Als Yoongi an diesem, noch immer nahezu genauso hellen, als wäre es Nachmittag, Abend den Stift und das handliche, schon etwas abgenutzte Heft zur Hand nahm, die wie immer griffbereit auf seinem Nachttisch zu finden waren, musste er feststellen, dass seine Gedanken nach wie vor um die Erscheinung des fremden Jungen kreisten.
Die Hoffnung ist wie eine Flasche Wasser. Selbst, wenn man glaubt, sie vollends geleert zu haben, gibt es immer noch die letzten kleinen Tropfen, die sich in den Ecken festklammern.
Behutsam fuhr die Hand des Schwaarzhaarigen über die geschwungenen Buchstaben, die seine Finger wie von selbst zu Papier gebracht hatten, und strich damit gleichzeitig die schon leicht knittrige Seite wieder glatt.
Ob der Fremde auch glaubte, seine Hoffnung verloren zu haben?
Oder sah er die verbliebenen Tropfen und versuchte, sie mit aller Macht zu wahren?Yoongi musste sich eingestehen, dass er den Jungen nicht vergessen konnte, obgleich er sich nichteinmal sicher war, ob er das denn überhaupt wollte.
Er wollte wissen, wer hinter der Person steckte, die an jenem glühend heißen Nachmittag so rastlos auf den Marktplatz getreten war, wie seine Meinung zu dieser Welt war, was seine Augen in diesem Ort sahen.
Vielleicht war er auch einfach nur eine Art Inspiration, aber schon allein diese Annahme reichte dafür aus, dass Yoongi mehr und mehr der unbezwingbare Drang überkam, den fremden Jungen noch ein zweites Mal zu finden, sei es auch nur für ein einziges Gespräch.
Seine, wie Hoseok es gern nannte, schöpferische Stille wurde gnadenlos von dem schwungvollen Aufreißen der Zimmertür unterbrochen, deren Schlüssel Yoongi längst nicht mehr besaß, da er für den Geschmack seiner Eltern viel zu oft Gebrauch davon gemacht hatte.
Schon allein an der unwirschen Art, mit welcher Linya das Türblatt an die anliegende Wand bretterte, konnte ihr älterer Bruder deutlich ablesen, dass sie nicht gerade in bester Stimmung war.
"Kannst du dann mal deinen Philosophen-Scheiß sein lassen und nach unten kommen? Die Alten sind schon wieder mega angepisst."
Die Jüngere hatte noch nie seine Hingabe zu den Worten oder gar seine Sorgfältigkeit des Sprachgebrauches nachvollziehen können, doch das beruhte auf vollkommener Gegenseitigkeit, da der Schwarzhaarige sich absolut keinen Reim aus ihrem Drang, sich möglichst perfekt ihren Klassenkameraden anzupassen und 'cool' zu sein, machen konnte.
In einer Sache waren sich die ungleichen Geschwister allerdings einig: Ihre Erzeuger waren verspießter, als man es sich nur vorstellen konnte.
Das war auch der Grund dafür, dass Yoongi augenblicklich, begleitet von einem langen und tiefen Seufzen, das Heft auf seinem Schoß schloss und äußerst andächtig, fein säuberlich zurück auf seinen Platz legte.
Der ausgesprochen kurze Geduldsfaden seiner Schwester war aufgrund seiner gemächlichen Handlungen zwar bereits kurz vor dem Reißen, doch diese Tatsache ignorierte er gekonnt.
Ebenso wie Linya, wirkten auch Mr. und Mrs. Min nicht gerade geduldig, als ihre Kinder die wirklich mehr als nur durchdringend knarzenden Treppenstufen mit einer in ihren Augen unangemessenen Ruhe hinabstiegen.
"Werdet ihr euch wohl mal beeilen? Ihr seid bereits zu spät, da braucht ihr nicht auch noch absichtlich trödeln, nur um uns zu reizen.
Das ist ja wirklich unerhört!",
polterte der Mann des Hauses sogleich los, ehe Linya und Yoongi auch nur die Hälfte der Stufen bewältigt hatten.Dass ihr Vater mit seiner Annahme, sie würden sich lediglich aus Provokation so schleppend fortbewegen, falsch lag, müsste man vermutlich gar nicht erst erwähnen, wenn man sich besagte Treppe auch nur einmal ansah.
Es war nämlich kein Geheimnis, dass das gesamte Grundstück der Familie Min mit genau einem Wort perfekt beschrieben werden konnte: Einsturzgefahr.
Jedoch prallten jegliche Warnungen Bekannter, ja sogar Verwandter komplett wirkungslos an Mr. Min ab.
Schließlich hatte der Vater seines Großvaters diesen Ort mit den eigenen Händen geschaffen, wie könnte er ihn als Bedrohung bezeichnen?"Wie war es in der Schule?
Gab es Zensuren?", durchbrach die Mutter der Geschwister die, eigentlich in Anwesenheit aller Familienmitglieder stetig vorhandene, beklemmte Stille.Anhand des scharfen Untertones in ihrer Stimme war nur allzu deutlich herauszuhören, dass auch nur in irgendeiner Weise negative Rückmeldung, ihr immens missfallen würde.
"Mein heutiger Tag am Ort der Bildung verlief ohne besondere Zwischenfälle, Mutter. Ebenso haben wir noch keine der gemeisterten Klausuren zurückerhalten."
Im Gegensatz zu Mrs. Min, die keinerlei Schlechtes an der, in einer seltsamen Art und Weise gehobenen, Ansprache ihrer Tochter zu finden schien, hätte Yoongi nur zu gern seinen Frust darüber zum Ausdruck gebracht, wäre er sich nicht darüber bewusst gewesen, dass seine Familie eine solche Reaktion in keinster Weise gutheißen würde.
"Die Frage galt nicht nur deiner Schwester, Yoongi.", hielt es sein Vater nach einem kurzen Moment des Schweigens für nötig, seine stets von einem leicht aggressiven Ton, der ihm vermutlich die nötige Autorität verleihen sollte, begleitete Stimme zu erheben.
"Ich kann als Replik lediglich ihre Worte widergeben und hielt es daher für unnötig, dies zu tun.", meinte der Schwarzhaarige monoton, ohne von seiner Mahlzeit, die der eigentliche Grund war, warum die Familie zusammengefunden hatte, aufzusehen.
"Zeige gefälligst mehr Respekt und sieh uns an, wenn du mit uns sprichst!", grollte sein Gegenüber, der an diesem Tag so ziemlich jedes Wort und jede Bewegung Yoongis als Angriff zu sehen schien und ließ seine Faust mit dem gewaltigen Geräusch von berstendem Holz auf den Tisch prallen.
Linya, die an diesem Abend ungewöhnlich still gewesen war, stieß einen schrillen Laut des Erschreckens aus, schlug sich aber noch in der selben Sekunde die Hand vor den Mund und selbst Mrs. Min sah ihren Mann mit einer Mischung aus Empörung und Ensetzen an.
"Kinder, auf eure Zimmer! Ich muss dringend ein Gespräch mit eurem Vater führen."
Desinteressiert wie eh und je schlurfte Yoongi auf die Aufforderung hin wieder nach oben, dicht gefolgt von seiner Schwester.
Man hätte vielleicht meinen können, die beiden sollten sich nun zumindest Gedanken über die riskante Beziehung ihrer Eltern machen, doch im Hause Min gehörten solche Gespräche zur Alltäglichkeit und somit war weder Yoongi noch Linya sonderlich daran interessiert.
"Kann ich noch mit zu dir kommen, ich hab' gerade keinen Bock, allein zu sein.", beschwerte sich der weibliche Part der Geschwister, als Yoongi gerade im Begriff war, für den Rest des Tages in sein Zimmer abzutauchen.
Er schenkte seiner Schwester allerdings nur einen skeptischen Blick, der eine eindeutigere Antwort war, als jedes 'Nein' es je hätte sein können und schloss die Tür vor ihrer Nase.
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Heyyy,
zunächst mal ein großes Mianhae dafür, dass ich diese Woche nicht wirklich zum Updaten gekommen bin und auch dafür, dass dieses Kapitel nicht gerade qualitativ hochwertig ist. Ich werde mich bemühen, in Zukunft mehr bieten zu können.
*Autor-Mode off*
Yoongis Familie ist sympathisch, nicht? :')
Und ich weiß, dass Yoongi in Wahrheit keine Schwester hat, aber Linya war mehr oder weniger ein Spontaneinfall.
Mal sehen, wofür sie noch so gut ist. xD
Man liest sich!
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Lost my way~Taegi
FanfictionGlaube an deine Träume, sagen sie. Verfolge deine Träume, sagen sie. Doch wenn es wirklich darum geht, dann wollen sie dich plötzlich aufhalten. Weg von hier war die einzige Möglichkeit, doch das Leben legt weiterhin Steine in den Weg. Wer sagt abe...