Kapitel 10: Even

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Damian hatte sie doch wohl nicht mehr alle. Was war nur bei dem falsch gelaufen. Ich hatte nicht all zu viel Zeit mich über den Älteren zu ärgern denn schon kam meine Mutter auf mich zu. "Wo warst du Even? Und wer war das mit dem Motorrad? Nächstes mal sagst du mir vorher Bescheid wenn du so lange weg bleibst. Ich habe mir Sorgen gemacht. Was wenn dir etwas passiert wäre? Was wenn ihr einen Unfall gebaut hättet?", sie sprach so schnell das ich sie kaum verstand. Wie lange war ich überhaupt weg gewesen wenn meine Mutter so ausrastete... ein kurzer Blick auf mein Handy schien diese Frage zu beantworten. Ich war tatsächlich gute drei Stunden draußen gewesen. Ich konnte kaum glauben das ich es so lange mit Damian ausgehalten hatte ohne den Verstand zu verlieren.

"Hörst du mir überhaupt zu?", meine Mutter sah mich durchdringlich an. "Tut mir leid. Ich hatte nicht vor so lange weg zu bleiben.", ich war selbst etwas überrascht was man mir wohl anmerkte, denn meine Mutter nickte nur. "Okay... dann geh jetzt hoch. Wir reden morgen darüber.", mit diesen Worten deutete sie auf die Treppe und entließ mich aus dem Gespräch.

Schnell machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Ich war immer noch etwas sauer auf Damian. Er machte mich mit seinen Andeutungen einfach wahnsinnig. Immerhin war klar das er nichts von mir wollte, machte das ganze aber nicht zwingend angenehmer oder erträglicher.

Ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen. Eigentlich war der Ausflug doch ganz nett gewesen. Auch wenn Damian es mir schwer machte. Ich konnte doch auch nichts dafür das ich ständig rot wurde. Das war schon immer so und ich wusste wirklich nicht wie ich es unterbinden sollte. Und das Damian seinen Spaß damit hatte machte es nur schlimmer.

Vermutlich dachte er, er sei unantastbar. Keine Ahnung ob das von seinem Motorrad kam, am Alter lag oder daran, dass die meisten einfach Angst vor ihm hatten. Außer Rahul natürlich, aber es war ja schließlich auch sein Job ihn unter Kontrolle zu halten. Tatsache war, dass ich nicht die geringste Ahnung hatte was in Damian vor ging. Ich wusste auch nicht, warum es mich so brennend interessierte was er dachte. Man konnte sagen alles in allem war mir der Ältere ein Rätsel und aus mir noch unerfindlichen Gründen hatte ich das Bedürfnis dieses Rätsel zu lösen.

Nachdem ich mich umgezogen hatte und im Bad war machte ich mich wieder auf den Weg ins Bett. Ich war schrecklich müde. Auch wenn es einem vermutlich nicht so vorkam. Aber der Tag war schrecklich anstrengend für mich gewesen. Sozial Kompetenzen waren etwas womit ich doch zu kämpfen hatte. So sehr ich den Ausflug mit Damian auch genossen hatte, ich war völlig fertig vom nichts tun.

Schon komisch. Als ich vor knapp einer Stunde nach Hause kam war ich noch echt sauer auf Damian gewesen und jetzt empfand ich unseren Ausflug sogar als angenehm. Wirklich merkwürdig.

Ich konnte nicht sagen ob ich mich freute das ich so etwas wie einen Freund gefunden hatte oder ob es mir eher angst machen sollte. Damian schien nicht der Typ von Mensch zu sein mit dem man gerne befreundet war.

Warum dachte ich überhaupt darüber nach. Wir hatten einmal etwas miteinander unternommen. Und die anderen Begegnungen waren nicht zwingen als angenehm zu bezeichnen. Außerdem konnte ich mir mehr als gut vorstellen das der Ältere nicht wirklich mit einem kleinen, verängstigten Asiaten befreundet wäre.

Ich verkroch mich unter meiner Decke. Ich wusste wirklich nicht womit ich meinen Samstagmorgen verbringen sollte. Es wurde vermutlich schrecklich langweilig. Es war schon merkwürdig wie viel Dualität sich plötzlich in meinen Gedanken-Gängen fand. Auf der einen Seite hatte ich nicht wirklich lust einen ganzen Tag nichts zu tun. Auf der anderen Seite wünschte ich mir der morgige Tag würde nie kommen, denn ich wusste das Sonntag die Hölle werden würde.

Jedes in der Öffentlichkeit aufhalten war für mich die Hölle, das musste ich zugeben. Aber ein Geschäftsessen mit Vertragspartnern meines Vaters war grauenvoll. Man saß da, ließ sich ignorieren und musste nett aussehen während man den lächerlichen Gesprächen der anderen zuhörte. Nicht zwangsläufig meine liebste Beschäftigung.

Früher konnte ich mich noch mit lernen rausreden, doch mittlerweile zog das nicht mehr. Mein ganzer Tag bestand aus lernen. Ich hatte schlicht nichts besseres zu tun. So ganz ohne Freund und ohne wirkliche Hobbies saß ich eben den ganzen lieben langen Tag in meinem Zimmer.

Ich spielte Klavier, Cello, lernte oder sah mir irgendeinen Bullshit auf YouTube an. Etwas so langweilig wie es sich anhört waren all meine Tage.

Mein Leben war ein einziges vor sich hin Vegetieren und darauf warten das alles irgendwann endete. Das alles Vorzeit zu beendet war nie eine wirkliche Option gewesen. Klar hatte ich viele Stunden damit verbracht darüber nach zu denken. Doch am Ende kam ich immer zu dem Schluss das ich meiner Mutter das nicht an tuen konnte. Sie hatte so viel Zeit, Nerven und Arbeit darin investiert das ich Hilfe bekam. Sie hatte Nächte lang an meinem Bett gesessen und versucht mir die Angst vor all den Dingen zu nehmen. Jahre lang hatte sie versucht mir aus eigener Kraft versucht mir zu helfen. Erst als sie keine Ideen mehr hatte, hatte sie sich an meinen Vater gewendet. Und auch dort hatte sie lange für mich gekämpft. Also hatte ich entschieden ihr zu liebe einfach aus zu harren.

Alles in allem hatte ich das Gefühl das dass nicht immer die beste Idee gewesen war aber an manchen Tagen freute ich mich über diese Entscheidung. Depression bedeuteten ja nicht das alles immer schlecht war, ich hatte durchaus gute Tage. Und Angststörungen bedeuteten eben auch nicht das mir alles Angst machte. Nur eben vieles auf eine heftige, irrationale Weise.

Wie dem auch sei. Samstag würde ein schrecklich normaler Tag werden.

Mein Problem lag am Sonntag, und das wissen das es sich nicht verhindern oder umgehen ließ machte es nun wirklich nicht besser.



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