3.Kapitel

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~Traubenpfote~

„Genug gekuschelt? Ich und Herbstpfote wollen dir einen neuen Kampfzug beibringen; hat Rabenstern höchstpersönlich uns gezeigt!", dringen Laubpfotes hetzende Worte von draußen zu mir.
Meine Ohren zucken gereizt, aber insgeheim interessiere ich mich schon für diesen neuen Kampfzug.
Also stehe ich wieder auf, lecke Gelbpfote noch kurz übers Ohr und trete dann nach draußen, zu den anderen zwei Schülern. Diese stehen schwatzend nebeneinander.

Als ich mich zu ihnen geselle und sie fragend ansehe, beginnen sie ihr Schauspiel. Herbstpfote sprintet vor und schubst Laubpfote um, der jetzt auf dem Rücken liegt. Darauf war er allerdings vorbereit und noch bevor sein Bauch von Herbstpfote zerkratzt werden kann, rollt er sich noch weiter nach hinten, sodass seine Hinterbeine Herbstpfote in hohem Bogen von sich stoßen können. Das geschieht natürlich mit eingezogenen Krallen und Herbstpfote landet gekonnt und sicher auf dem Boden.
Ich schnippe beeindruckt mit meiner Schweifspitze und lächle den Beiden zu. Als Laubpfote mich dazu auffordert es Ihnen nachzumachen, übernehme ich seine Rolle und führe den Trick genauso perfekt durch, wie mein Bruder zuvor. Laubpfote und Herbstpfote glotzen mich beeindruckt an, die Beiden hatten vorher anscheinend noch viel üben müssen, um den Trick so gut hinzubekommen.
Hinter mir höre ich eine tiefe Stimme sagen:
„Gut gemacht Traubenpfote! Ich sehe schon wie viel Potenzial in dir steckt, dabei hast du dein Kriegertraining gerade erst angefangen." Ich lecke mir verlegen das Brustfell, aber innerlich platze ich vor Stolz. So etwas von meinem Mentor, dem zweiten Anführer, zu hören ist echt nicht auf die leichte Schulter zu nehmen!

Laubpfote guckt mich neidisch an und daraufhin fügt Harzfluss hinzu: „Ihr Beiden habt das natürlich auch grandios gemeistert. Ihr alle werdet mal große Krieger werden." Laubpfote flüstert Herbstpfote etwas protzend ins Ohr und ich komme nun endlich zu Wort um meinem Mentor zu danken: „Es ist mir eine Ehre diese Worte von einem der besten Krieger des Schattenclans zu hören. Ich werde mein Bestes geben um meine Pflichten zu erfüllen." Höflich neige ich den Kopf vor Harzfluss. Dieser nickt mir nur noch kurz zu und verschwindet im Anführerbau.
Was will er dort? Muss er etwas wichtiges mit Rabenstern besprechen?

Etwas Anderes lenkt die Aufmerksamkeit auf sich. Flammenflut und Blaupfote kommen ins Lager gerannt. Blaupfote natürlich völlig erschöpft und fertig. Die Arme tut mir echt Leid... Doch Flammenflut stakst nur verbissen in den Anführerbau. „Rabenstern?!", höre ich sie noch rufen. Den Rest kriege ich nicht mehr mit. Herbstpfote eilt an mir vorbei, an die Seite ihrer Schwester. Als Blaupfote mit Fragen gelöchert wird, schüttelt diese nur müde den Kopf und tappt in den Schülerbau. Herbstpfote folgt ihr natürlich und zurück bleiben Laubpfote und ich.
Da höre ich Kräuterschweif nach meinem Bruder rufen und als dieser im Heilerbau verschwindet, bin ich wieder alleine auf der Lichtung.

Alleine, bis meine Mutter Grünblatt sich neben mich stellt. „Hallo, Kleine.", begrüßt sie mich mit ihrer sanften Stimme. „Lust zu Jagen?", fragt sich mich darauf folgend. Ich sehe zu ihr hoch und antworte ihr lächelnd: „Gerne."
Irgendwie ist es schön, mit meiner Mutter wieder Zeit allein zu verbringen. Seite an Seite laufe ich mit ihr aus dem Schattenclan-Lager und wir durchforsten den Wald. Wir bleiben nicht lange unbemerkt, denn wir hören eine Stimme nach uns rufen:

