Kapitel 1

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Asha öffnete die Augen, und helles, blendendes Sonnenlicht schien auf ihre Augen. Sie blinzelte und setzte sich auf, dann blickte sie sich um. Asha wusste nicht mehr wo sie war und erschrocken sah sie um sich. Sie stand schnell auf und ein Schmerz durchzog ihren Rücken. Sie sah nach unten; sie hatte auf einem Steinboden mit Stroh geschlafen. Sie musste wohl gestern hier eingeschlafen sein.

Sie streckte sich und ignorierte ihren schmerzenden Rücken. Dann lief sie zu den Pferden, die einen großen Stall mit viel Auslauf hatten, und ihre Beine trugen sie automatisch zu der Box von Rubin, ihrer schwarzen Stute. Sie schnaubte, als sie ihre Besitzerin sah und Asha machte ihre Box auf und führte sie raus. Naja, führen konnte man das nicht nennen. Asha lief einfach los, und sie lief ihr hinterher, weil sie ihr vertraute und außerdem wusste, wohin es ging. Draußen öffnete sie das Gatter zu der großen Weide und Rubin lief los, dann drehte sie sich um und lief zurück zum Stall. Sie hatte das Gatter offen gelassen, weil sie noch die anderen holen musste. Asha öffnete einfach nur die Boxen und die anderen Pferde trabten zur Weide. Hinter ihnen schloss sie das Gatter wieder und lief zum Haus.

Drinnen machte sie sich an die Arbeit; sie fing an das Haus zu putzen und Wäsche zu waschen, schnitt Gemüse für ihre Mutter vor und deckte den Tisch. Sie machte die Betten von allen anderen aus der Familie und fing an, Suppe für ihre bald aus der Schule kommenden Geschwister zu kochen. Sie kamen hungrig nach Hause und Asha aß mit ihnen Suppe und half ihnen danach bei ihren Hausaufgaben. Zwischendurch fütterte sie die Pferde und räumte den Stall auf. Am Abend kam ihre Stiefmutter wieder und wollte, dass Asha noch Holz hacke und für sie und ihren später kommenden Vater koche. Das war echt zu viel. ,,Nur weil mein Vater noch nicht da ist, heißt das nicht, dass du mich wie eine Sklavin zu allem einteilen kannst! Ich habe den ganzen Tag gearbeitet während du weg warst. Du hast gesagt, wenn ich meine sogenannte Strafe abgearbeitet habe, darf ich wieder zur Schule gehen. Und das ist morgen."
Asha stellte sich provokativ vor sie. Ihr Vater hatte ihre Stiefmutter nach dem Tod ihrer Mutter geheiratet und sie konnte Asha wegen ihrer Mutter nicht leiden. Sie erlaubte ihren Kindern alles, ihr nichts. Sie teilte sie nie zu irgendeiner Arbeit ein, Asha aber zu jeder, die sie ihr aufdrängen konnte. Sie war nicht eifersüchtig auf ihre kleinen Geschwister, auf die elfjährige kleine Schwester Kim und den 8 jährigen kleinen Bruder Mike und auf gar keinen Fall auf die 2 jährige kleine Amber. Aber nur weil ihre Stiefmutter Ashas Mutter hasste, musste sie doch nicht alles an ihr auslassen, sobald Ashas Vater nicht in der Nähe war. Sie blickte Asha mit kalten Augen an. ,,Da du deine Arbeiten zwar erledigt hast, aber", sie wischte mit dem Finger über den Esstisch ,,nicht ordentlich ausgeführt hast, musst du noch eine Woche dazu machen." Sie grinste sie fast höhnisch an.

Asha drehte sich wütend um und lief nach draußen. Sie sagte nichts mehr dazu, sie würde mit ihrem Vater darüber reden. Die Sonne ging bereits unter, als Asha zur Weide lief.

Sie wartete nun schon eine Weile auf ihren Vater und dachte nach. Er müsste eigentlich schon da sein. Asha entschied, ihm entgegen zu reiten. Sie sattelte Rubin und ritt mit ihr die Straße in die einen Tag weit weg liegende Stadt.

