How can I speak with you?

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„Hey, wach auf."
Du versuchtest deine Augen zu öffnen, doch es schien dir unmöglich. Deine Lider waren viel zu schwer, als dass du sie auch nur einen Millimeter öffnen konntest. Du spürtest eine warme Hand auf deiner Stirn und knurrtest missmutig. Mit einem kraftlosen Ächzen drehtest du deinen betonschweren Körper auf die Seite und seufztest tief. Der drückende Schmerz in deinem Kopf hatte etwas nachgelassen und auch die Übelkeit war so gut wie verschwunden. Doch deine Knochen fühlten sich an, als wären sie schwer wie Blei. Kaum einen Finger konnten du rühren, doch die Warme Hand auf deiner Stirn beruhigte dein flatterndes Herz ungemein.
Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnetest du schwerfällig die Augen. Du konntest den sanften Schein einer Kerze sehen und deine müden Augen schwammen ziellos durch den Raum, sahen nur grobe Umrisse.
„Mein Kopf..."
„Na endlich." Die dunkle Stimme von Kakuzu riss dich aus einer tiefen Trance und endlich begannst du klar das Zimmer zu sehen, in welchem du dich befandest.
„Kakuzu..." Deine Stimme war nur ein schwaches Flüstern, doch er reagierte darauf und schob die warm Hand von deiner Stirn unter deinen Rücken, um dich etwas anzuheben. Mit einem Ächzen ließt du es geschehen, dass er dich aufsetzte und festhielt, damit du nicht wieder auf das Bett sankst.
„Was war denn los?", rauntest du durch deine trockenen Lippen und lehntest dich gegen seine Schulter.
„Du hast eins auf den Kopf bekommen, das hat dir nicht sehr gut getan.", erwiderte der Schwarzhaarige und fühlte deinen Puls am Handgelenk. Du hieltest ihn nicht davon ab, doch ein ungutes Gefühl breitete sich in deiner Magengegend aus – nicht durch deine sengenden Kopfschmerzen verursacht.
„Du musst mich nicht bemuttern.", knurrtest du dem Schwarzhaarigen schwach zu und er ließ dich wieder auf das zerwühlte Bett sinken.
„Ohne mich würdest du im Wald liegen."
„Immer noch besser als von Mutter Kakuzu umsorgt zu werden", war deine bissige Antwort und du drehtest dich mit dem Rücken zu ihm. Mit voller Absicht gabst du ihm eine so deutliche Abfuhr; Ihm musste endlich klar werden, dass da zwischen euch nichts lief.
Seit den letzten Wochen verfolgte er dich auf deinen Reisen, benahm sich für seine Verhältnisse geradezu anhänglich und er versuchte bei jedem eurer Aufeinandertreffen dich ins Bett zu bekommen. 'Einmalige Sache' hattet ihr damals abgemacht. 'Einmalige Sache' am Arsch!


Kakuzu stöhnte innerlich auf. Du hattest dich mit dem Rücken zu ihm gedreht und jetzt saß er am Bettrand mit der Frage, was er denn nun schon wieder gemacht hatte.