„Entschuldigung? Ihr seid doch Clankatzen, oder? Bitte helft mir!" Unsere beiden Köpfe drehen sich schlagartig zur fremden Stimme um und ich bin Diejenige die in Angriffshaltung geht und anfängt zu Fauchen: „Wer bist du?! Du stinkst nach dem Zweibeinerort! Was willst du hier in unserem Territorium?!" Ein leichter Klaps von meiner Mutter auf mein Ohr, lässt mich weniger böse werden, aber ich bleibe trotzdem distanziert, denn ich will meine Kriegerfertigkeiten nur zu gerne vorführen.
Erst jetzt fange ich an den Kater neugierig zu mustern. Er ist ein dunkelgrau getigerter Kater mit grünen Augen. Bei meinen feindseligen Worten drückt er sich auf den Boden, um zu zeigen, dass er keine Gefahr für mich und meine Mutter ist. Diese Haltung zeigt Unterwerfung, aber ich denke er meint es nur höflich.
Er scheint drei oder vier Monde älter als ich zu sein und ergreift jetzt nochmal das Wort: „Mein Name ist Yoshi. Und es stimmt; ich rieche nach dem Zweiberort. Aber ich bin kein Hauskätzchen, sondern Einzelläufer. Ich habe Freunde im Zweibeinerort und die brauchen dringend eure Hilfe. Bitte folgt mir."

Bevor ich das Maul aufmachen kann antwortet meine Mutter dem Jungen Kater: „Ich bin Grünblatt und das ist meine Tochter Traubenpfote. Mir ist es gleich wo du her kommst, du bist keine Clankatze. Aber da du nicht feindselig wirkst und unsere Hilfe brauchst, helfen wir dir. Sag uns nur Eines: Wie können wir dir helfen?"
Ihre Stimme ist ruhig und bestimmt zugleich. Yoshis Blick pendelt zwischen meiner Mutter und mir hin und her und bleibt schließlich auf mir liegen: „Ich zeige es euch. Ihr müsst mir nur vertrauen. Also was ist? Helft ihr mir oder nicht?" Mein Bauchgefühl sagt mir, dass dieser Kater nur gute Absichten hat und ich zucke mit den Schultern. „Meinetwegen. Aber beeil dich, wir haben nicht ewig Zeit." Der Kater nickt mir leicht lächelnd zu und führt uns durch den Wald zum Zweibeinerort.
Als wenn ich den Weg nicht kennen würde, das ist unser Wald Fellball!

Ich stakse ihm etwas verbissen hinterher und übernehme letztendlich die Führung, bis wir beim Zweibeinerort angekommen sind. Yoshi schlängelt sich durch die Zweibeinernester und bleibt vor einem etwas Kleineren stehen. „Micky! Minnie! Ich habe die Clankatzen geholt.", ruft er in das offene Fenster hinein und kurz darauf quetschen sich zwei Hauskätzchen durch die Katzenklappe. „Gut, dass du da bist mein Freund. Dein Täubchen ist hinter dem Haus, dort, wo du sie zurückgelassen hast.", antwortet die graue Kätzin und drängt Yoshi zu dem benannten Ort. Micky schaut die Clankatzen fragend an und bedeutet ihnen dann, ihm und den Anderen zu folgen.

Ich behalte alle drei fremden Katzen gut im Auge und laufe Pelz an Pelz mit meiner Mutter zu einer kleinen Kuhle, die mit etwas weichem ausgepolstert ist.
Typisch Zweibeiner.
Meine Mutter schaut zuerst hinein und schnuppert an einem kleinen Fellbündel. „Ein Katzenjunges. Was sollen wir denn mit ihm anfangen?", antwortet sie überrascht. Ich verdrehe nur die Augen und richte mein Wort an die Hauskätzchen: „Bringt es zu einem anderen Zweibeiner. Die werden sich um das Katzenjunge kümmern."
Micky und Minnie schauen mich hoffnungsvoll an und in ihren Augen sehe ich etwas wie Trauer. „Wer ist die Mutter des Jungen?", fragt nun Grünblatt. Yoshi wechselt einen Blick mit Micky und senkt dann den Kopf runter in die Kuhle. Er packt das Bündel vorsichtig mit den Zähnen und legt es vor mir ab.
Toll.

„Ich habe ihr den Namen Lexa gegeben. Ihre Mutter ist nie aufgetaucht, aber sie überlebt es nicht, ohne eine Mutter zu haben. Bitte nehmt sie mit in euren Clan.", Yoshis Stimme klingt weich und kummervoll. Grünblatts Herz schmilzt natürlich dahin und sie stimmt ihm zu: „Wir können Lexa nicht einfach so sterben lassen. Wir nehmen sie mit. Danke, dass ihr euch um die Kleine gekümmert habt. Komm Traubenpfote wir gehen."
Mit den Worten nimmt sie Lexa hoch und trägt sie vorsichtig im Maul aus dem Zweibeinerort. Yoshi will mir anscheinend noch etwas sagen, aber ich habe mich schon umgedreht und trabe neben meiner Mutter her.

Verschwundene Spuren | Warrior Cats FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt