f ü n f u n d z w a n z i g

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Durch den Alkohol wird mein Körper von einem Taubheitsgefühl durchdrängt, was ich gerade mehr als begrüße. Ein starkes Piepsen dröhnt durch meinen leeren Kopf und lässt mich alles um mich rum verschwimmen, wie meine Sicht. Meine Fingernägel bohren sich langsam in meinen Unterarm und ich überwinde mich nach oben zu gucken. Ich sehe Manus wilde Gestik, höre allerdings nichts. Mein Kopf ist leer, mein Körper fühlt sich nicht existent an. Mein Blick wandert langsam zu den, der mir meine letzte Lebensmotivation geraubt hat. Er grinst Manu nur an und schubst ihn dann irgendwann zur Seite. Mein Herz überspringt einen Schlag, nachdem Manu sich auf diesen wirft. Juri kommt hinter mir hervor gesprungen und rennt zu Manu, um ihn von ihn runter zu ziehen. Mena und Gunboi kommen dazu. Alles passiert so schnell, trotzdem fühlt es sich so an, als ob ich seit den Beginn meines Lebens auf diesem Stuhl sitze. Plötzlich greift Kai nach einer Flasche, diese Manu ins Gesicht bekommt. Alle reißen Kai nach hinten, bis er aus meiner Sichtweite verschwindet. Manu kommt auf mich zu. Nachdem ich sehe, dass Manus Wange einen Schnitt hat, aus diesem er stark blutet, ist der Alkohol komplett aus meinem Blut verschwunden. Ich spüre meinen ganzen Körper, ebenfalls die Kerben in meinem Arm, dessen Hautstücke sich anscheinend jetzt unter meinen Fingernägeln befinden. Ich bekomme von der plötzlich so laut wirkenden Geräuschkulisse Kopfschmerzen und falle Manu in den Arm. Schnell ziehe ich ihn ins Badezimmer um mich um seine Wunde zu kümmern. ‚Es tut mir leid, die Tür stand offen, wir hätten besser aufpassen sollen.' flüstert er und mein Griff um seine Hand festigt sich. Schnell drücke ich ihn auf die Toilette, damit ich ein Pflaster auf seine Wange kleben kann. Gerade als ich ablassen wollte greift er nach meinem Handgelenk. Er mustert meine Wunden und ich tu es ihm gleich. Er schüttelt den Kopf und greift nach Verbänden.

Wir betreten das immer leerer werdende Wohnzimmer, nur noch enge Freunde sind da. Er zieht mich aufs Sofa, die meisten sind draußen im Garten. Unsere Hände verknoten sich und ich mustere seine Tattoos. Ein wohliger Schauer durchläuft meinen Körper, nachdem er meinen Ansatz küsste und das Kribbeln im Bauch wird nicht weniger. Ich kuschle mich näher an ihn heran. ‚Danke für alles.' flüstere ich mit gebrochener Stimme. ‚Bedank dich nicht, ich bringe dich nur in noch mehr Gefahr.' flüstert er zurück und ich setze mich auf. ‚Das bist nicht du, so läuft mein Leben nun mal. Alles signalisiert mir, dass ich hier fehl am Platz bin, außer du.' sag ich langsam und bedacht. Mein Blick sinkt langsam und ich beginne erneut zu reden. ‚Nun ja, leider auch nicht immer. Die Touren... Du weißt schon...' ich schüttle langsam den Kopf. ‚Aber das ist zum Glück vorbei.' sage ich dann und grinse gezwungen. Er zieht mich hoch, legt mir eine Decke über und zieht mich in den Garten. ‚Look at the sky tonight, all the stars have a reason. A reason to shine, a reason like mine and I'm fallin' to pieces.' flüstert er und zieht mich in den Arm. Ich wie erstarrt in den Himmel. ‚Siehst du diesen Stern da oben? Der helle, direkt neben dem Mond. Ich hätte mir einen schöneren Moment dafür vorgestellt, aber vielleicht passt das gerade sogar besser, als wäre es so bestimmt.' damit löst er sich und geht schnell in die Wohnung. Mindestens genau so schnell kommt er wieder raus und drückt mir einen Zettel in die Hand. Ich überfliege schnell das Blatt. ‚Du hast mir doch nicht wirklich einen Stern geholt.' flüstere ich und schaue wieder hoch. ‚Doch! Luna, darf ich vorstellen: Luna! Dein eigener Stern!' ich falle ihn in den Arm. ‚Du bist verrückt.' lache ich. ‚Und du bist mein kleiner Stern. Ich liebe dich.' damit küsst er mich leidenschaftlich.