Sie ritt schon eine Weile, als Asha eine umgekippte Kutsche entdeckte; die Kutsche ihres Vaters. Sie bekam Angst und trieb Rubin auf die Kutsche zu und stieg ab. Dann lief sie eilig zu der nach oben zeigenden Tür und machte sie auf. Ihr Vater lag unten und mit blutendem Kopf und geschlossenen Augen da und Asha zog ihn raus. ,,Vater? Vater wach auf!", er öffnete blinzelnd die Augen und erst da bemerkte sie den tiefen und blutenden Schnitt an seiner Kehle. Sie nahm ihr Messer, schnitt sich einen Teil ihres Ärmels ab und presste dieses auf die Wunde. Er keuchte und röchelte nach Luft. ,,Halte durch, ich werde Hilfe holen, Vater!",sagte Asha mit bebender Stimme aber er schüttelte kaum merklich den Kopf. Er öffnete den Mund und flüsterte unter hoher Anstrengung: ,,Zu spät, Liebes. Asha, sie sind hinter dir her, du musst fortgehen! Gehe heute Nacht, und" ein Hustenanfall unterbrach ihn und er spuckte Blut. ,,Nimm dich in Acht..." erneutes Husten. Vor er hechelte schwach und versuchte noch etwas zu sagen, aber dann schnappte er nur noch nach Luft. Sein Blut sickerte durch Ashas Sachen und sie drückte ihn an sich. Tränen füllten ihre Augen und liefen über ihre Wangen, und ihr Vater schnappte weiter schwach nach Luft, bis er endlich von dem Grauen erlöst wurde. Seine Gesichtszüge und sein gesamter Körper entspannten sich und seine Augen wurden leer. Ashas Hals entrang ein lautes Schluchzen und sie stand auf, mit ihrem toten Vater im Arm und ritt zurück zum Hof.

Asha legte Vater in sein Bett, ihre Stiefmutter redete hysterisch auf sie ein, aber Asha hörte sie nicht, ihre Stimme hallte aus weiter Ferne zu ihr. Sie weinte, aber sie hatte keine Zeit, um ihren Vater zu trauern, sie musste weg, das hatte er gesagt. Asha verließ das Zimmer; ihre Stiefmutter hatte aufgehört, auf sie einzureden und kauerte wie eine kleine, schwache Gestalt neben seinem Bett. Asha lief in ihr Zimmer, holte ihre Tasche, lief schnell nach unten und packte sich Brot und alles Notwendige als Proviant ein. Dann lief noch einmal nach oben. Sie zog sich um und packte ein paar Klamotten ein. Asha zog ihre Rüstung an; es war keine Ritterrüstung oder so was, es war ein gepanzertes Outfit aus Drachenhaut; dadurch konnten keine Schwerter und kein Feuer an die Haut gelangen. Ashas Vater hatte sie ihr geschenkt, und er war es auch, der ihr das Kämpfen mit einem Schwert und das Bogenschießen beigebracht hatte. Sie hatte es schon als kleines Kind gelernt und konnte es jetzt viel besser als ihr Vater. Besser gesagt als er es (konnte) gekonnt hatte. Als Asha wieder an ihren Vater denken musste, füllten sich ihre Augen erneut mit Tränen aber sie unterdrückte sie. Sie hatte keine Zeit zu trauern. Jetzt noch nicht.

Sie zog sich fertig an und nahm ihr Schwert von der Wand. Es war ein schlichtes, mittellanges, ohne großen Aufwand. Sie befestigte die Scheide mit einem Gürtel an ihrer Hüfte und nahm ihren Kescher mit Pfeilen von der Wand. Sie würde ihn an den Hals von Rubin hängen; den Bogen befestigte sie an ihrem Rücken, sie konnte ihn mit einem schnellen Griff über die Schulter sofort wieder nehmen. Sie hatte alles dabei und schrieb schnell einen Abschiedsbrief:

Macht euch keine Sorgen, Papa wollte es so. Ich komme wieder. Irgendwann vielleicht. Asha war super schlecht in sowas.

Sie nahm ihre Tasche und schaute durchs Fenster. Es wurde schon dunkel, sie konnte bald los, sie musste nur dafür sorgen, dass ihre Stiefmutter sie nicht aufhalten kann. Asha machte ihre Tür so leise wie möglich auf und schlich nach draußen, durch den Flur zur Treppe. Sie sah noch einmal bei Kim vorbei, Asha würde sie vermissen. Sie gab ihr einen schwachen Kuss auf die Wange und murmelte: ,,Wir sehen uns wieder, verspochen." Dann verließ Asha ihr Zimmer wieder und ging die Treppe runter. Sie lief auf Zehenspitzen und versuchte, so leicht wie möglich aufzutreten, damit niemand wach wurde. In der Küche nahm sie sich noch ein paar Möhren und Äpfel für Rubin und schlich nach draußen in die Dunkelheit. Sie lief zum Stall, holte Rubins Sachen und sattelte sie. Die Stute spürte Ashas Unruhe und schnaufte. ,,Alles gut, meine Süße. Wir müssen von hier weg, tut mir leid." Rubin sah sie an, mit diesen großen Augen, und es kam Asha vor, als hätte die Stute sie genau verstanden, denn sie hielt still und blieb ruhig. Schließlich stieg Asha auf und ritt mit ihr in die Nacht hinein, ohne zu wissen, wo sie hinsollte.

Ashas StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt