Die von den Tropfen des vergangenen Regens benetzten Kopfsteinpflaster glänzten im schwachen Licht der verstaubten, alten Laternen, das durch zahlreiche Spinnenweben nochmals gemindert wurde.
Zu beiden Seiten der kleinen Gasse ragten heruntergekommene Betonbauwerke auf, deren dreckig-bräunlicher Putz bereits zur Hälfte auf dem Kopfsteinpflaster verteilt war und sich durch das Regenwasser zu einer dunklen, schleimigen Masse verformte.
So, wie eben diese kleine Gasse inmitten der bedrohlich großen, schäbigen Häuser, beinahe komplett von der Dunkelheit, die lediglich durch den schwachen Schein der Laternen gebrochen wurde, verschluckt, lag, könnte man meinen, dass sie schon seit Jahren keine Menschenseele zu Gesicht bekommen hatte.
Doch was für die Einen schon beinahe einer Totenstille glich, war für die Bewohner Eodums eine übliche- man würde es nur unter Umständen als normal betiteln, denn das war hier in Eodum ein selten gebrauchtes Wort- Nacht.
Nacht bedeutete, dass man sich solange in sein Eigenheim zurückzog, bis die Sonne das kleine Städtchen wieder in ihre hellen Strahlen tunkte.
Nacht bedeutete, dass man es nicht wagte, auch nur einen Ton von sich zu geben, während man, nahezu durchgängig die Luft anhaltend, unter seiner Bettdecke hockte.
Grund dafür war der mittelalterlich angehauchte Aberglaube, den die Bewohner Eodums miteinander teilten.
Sie fürchteten die Dunkelheit wie nichts Anderes und selbst Reisende, die sich entweder, die Warnungen ignorierend und von ihrem Wahnsinn, etwas 'Besonderes' zu finden geblendet hierher wagten oder aber sich unfreiwillig, orientierungslos zwischen den unzähligen Dörfern, die alle auf eine seltsame Art und Weise verbunden und doch so von Grunde auf verschieden schienen, nach Eodum verirrten, kehrten der festen Überzeugung, es gäbe eine solche Art von Wesen, von den meisten mit 'Dämonen' betitelt, in ihre Heimatstädte zurück.
Deshalb war es so gekommen, dass nicht nur bei den Bewohnern selbst, sondern auch im kompletten Umkreis des Landes, das Gerede über übernatürliche Mächte die Runde machte.
Wenn es etwas gäbe, das man 'das Böse' nennen sollte, dann fand es garantiert in Eodum seinen Ursprung, das stand für die Menschen außer Frage.
Aber genau wie an jedem anderen Ort dieser verdorbenen Welt, gab es auch in Eodum diesen einen Jungen, der anders war.
Anders, weil er, so wie er es sagte, nicht an die 'uralten Spukgeschichten' seiner Mitmenschen glaubte.
Anders, weil er die Dunkelheit nicht als eine Bedrohung, sondern als einen schützenden Mantel empfand.
Anders, weil 'anders' einfach nur bedeutete, sich grundsätzlich von dem zu unterscheiden, was nunmal üblich war.
Und genau dieser Junge war es, der gerade die oberste Regel der Eodumer brach, indem er mit hektischen Schritten über die glitschigen Kopfsteinpflaster durch die kleine Gasse eilte, an deren Häuserfassaden das durch seinen Gang hervorgerufene Klopfen auf den Pflastersteinen von allen Seiten widerhallte und die sonst so übliche Stille unterbrach.
Vielleicht hätte man meinen sollen, die Eodumer kämen jetzt, mit Nachtlichtern bewaffnet, allesamt auf die Gasse getreten, um den Eindringling zu vertreiben, doch so war es ganz und gar nicht.
Zum Einen waren sie, trotz ihres altertümlichen Glaubens, längst nicht mehr auf soetwas wie Nachtlichter oder gar Kerzen angewiesen- obwohl man sich bei manchen Bewohnern wirklich nie ganz sicher sein konnte- und zum Anderen, würde es wirklich niemand wagen, bei Nacht seine vertrauten vier Wände zu verlassen.
Abgesehen von dem Jungen, der noch immer durch die nahezu unbeleuchtete Stadt hastete, nicht etwa, weil ihn plötzlich die nie dagewesene Furcht gegenüber der Dunkelheit überkam, sondern weil es ihn nur so in den Fingerspitzen und eigentlich am ganzen Körper kribbelte, diesen Ort endlich zu verlassen.
