----Ein Jahr zuvor----
Ich bringe heute jemanden mit.
Schrieb Eliza.
Ich seufzte auf.
Na gut.
Das bedeutete dann jawohl, dass Carrie wieder hier essen würde.
"Robert?", rief ich nach oben, "Kommst du bitte runter und deckst den Tisch?"
"Glei-eich.", war die Antwort.
Es dauerte eine Viertelstunde, bis Robert in der Küche stand und die Teller irgendwie auf den Tisch stellte.
"Schatz, könntest du bitte aufdecken umd keine Unordnung veranstalten?"
Er verdrehte die Augen.
Ich stellte den Salat auf den Tisch und ging zurück in mein Arbeitszimmer.
Es war ein kleiner, heller Raum mit großem Schreibtisch, vielen Lampen und an der Wand standen Regale voller Pinsel, Farben, Leinwände, bemaltem Skizzenpapieren und fertigen Entwürfen.
Mit einem weinroten, gemusterten Tuch band ich mir die Haare aus dem Gesicht und setzte mit dem Pinsel wieder auf dem Papier an.
Das Buchcover an dem ich gerade arbeitete, war fast fertig.
Es war ein dunkler Garten mit einem einzigen Strauss roter Rosen, der anscheinend in Eile auf den Boden geworfen worden war.
Mit winzig kleinen Pinselstrichen vervollständigte ich die Blätter des Baumes im Hintergrund und seufzte auf.
Dieses Bild war nicht das, was ich momentan am liebsten machte.
Wenn ich im Büro war, konnte ich das Bild für Josephine Hillers neues Buch weitermalen, aber hier?
Die Tür klappte auf.
"Wir sind da.", rief Eliza und ich hörte das Rascheln der Jacken.
Ich legte den Pinsel beiseite, zog die Kochschürze aus und ging in den Flur.
"Hallo, Darli-."
Das hatte ich nun nicht erwartet!
Eliza stand da, die Hände verlegen gefaltet und hinter ihr dieser Junge, den ich nicht kannte.
"Logan?", sagte sie, mit vor Verlegenheit zitternder Stimme, "Das ist meine Mom. Mom? Das ist Logan...mein...Freund."
Ich atmete tief ein.
Mein Herz pochte so schnell, wie schon lange nicht mehr.
Ich räusperte mich, "Hallo."
Eilig trat ich vor und reicht dem Freund meiner Tochter die Hand.
Meine Tochter hat einen Freund. Ein sehr merkwürdiger Gedanke.
Eliza schloss die Tür hinter sich und verflocht die Finger mit Logans.
"Und Mom?", Eliza warf mir einen bedeutungsschwangeren Blick zu, "Was gibt's heute?"
Sie stellte ihre Tasche auf den Treppenabsatz und zog Logan mit ins Esszimmer.
Ich blinzelte verwirrt und folgte den Beiden, "Gemüsepfanne mit Reis. Logan...du weißt, dass wir vegetarisch essen?"
Eliza verdrehte die Augen.
"Natürlich, Mrs. Miracel.", sagte Logan und Eliza lachte auf.
"Einfach Marlene.", sagte ich und zog mir das Haarband vom Kopf, "Setzt euch schon mal hin. Ich sage Rob Bescheid."
Wie der Wind rauschte ich aus dem Esszimmer und die Treppe hinauf, wo ich mir mein Handy schnappte.
Unsere Tochter hat einen Freund!
Schrieb ich und lächelte in mich hinein.
Hergott! Würde ich jetzt etwa alle meine guten Vorsätze über den Haufen werfen und doch zur hysterischen Helikopter-Mutter mutieren?!
Ich atmete tief ein und öffnete Robs Zimmertür, "Robby? Es gibt Essen."
Der Kleine sprang auf und rauschte an mir vorbei, "Carrie! Carrie! Carrie! Ich muss dir unbedingt was erzählen!...Oh. Du bist nicht Carrie."
Ich blieb vor dem Spiegel stehen und versuchte krampfhaft mir das Lächeln vom Gesicht zu wischen.
Es klappte nicht.
Aufseufzend ging ich zurück ins Esszimmer.
"Wenn du nicht Carrie bist", sagte Rob gerade und ließ sich auf seinen Platz neben Eliza sinken, "Wer bist du dann?"
Logan grinste, "Logan."
"Aha.", machte Rob, "Cool."
Und damit machte er sich über das Essen her.
Ich setzte mich und schlug nervös die Beine übereinander.
"Logan...hast du denn Geschwister?", fragte ich und versuchte zu wirken, als würde ich die Frage nur im Laufe des (nicht vorhandenen!) Gespräches einwerfen.
Logan schluckte eilig den Bissen in seinem Mund hinunter, "Ja. Ein Zwillingspärchen. Florentine und Martin."
"Zwillinge. Wow. Sind sie älter als du?"
Er schüttelte den Kopf, "Sie sind 15. 4 Jahre jünger als ich."
19, 17 und neun.
Ich fühlte mich alt.
23 Jahre war es her, dass ich so jung gewesen war.
Hatte ich Jim zu dieser Zeit überhaupt schon gekannt? Ich wusste es nicht.
Allerdings wusste ich noch, dass ich damals gedacht habe, diese Zeit niemals vergessen zu können.
Tja! Falsch gedacht, meine Liebe! Wahrscheinlich lachte mein Gehirn mich gerade aus.
Später, als Jim und ich auf dem Sofa saßen, konnte ich mich nicht mehr daran erinnern, worüber wir geredet hatten.
Ich hatte vielmehr darauf geachtet, wie Eliza und Logan sich angesehen hatten, wie er über ihren Arm gestrichen hatte und wie sie seine Hand genommen hatte.
Eliza begleitete Logan zur Tür.
"Tschüss Mr. Miracel. Tschüss, Marlene."
Durch die Fenster in der Tür konnte ich sehen, wie Eliza die Arme um seinen Hals schlang und ihn küsste.
"Ist das nicht eine komische Vorstellung?", sagte ich zu Jim, ohne den Blick von Eliza und Logan zu nehmen.
"Was?", fragte er verwirrt.
Ich deutete mit dem Weinglas auf das Paar vor der Tür, "Dass wir auch mal so waren. Dass wir uns auch erstmal unseren Familien vorstellen mussten. Dass wir uns auch mal so wie die Beiden vor der Tür verabschiedet haben."
Ich nahm einen Schluck Wein.
Die Haustür schloss sich leise hinter meiner Tochter und sie sah zu uns hinüber.
"Und?", fragte sie und sah verlegen zu Boden, "Wie findet ihr ihn?"
Ich lächelte Eliza an und klopfte auffordernd neben mich.
Jim rutschte zur Seite, um Eliza Platz zu machen, die sich zwischen uns fallen ließ und ihren Kopf an meine Schulter lehnte.
"Weißt du, Darling...", begann ich, "Du bist die wundervollste Tochter, die ich kenne. Und...Logan scheint echt nett zu sein."
Eliza wusste, dass jetzt ein Aber kommen würde.
"Aber ich muss wissen...", ich holte tief Luft, "Du musst mir versprechen, dass ihr nicht unüberlegtes tut. Wenn du verstehst, was ich meine."
Sie verdrehte die Augen, "Natürlich weiß ich was du meinst. Ich bin ja nicht doof. Und keine Angst, so ist Logan einfach nicht."
Erleichtert atmete ich auf, "Gut. Dann...schlaf gut, Darling. Gute Nacht."
Sie stand auf, "Gute Nacht, Mom."
Erst als sie oben war und wir die Zimmertür zuklappen gehört hatten, rührte Jim sich wieder.
Er sah mich über den Rand seines Glases amüsiert an, "Hattest du schon Angst, du müsstest sie jetzt aufklären?"
Ich grinste, "Und wie."
Er lehnte sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
Genüsslich schloss ich die Augen. Das war so viel besser, als Wein.
"Sie ist noch so jung.", hauchte ich gegen mein Glas, "Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das Alles für sie sein muss. Wahrscheinlich denkt sie, sie und Logan würden ewig zusammen bleiben und Kinder kriegen und alles drum und dran. Das habe ich früher auch gedacht."
Jim lachte und sein Atem kitzelte an meiner Wange, "Zum Glück ist das nicht so gewesen."
Ich seufzte auf, "Da hast du Recht."
Ich sah ihn an und lehnte mich zu ihm vor, "Ich liebe dich."
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Lass mich noch 5 Sekunden leben!
ActionAcht Jugendliche. Zwei Serienmörder. Die komplette Mafia. Nachdem Eliza Miracel und ihre Freunde Zeugen eines Mafiamordes geworden sind, sind sie auf der Flucht. Angst und Dunkelheit folgen ihnen auf ihrer unfreiwilligen Reise und egal wohin sie...