Ihm war klar, dass du seit eurem 'Ausrutscher' ihm gegenüber sehr gehemmt und abweisend warst. Das frustrierte ihn, vor allem da er seitdem sehr Gefallen an dir gefunden hatte. Das war das ernste mal seit vielen Jahren, dass er sich so für eine Frau interessiert hatte wie für dich. Bis jetzt war er ein eiskalter Einzelgänger gewesen: Finden, töten, bezahlt werden. So mochte er es, so sollte es bleiben. Doch du brachtest in diesen sehr einfach Plan eine gewisse Komplikation: Gefühle bedeuteten Schwäche. Das war ihm vollkommen bewusst und dass euch das beide in Gefahr brachte, war ihm ebenfalls klar. Er wehrte sich schon seit Jahren gegen die Gefühle für dich und jetzt hatte er aufgegeben sie abzustreiten.
Eure Kämpfe waren schon immer ein von sexueller Spannung geladenes hin- und her gewesen. Das war schon so seit ihr euch kennen gelernt hattet und ihm war klar, dass sich das auch niemals geändert hätte. Nun hatte es aber Substanz bekommen, war ganz real und bedrohlich. Was lief da zwischen euch? Konnte man dem einen Namen geben? So wie du dich verhieltest, war das wohl nicht so klug.
„Ruh' dich erstmal aus."; sagte der Schwarzhaarige und erhob sich von der Bettkante. Er wollte die Decke ein Stück über dich ziehen, doch du wehrtest mit einem Zischen seine Hand ab. Resignierend zuckte er mit den Schultern und verließ das kleine Zimmer.
Er schloss die Holztür möglichst leise hinter sich und sah den Flur hinab. Er hatte dich in ein Gasthaus im nahe gelegenen Dorf gebracht und dort ein Zimmer für euch beide bezahlt. Nun hattest du ihn mit deiner schroffen Art sozusagen 'rausgeworfen' und er war sich eine Sekunde lang unsicher, was er nun machen wollte. Etwas essen, das wäre eine gute Idee. Zustimmend knurrte sein Magen und der Taki-Nin begab sich die Treppe hinab, zu dem kleinen Hauptraum des Gasthofes.
Kakuzu überlegte es sich ganz schnell anders, hier etwas zu essen. Kleine Kinder saßen am offenen Kamin und spielten mit Puppen, unter dem wachsamen Auge ihrer Eltern. Er strich mit der Hand kurz über die Narben an seinen Mundwinkel und zog den Stoff seiner Maske etwas fester. Die Kinder würden sicherlich Angst bekommen, wenn sie sein entstelltes Gesicht sahen. Dann würden sie weinen und die ganze Aufmerksamkeit des Dorfes lag auf ihm und dir – das wollte er unter keinen Umständen riskieren. So zog Kakuzu seinen schwarzen Mantel etwas enger und verließ das Gasthaus.
Er besorgte sich eine Kleinigkeit zu essen und folgte dem sandigen Pfad aus dem Dorf hinaus in die schwarze Nacht. Nach einigen Minuten fand er sich im Wald wieder, weiterhin auf dem Trampelpfad. Es war ausgesprochen dunkel, so musste er sich nur mit dem Licht des Mondes und der Sterne orientieren. Während er kaute überlegte er weiter, dachte über dich nach. Du bereitetest ihm schon seit Ewigkeiten schlaflose Nächte. Das zweite, was ihm an dir aufgefallen war, war dein schönes Lachen gewesen – das erste deine enorme Selbstüberschätzung. Aber dein Lachen war so wunderbar. So ehrlich und klar. Er liebte es, wenn du lachtest; Und das war ja leider nur sehr selten der Fall. Und die zarten Sommersprossen auf deiner Nase, wenn es Sommer wurde. Im Sommer bekamst du viele Sommersprossen, die zum Winter hin immer wieder verschwanden, bis auf ein paar vereinzelte Punkte. Er liebte jede einzelne dieser Sommersprossen, jede deiner widerspenstigen Haarsträhnen und das schon seit fast fünf Jahren. Er hatte es dir nie sagen wollen, alles bloß das nicht. Und jetzt stecktet ihr beide in dieser Misere, in der sich der Schwarzhaarige in deiner Gegenwart kaum im Griff hatte und keinen klaren Gedanken fassen konnte, der nichts mit dir zutun hatte.
Kakuzu ließ sich auf einem umgestürzten Baum auf einer kleinen Lichtung nieder. Noch immer kaute er an seiner Mahlzeit, zog sich aber die Maske vom Kopf, jetzt wo er allein war. Hier konnte niemand seine Narben sehen und ausflippen. Er seufzte auf und dachte für einen Moment an ein Leben ohne diese entstellenden Narben. Es wäre ein anderes Leben, ein viel einfacheres. Dann könnte er ein normales Leben führen, wenn er das so wollte. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er das Bild von ihm selbst, dir und einem lachenden Kind vor dem inneren Auge. Ein schmerzhaftes Ziehen bereitete ihm Brustschmerzen, als er darüber nachdachte. Sowas war nicht möglich, nicht für ihn. Für dich schon – du warst nicht entstellt.
Und gesucht für Hochverrat an seinem Dorf; Dabei war es nicht einmal seine Schuld gewesen, man hatte ihn hintergangen und ausgeliefert. Der Schmerz wurde unerträglich, als er an seine Vergangenheit dachte. Es war ein tiefes, klaffendes Loch in seiner Brust, in seiner Seele. Verraten, verstoßen und gejagt. Wie konnte jemand wie du ihn schon lieben?


Du seufztest schwer und warfst einen Blick aus dem kleinen Fenster. Der Halbmond wanderte über den Himmel und du fragtest dich langsam, wo Kakuzu blieb. Er war schon stundenlang fort. Doch das ließ dir zeit nachzudenken, über ihn und dich.

Du warst ziemlich schroff zu ihm, das wusstest du. Und es tat dir furchtbar leid. Es war nicht so, dass du den Schwarzhaarigen nicht mochtest – natürlich tatest du das – doch du wolltest nicht von deinen Gefühlen beherrscht werden. Du warst der Herr über dich und dein Gemüt, Basta! Doch dein Herz flatterte wild, bei den Gedanken an ihn. Ein warmes, schlingerndes Gefühl überkam deinen Magen, wenn du bei Kakuzu warst. Er war ein guter Kerl, tief in seinem Inneren. Ihr wart beide noch jung und dumm, wer wusste schon, was da alles passieren konnte wenn ihr euch aufeinander einlassen würdet? Das könnte schlimme Folgen haben und eure Leben zerstören.
Du zogst die dünne Decke enger an dich, mit einem verbitterten Knurren. Als wäre dein Leben nicht schon schlimm genug. Du warst einsam, so schrecklich einsam. Ein Waisenkind, ausgesetzt und ungewollt, eine kalte und hungrige Kindheit – und dann Kopfgeldjägerin. Was für ein Werdegang, bravo.
Seit du Kakuzu kanntest war zwischen euch eine gewisse Spannung. Und das schon seit fünf Jahren, dachtest du dir und seufztest tief. Mit aller Kraft versuchtest du, dieser Gefühle Herr zu werden. Und wenn das bedeutete, dass du Kakuzu in seine Schranken weisen musstest – wenn auch manchmal etwas grob – dann war es eben so. Niemals hättet ihr euch aufeinander einlassen sollen. Warum warst du ihm nur begegnet? Das hatte alles so viel komplizierter gemacht!
Du setztest dich nach einigen schlaflosen Stunden auf und streiftest deinen Mantel über. Vielleicht würde ja etwas frische Luft dir gut tun. Deine Kopfschmerzen waren weniger stark als am Abend und die Übelkeit war fast ganz verschwunden – bis auf einige Magenschmerzen, die aber sicherlich nichts mit deiner Verletzung zutun hatten.
Du wolltest gerade nach der Türklinke greifen, als die Tür aufging und Kakuzu eintrat – und erstaunt stehen blieb.
„Wo willst du hin? Geht es dir besser?", fragte er und musterte dich prüfend.
„Mir geht's super!", knurrtest du ihn aggressiv an und rauschtest an ihm vorbei, ohne ihm noch einen einzigen Blick zu schenken. Resignierend blieb er im Türrahmen stehen und sah dir nach, wie du wütend den Flur entlang stapftest. Sollte er dir folgen?

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