Denn im Gegensatz zu so vielen anderen Anwohnern, wusste er mit seinen frischen sechzehn Jahren schon ganz genau, wohin er mit seinem Leben wollte und das war definitiv nicht Eodum.
Würde man ihn fragen, was ihn in seiner Heimatstadt hielt, dann würde er sicher nicht wie seine zahlreichen Klassenkameraden mit 'die Atmosphäre', 'der Glauben' oder 'die Familienehre', sondern vielmehr mit 'die Angst vor dem Versagen meines größten Traumes' antworten.
Aber er war nunmal anders und darüber auch nicht gerade frustriert.
Das schrille Geräusch quietschender Zugbremsen durchschnitt die Nacht abrupter, als seine Schritte es je hätten tun können.
Und obwohl der direkte Anblick greller Scheinwerfer sicherlich nicht im Geringsten angenehm war, lächelte er ihnen entgegen, ja wandte den Blick nichtmal ab.
Für niemanden würde diese Handlung je Sinn ergeben, denn niemand außer ihm selbst würde je dieses Gefühl nachvollziehen können, welches er beim alleinigen Ansehen des nicht gerade modernsten Zuges verspürte.
Diese unergründliche Freude auf den so lang ersehnten Neubeginn, aber auch all die Angespanntheit, die zuvor auf seinen Schultern gelastet hatte und nun mit einem Mal abzufallen schien.
Er hätte es nicht ertragen, wie der letzte Versager mit unterwürfiger Haltung in sein Elternhaus zurückkriechen zu müssen, im Wissen, dass die Umsetzung des Plans, den er Ewigkeiten lang immer wieder verworfen, umgearbeitet und zuletzt aus Angst aufgeschoben hatte, tatsächlich gescheitert war.
Mit einem ehrfürchtigen Ausdruck im Gesicht, den der Führer des Zuges, ein schon etwas in die Jahre gekommener, aber keinesfalls unfreundlicher Herr aus der Nachbarstadt, nicht wirklich zu deuten vermochte, betrat der Junge den Zug, sein weniges Hab und Gut, lediglich bestehend aus einem nicht mehr wirklich neuen Rucksack, bei sich.
Als er dem Mann die knittrigen Scheine, die so lang gut behütet in der hintersten Ecke seiner Schreibtischschublade gelegen hatten, aushändigte, zitterte seine Hand sogar etwas, ebenfalls unverständlich für den alten Herrn.
Wie sollte er es auch verstehen, wenn er nie dieses Wissen hatte, nicht in die Gesellschaftsform seiner Heimat zu passen, nie diesen Wunsch, etwas Großes zu erreichen, der ihm unter seinen Lebensverhältnissen verwehrt blieb?
Noch immer erfüllt von dieser kribbelnden Aufregung, fand der Junge seinen Platz gleich im ersten Abteil, selbstverständlich am Fenster, da auch in ihm noch dieses Kind steckte, das die Welt in ihren noch so kleinen Dingen bestaunen konnte, ohne je müde davon zu werden.
Dieses Kind, das die meisten wegsperrten, als lästig erachteten.
Für ihn aber war es eines der wichtigsten Teile seines Charakters, denn es ermöglichte ihm, zu träumen.
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Surprise, surprise, neue Story?
Naja, so fast. Ich hatte sie erstens schon sehr oft angekündigt und zweitens HAPPY BIRTHDAY Kai2Kid
Ich möchte dir mit dieser Story für die wundervollen vier Monate danken, die wir inzwischen schon als die '3 Megacuties' erlebt haben.
Dafür, dass du, egal was, immer für uns da bist, du bist die fürsorglichste Unnie, die man haben kann. <3
Danke, dass du jederzeit dazu bereit bist, unsere Stimmung aufzuheitern und uns immer mit deiner unerschütterlichen, positiven Energie bereicherst.
Aber bitte denk daran, dass auch du dich genauso mal schlecht fühlen kannst und falls das der Fall ist, du wirklich immer mit uns reden kannst.
Du bist ein so wundervoller Mensch und das sollte dir auch bewusst sein.
Happy Nisa-Day! ♡
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Lost my way~Taegi
FanfictionGlaube an deine Träume, sagen sie. Verfolge deine Träume, sagen sie. Doch wenn es wirklich darum geht, dann wollen sie dich plötzlich aufhalten. Weg von hier war die einzige Möglichkeit, doch das Leben legt weiterhin Steine in den Weg. Wer sagt abe...