Nach einer Zeit waren alle weg, selbst Juri und so. Sie wollten noch trinken gehen, allerdings war ich einfach nicht in der Stimmung und Manu wollte erst mit, wehrte sich dann aber trotzig, damit ich nicht alleine bin. Ich stehe irgendwann auf um zu duschen, meine Verbände zu wechseln und mich in bequemere Sachen zu gammeln. Im Schlafzimmer angekommen fällt mir das rote Unterwäscheset sofort in den Blick und ich beschließe mich, dass ich es heute Abend anziehen werde.

Schnell schleiche ich aus dem Bad, nur mit Bademantel und Unterwäsche. Im Wohnzimmer ist es ruhig, im Schlafzimmer scheint allerdings das Licht. Manu sitzt da und tippt auf seinem Handy rum, als er mich wahrnimmt, legt er es sofort weg. Er sieht mich grinsend an und zieht mich zu sich. ‚Ich weiß genau was du vor hast.' flüstert er und zieht mich aufs Bett.

Mittlerweile schlafe alle. Juri ist mit Finn zurück in die Mansion gekommen, wo der Rest ist weiß ich nicht. Ich greife nach Anziehsachen, ziehe mir schnell noch meine Winterjacke an. Ich schnappe mein Handy inklusive Zigarettenschachtel und gehe in den Garten. Schnell zünde ich den Glimmstängel an und inhaliere meine Probleme. Zum ersten Mal schaue ich so wirklich auf mein Handy und antworte gezwungener maßen auf die ganzen Glückwünsche. Meine Mama fragte mich, wie mein Tag war und ich schaue in den Himmel. Wie war der Tag? Schrecklich? Wunderschön? Beides? Ich entschied mich bei den Wunderschön zu bleiben um meiner Mutter nicht unnötig Stress zu verpassen. Ich schreib ihr von meinen ganzen Geschenken. Schnell verstaue ich mein Handy in meiner Jackentasche, zünde mir mittlerweile die dritte Kippe an und schaue in den Himmel. Ich fühle mich ein bisschen wie Laura Stern. Die Tür hinter mir öffnet sich und jemand setzt sich neben mich. ‚Alles okay?' fragt Manu ruhig. Ich nicke und lehne mich an ihn an. Ich drücke ihn meine bereits halb gerauchte Zigarette in die Hand und zünde mir die nächste an. ‚Das Jahr wird noch besser, versprochen.' flüstert Manu leise in mein Ohr. ‚Jedes Jahr ist ab jetzt unser Jahr.' erwidere ich und stoße den Rauch aus. ‚Weißt du was wir gebrauchen könnten? Eine Auszeit. Vielleicht keine Auszeit von dem Stress, aber von Hamburg.' flüstert Manu. ‚Wie wäre es mit deiner Familie nach zwei fünf?' frage ich und Manus Augen beginnen zu strahlen. ‚Also nach zwei fünf?' lache ich dann und er nickt schnell. Ich drücke schnell meine Kippe aus und kuschle mich wieder an ihn. ‚Es wird aber nicht Stressfrei sein.' seufzt Manu. ‚Das ist mir egal. Ich habe die kleinen, seitdem sie weg gezogen sind, gar nicht mehr richtig gesehen. Außerdem möchte ich sehen, was ich nur aus deinem alten Kram kenne. Ich möchte mir ein eigenes Bild von zwei fünf machen.' flüstere ich und Manu schaut mich an. ‚Besuchen wir irgendwann mal deine Heimat?' flüstert er. Ich zucke mit den Schultern. ‚Wenn Menschen eine Heimat sein können, dann bist du meine.' damit küsse ich ihn.


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zweifünf
was ist eure heimat, wenn es um den ort geht, an dem ihr aufgewachsen seid?
bei mir wäre es achtacht

sierra kidd // wann wird es hellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt