Sie warum Sie hier sind?", damit ging die Fragerunde los, zwischendurch bekam ich das Wasser und einige Geräte wurden entfernt und aus dem Zimmer gebracht. ,,Ich werde mich heute um eine Verlegung kümmern, Sie werden auf eine normale Station kommen und dort noch für ein paar Tage zur Kontrolle behalten.", sagt der Arzt, welcher sich als Dr. Gutsche entpuppte und lässt mich in dem sterilen Zimmer allein.
Ich wurde von Janis komplett unterkühlt gestern Mittag ins Krankenhaus gebracht und habe bis jetzt geschlafen. Mit erstaunlich viel Glück habe ich mir nichts eingefangen und darf deswegen, gleich heute früh auf die normale Station und nicht noch länger auf der Intensivstation verweilen.
Ich sehe gelangweilt aus dem Fenster, seit einer Stunde liege ich jetzt auf der normalen Station alle Geräte sind entfernt und wenn nichts weiter passiert darf ich morgen gehen. Erneut klopft es an der Tür und richte mein Blick auf den Besucher, welcher mich nicht beachte und zu meiner Nachbarin geht, scheinbar darf Sie gehen, denn ihre Taschen sind gepackt und nach einer kurzen Begrüßung verlassen sie das Zimmer ohne mich anzusehen. Endlich Ruhe! Sie hat mich zwar ignoriert allerdings hatte sie ihren Fernseher auf höchster Lautstärke und dies brachte mein Kopf zum dröhnen. Es ist so unfassbar stark und selbst durch die Massage meiner Hände an den Schläfen wird es nicht besser, verzweifelt suche ich nach der Klingel und drücke sie, nachdem ich sie neben mir am Bettgestell befestigt finde. Nach kurzen warten, kommt eine freundliche Schwester mit blonden Haaren herein. ,,Könnte ich etwas gegen diese schrecklichen Kopfschmerzen bekommen?", frage ich mit schmerzverzogenen Gesicht. ,, Selbstverständlich, ich bringe ihn etwas." Sie verschwindet aus dem Zimmer und ich lege mich zurück auf das zerknautschte Kissen. Wie viele Köpfe es schon tragen musste? Wie viele Menschen schon auf diesen Bett lagen? Ich glaube, ich werde langsam aber sicher verrückt. Erneut ein Klopfen an der Tür. Wie oft habe ich es heute schon Klopfen gehört? ,,Herein!", rufe ich aber es kommt niemand. Einbildung? Nach wenigen Minuten klopft es wieder. Ich sage nichts immerhin kommt im Krankenhaus sowieso jeder in die Zimmer reingerannt. Dieses Mal habe ich mich nicht geirrt, denn die Schwester von gerade eben kommt mit meiner Tablette und ich spüle sie schnell mit Wasser hinunter. ,,Danke.", murmle ich, Sie nickt nur und geht aus dem Zimmer. Warum besucht mich eigentlich niemand? Bevor ich komplett verrückt werde, beschließe ich mich ein wenig umzusehen auch wenn die Kopfschmerzen nicht komplett weg sind. Ich rutsche zur Bettkante und werfe ein Blick auf meine Kleidung, erstaunlicherweise trage ich meine Kleidung von gestern und neben meinen Bett stehen sogar ein paar Schuhe von mir. Ich hab echt einiges verpasst, als ich geschlafen habe. Schnell Schlüpfe ich in die einzigen Schuhe die ich mit zu meinen Eltern genommen hatte und gehe aus dem Zimmer. Nachdem ich mich bei einer Schwester abgemeldet habe, laufe ich den Gang entlang und gelange letztendlich auf eine Art Balkon. Der kalte Wind kommt mir entgegen geschlagen und bläst mir meine Gedanken aus den Kopf, außer ein Gedanke welchen ich bis jetzt verdrängt hatte. Ein eisiger Schauer läuft mir über den Rücken setzt sich fest in meinen Gliedern und zwingt mich zu Boden. Alvaro. Eisig, bittere Tränen laufen mir übers Gesicht als sich die Tür zwischen Aufenthaltsraum und Balkon öffnet und sich ein Arm um mich legt ohne aufzuschauen kuschle ich mich an den warmen, schützenden Körper. ,,Vielleicht solltest du doch wieder mit der Therapie anfangen.", meint Janis. Mit den Handrücken wische ich mir meine Tränen weg und nicke dann leicht. ,,Komm wir gehen rein, die anderen warten in deinem Zimmer." Er steht auf und reicht mir seine Hand, dankend nehme ich diese an, gemeinsam gehen wir zu den anderen und ich lege mich in mein Bett. ,,Schatz, was machst du nur für Sachen? Wieso läufst du einfach weg?", fragt meine Mutter besorgt und greift nach meiner Hand. ,,Mum, es ist doch alles gut. Es war bloß alles zu viel.", versichere ich ihr, drücke ihre Hand und sehe zu mein Vater welcher wild in Zimmer herum tigert. ,,Papa setz dich doch, du machst mich ganz verrückt.", lächle ich ihm zu und biete ihn ein Platz neben mir an. ,,Seit du aus Spanien zurück gekommen bist, hat sich was verändert, besser gesagt du hast dich verändert und selbst als du mit Jacob zusammen warst, war immer ein Funke Angst in dein Augen zu sehen. In den paar Tagen die du bei uns warst, wurde diese Angst immer sichtbarer in deinen Augen und jetzt will ich wissen was in Spanien passiert ist." Mein Vater sieht mich fordernd an, hilfesuchend blicke ich zu mein Geschwistern am Bettende. ,,Sie braucht Ruhe, Pappa. Klären wir das doch ein anderes Mal.", versucht Finja mir zu helfen aber er beruhigt sich nicht und kommt nun an mein Bett gelaufen. ,, Was ist passiert Neea oder soll ich deine damalige Therapeutin fragen?" Woher? Woher weiß er das? Unhaltbare Tränen bahnen sich den Weg über meine Wangen. Ich bin in letzter Zeit so extrem emotional, dass kenne ich gar nicht von mir. Mir wird augenblicklich Übel, schnell kämpfe ich mich zu der winzigen Badnische vor und würge den wenigen Inhalt in mir hervor. Janis ist es, welcher mir die Haare aus dem Gesicht nimmt und die Tür schließt. ,,W-Wie? Wie ist das m-möglich?", bringe ich zwischen den widerlichen Würgereizen hervor. ,,Ich weiß es nicht, aber ich kümmere mich darum.", sagt er mitfühlend und reicht mir etwas Papier, dankend nahm ich es an und lehnte mich an die Wand hinter mir. ,,Ich weiß einfach nicht was momentan mit mir los ist.", murmle ich während ich meine Knie näher an mein Körper ziehe. ,,Lass dir Zeit, ich kläre das!" und so schnell wie er gekommen war, verließ er das kleine Räumchen wieder. Wieso kommt alles mit ein Mal? Ich hatte seit Jahren keine Flashbacks mehr und seit Jahren war ich nicht so Emotional , ich habe immer alles runter geschluckt und verdrängt. Und jetzt scheint alles vergeblich.
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Wintergeflüster
RomanceIm kalten Finnland spielt die Geschichte von Neea und ihrer Vergangenheit in Spanien und Deutschland. Zwischen Hass und Liebe. Zwischen Misstrauen und Vertrauen. Zwischen ihm und ihr. Ausschnitt: Wir nähern uns dem Besucherraum immer mehr, Schritt...