Kapitel 7

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Sofort denke ich an den Jungen, welcher mir auffiel durch sein strahlendes Augenpaar. Jeder lief an uns vorbei als wir einfach nur auf den Platz standen und uns ansahen. Ich bin auf dem Unigelände, alles was ich hier sehe erinnert mich an ihn und ich setzte mich auf die Bank, welche im Mondlicht schimmert. Moment Mondlicht? Wie spät haben wir es denn? Mit ein paar ungeschickten Handgriffen habe ich endlich mein Handy in der Hand und werfe ein Blick auf das Display. 23:17 Uhr. Heilige Scheiße! Mit aller Kraft die in meinen erschöpften Körper übrig geblieben ist, stehe ich auf. Wann hab ich denn das letzte Mal gegessen? Heute früh oder doch schon gestern? Was ist nur los mit mir? Busse fahren um diese Zeit nicht mehr und bis zu meinen Eltern ist es viel zu weit. Mia wohnt nicht weit weg aber zu ihr werde ich nicht gehen, bleibt mir nichts anderes übrig als in meine Wohnung  zu gehen. Hab ich denn überhaupt mein Schlüssel mit? Egal, damit beschäftige ich mich, wenn ich da bin. Meine schweren Beine tragen mich durch die leblose Nacht, durch den gräulichen Nebel in meinen Kopf bis vor meine  Tür. Meine Hand durchwühlt alle Taschen aber mein Schlüssel scheint nicht auffindbar, durch das leise fluchen geweckt steht meine Nachbarin hinter mir. Eine freundliche, alte Dame die mir schon aus einigen schwierigen  Situationen geholfen hat, steht an der Tür mit meinen Schlüssel in der Hand. ,,Haben wir da nicht etwas vergessen?", lächelt sie und wirft den fehlenden Gegenstand in die Hände. ,,Wenn ich Sie nicht hätte! Dankeschön.", lächle ich erfreut und öffne die Tür. ,,Du sollst mich doch nicht siezen, das wirkt so alt.", lacht sie und hält mir noch eine Flasche Wein entgegen. ,,Auf ein Glas bei dir?" Ich lächle und bitte sie herein, mit ihren 65 Jahren ist sie um einiges älter als ich wirkt aber noch so jung, das ich sie gerne als Freundin um mich habe. In Finnland bleibt man jung, was mich auf eine schöne Rente hoffen lässt. Ich freue mich schon auf Reisen in ferne Orte, einmalige Erlebnisse mit meinen Mann erleben und die Freiheit spüren. Ein leichtes seufzen entweicht mir, als ich meine Kleidung aufhänge und in die kleine, modern eingerichtete Küche gehe.  ,,Kleines, wo hast du nur wieder deine Gedanken?" ,,Alles gut Mona. Erzähl war deine Familie da?", lächle ich und schenke uns den Wein ein. Unzählige Stunden später, die Sonne klettert schon langsam die Dächer hoch, beschließt sie zu gehen. Immerhin muss ihr Kater Carlos gefüttert werden und außerdem benötige ich ja noch ein wenig schlaf. Ja wir haben die ganze Nacht über die letzten Tage geredet und gelacht, sie weiß auch von Mia's Idee mich in eine Klink zu stecken und findet es absurd überhaupt an ein Aufenthalt dort nachzudenken. ,,Tschüss Mona, einen schönen Tag wünsche ich dir.", verabschiede ich sie und schließe die Tür, um in der Küche die nächtlichen Überreste zu beseitigen, als ich endlich fertig bin lasse ich mich auf meine Couch fallen und sehe nach draußen. Bevor ich einschlafe werfe ich noch ein Blick auf mein Handy, beantworte die Nachrichten von meiner Familie und falle dann in einen kurzen, erholsamen Schlaf.

,,Ich komme verdammt nochmal." genervt rolle ich von der Couch und laufe zur Tür ohne nachzusehen wer auf der anderen Seite auf mich wartet, öffne ich sie und sehe mit müden Augen in die vor Erleichterung glänzenden Augen meines Bruders. ,,Was machst du denn für Sachen?", fragt er mich und quetscht sich währenddessen zwischen der Tür durch. ,,Was soll ich denn machen? Du hast mich doch bei Mia ausgesetzt und dann musste ich ja irgendwo schlafen." ,,Was ist mit der Klinik? Hast du schon gepackt?" ,,Ihr wollt mich also loswerden,..wie nett von euch." ,,Du gehst also nicht?" ,,Ich geh in keine Klinik. Nie wieder!" ,,Neea, bitte!" ,,Nein und jetzt raus oder ich ruf die Polizei!" ,,Komm mal runter, ich bin dein Bruder!" ,,Und ich deine Schwester, das ändert aber nichts an der Sache das du jetzt gehen sollst." ,,Mia hat recht, du bist total Irre!", mit diesen Worten verlässt mich  mein Bruder und ich bleibe wie ein Häufchen Elend im Flur stehen. Wie konnte das denn so schnell eskalieren? Ist es wirklich meine Schuld? Bin ich so Irre, das ich es gar nicht mehr merke?

WintergeflüsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt