Seit einer halben Stunde stehe ich nun draußen in der Kälte und warte darauf das mich meine Schwester abholt, ich habe mich nach meinen Ausraster und einer gefühlten Stunde heulen dazu entschlossen es doch nochmal mit der Klinik zu versuchen. Kurzfristig alles notwendige zusammen gepackt und dann Finja gefragt ob sie mich holen kann.
Als ein schwarzer SUV vor mir hält und meine zierliche Schwester herausspringt, umarme ich sie nur kurz, werfe meine Kleidung auf den Rücksitz und lasse mich auf den Beifahrersitz nieder. Der Motor erklingt, die gewöhnliche Musik läuft im Hintergrund und ohne ein Wort zu wechseln fährt sie den Weg zur Klinik. Meine Augen folgen den wenigen Menschen auf der Straße, welche um die Feiertage herum nur ein paar Familien sind die vielleicht die letzten Einkäufe für Silvester tätigen und die Läden welche glitzern und funkeln mit all ihrer Deko. Das vibrieren meines Handys holt mich in die Realität zurück, es war eine Nachricht von Janis. >Hey Schwesterherz, ich finde es toll das du dich doch noch für die Klinik entschieden hast. Denk dran wir stehen immer hinter dir.< Jetzt steht er also hinter mir? Na vielen Dank auch. Ich geh nicht auf seine Nachricht ein, stecke mein Handy in die Jackentasche und lasse mich am Sitz langsam in eine bequeme Position gleiten. Noch eine Stunde würde es ungefähr dauern, bevor ich wieder einen strikten Alltag zu folgen habe und etliche Psychiater mich diagnostizieren und mir helfen wollen. „Neea?" Ich wende mein Blick zu meiner Schwester, welche den Blick abwechselnd zu mir und auf die Straße richtet. „Hmm.?" „Dir geht es nicht gut mit dieser Entscheidung, nicht wahr?" Ich sehe meine Schwester an und mein Blick lässt verraten was meine Antwort ist also spricht sie weiter. „Ich will damit ja nur sagen das du es dieses Mal vielleicht länger aushältst in der Klinik und nicht nur einen Monat." „Du warst noch nie dort Finja. Du weißt nicht wie es dort läuft." Ich drehe die Musik lauter um zu zeigen, dass das Gespräch für mich beendet ist, ich nehme noch wahr wie sie leicht den Kopf schüttelt respektiert es aber trotzdem. Nach einer Stunde voller Schweigen sehe ich die Klinik vor mir heran wachsen und werde in meinem Sitz immer kleiner. Ich spüre wie mein Herz gegen meine Rippen schlägt und der Wille zu verschwinden in mir anwächst. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Als Finja den Wagen stoppt und ein Blick zu mir wirft, hält sie ein Moment inne, was mich darauf schließen lässt das ich von außen nicht besser aussehe als von innen. Sie zieht mich plötzlich in eine Umarmung,welche mich spüren lässt wie kalt ich bin und mich sofort zum Zittern bringt. „Du schaffst das.", sagt sie mit weicher Stimme und springt aus dem Auto, ich folge ihr und schnappe mir noch meine Tasche vom Rücksitz bevor ich mit unsicheren Schritten auf das bedrohliche Gebäude zugehe. An der großen Eingangstür bleibe ich stehen, überlege wieder umzudrehen und weg zu rennen wie die vielen anderen Male, doch Finja packt mich einfach am Arm und zieht mich hinein. Drin angekommen um gibt mich eine warme Luft und zu Beginn nimmt mich keiner wahr, noch könnte ich gehen einfach umdrehen und raus aus diesem Sprichwörtlichen Irrenhaus. Doch Finja weicht mir nicht von der Seite zieht mich bestimmenden Schrittes zur Info um nachzufragen wo sich unser Ziel befindet und geht anschließend zum Aufzug, um in das erste Geschoss zu fahren. Dort werden wir von der gleichen grauenhaften Schwester, wie beim letzten Mal in Empfang genommen und ohne großes Gerede erstmal in mein Zimmer gesteckt mit der Nachricht das sich gleich jemand kümmern würde. „Wie lang hast du eigentlich noch frei?", fragte mich Finja während sie sich in dem spärlich eingerichteten Zimmer umsieht. „9.2 wieso?", antworte ich mit einer genervten Gegenfrage. Sie lässt sich neben mir auf das Bett nieder, wirft mir einen kurzen Blick zu und starrt dann den alten Holzschrank gegenüber von mir an. „ Bleibst du wenigstens so lang?" Ihre Stimme wirkt brüchig und ich merke wie sie den Tränen nah ist, ich weiß das sie es nur gut meint und denkt das alles besser wird, wenn ich hier für wenigstens sechs Wochen ausharre und am besten noch mit Jakob Kontakt aufnehme. „Bitte. Versprich es mir.", sind weitere zwei Sätze die sie nur schwer über die Lippen bringt. „Das sind zwei Wochen mehr, wie letztes Mal Schwesterchen. Denkst du wirklich die machen ein Unterschied? Und außerdem muss ich in mein Semesterferien eigentlich noch einiges für mein Studium tun, du weißt das es sich langsam dem Ende neigt." „Dann ist das doch der perfekte Ort hier. Du hast deine Ruhe und sitzt direkt an der Quelle.", entspringt es ihr mit zu viel Euphorie, welche sie nicht zu merken scheint und lächelt mich an. „Das war definitiv die schlechteste Antwort.", sage ich kalt und beginne den Schrank mit den wenigen Sachen zu füllen die ich habe und die kleine Waschnische einzurichten. Ich habe mich meinen Schicksal nun wirklich endgültig hingegeben und falle wieder auf das alte knarrende Bett.
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Wintergeflüster
RomanceIm kalten Finnland spielt die Geschichte von Neea und ihrer Vergangenheit in Spanien und Deutschland. Zwischen Hass und Liebe. Zwischen Misstrauen und Vertrauen. Zwischen ihm und ihr. Ausschnitt: Wir nähern uns dem Besucherraum immer mehr, Schritt...