Kapitel 1

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Die Rollen meines Koffers machen ein Klack-Geräusch als sie auf dem Boden ankommen. Kurz blicke ich mich am Flughafen um, bevor ich mein Handy aus der Hosentasche nehme und einer guten Freundin von mir Texte. Die Betonung liegt auf "gute Freundin". Es stimmt, seit der "Trennung" von Curry hatte ich niemanden mehr gedatet und habe auch weiterhin kein Interesse daran, mich in eine Beziehung zu stürzen. Was auch daran liegen mag, dass ich immer noch an ihm hänge. Ja, ich vermisse den kleinen Blondschopf, undzwar mehr als ich sollte. Es ist circa ein Jahr her und mit jedem Tag wird die Sehnsucht schlimmer. Anfangs hatte ich versucht das ganze abzuschütteln und meine Trauer nur daraufhin zu schieben, dass ich ja Schuldgefühle hätte, weil ich meinen besten Freund verletzt hatte aber irgendwann hatte ich nicht mehr nur Schuldgefühle, sondern begann auch damit bestimmte Dinge zu vermissen. Erst war es sein Lachen, dann die Art wie er mit den Augen rollt, wenn ihm etwas nicht passt, wie er frühmorgens oft Eier mit Speck gebraten hatte, wie liebevoll er mit Quincy umgeht, wie er sich erschöpft auf die Couch schmiss, nach der langen Zugfahrt. Nur vermisste ich nicht nur das, sondern auch seine Umarmungen, seine Küsse, seine Nähe an sich und ihn. Ich vermisste einfach alles an ihm und jetzt geht es mir immer noch so. Ich habe schon lange eingesehen, dass ich Scheiße gebaut habe aber ich hatte nie den Mut dazu, es wieder geradezubiegen. Außerdem weiß ich auch nicht wie ich das anstellen soll, deswegen tat ich was ich immer tat: Ich verkroch mich und reiste nach Griechenland. Ich wollte nur einen freien Kopf bekommen, in der Hoffnung ich könne ihn vergessen und verstehen, dass ich lediglich nichts für ihn empfinde und es immer noch die Schuldgefühle sind, die in mir sprechen. Zu Beginn der Reise klappte dies auch sehr gut und ich bekam endlich den Kopf frei. Das einzige, an das ich dachte, war der Strand, die Sonne und das Wasser. Doch Überraschung: Gerade bin ich gelandet und, wer hätte es gedacht, es kam alles wieder hoch. Jetzt steh ich hier und denke wieder über ihn nach, wie sehr ich ihn doch vermisse. In einem Jahr hab ich nichts vergessen, obwohl ich das wollte. Es klappte nicht. Nur weiß ich immer noch nicht woran es liegt. Klar, tut es mir leid und klar, vermisse ich meinen besten Freund aber so sehr hatte ich noch nie jemanden vermisst. Es war also ein ganz neues Gefühl für mich und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiß so einiges nicht.
Melissa Antwort schnell und teilt mir mit, sie wartet bereits draußen auf mich. Wir haben uns vor ein paar Monaten kennengelernt, als ich einem Café saß und Trübsal blaß, wegen Curry. Klischeehaft, ich weiß. Aber so war es nunmal.
Meinen Koffer greife ich rasch und mache mich auf den Weg nach draußen. Ich hasse Flughäfen. Es sind viele Menschen auf einem Haufen, die einfach nur hektisch umher laufen, aus Angst ihren Flug zu verpassen. Außerdem hatten sie immer etwas von Abschied und den konnte ich nun gar nicht mehr ertragen, nach der ganzen Curry Sache. Er verließ mich einfach und es schmerzt immer noch. Draußen angekommen, lege ich meinen Koffer in den, wer hätte es gedacht, Kofferraum und setze mich danach auf den Beifahrersitz. "Wie war der Urlaub?", die braunhaarige neben mir grinst mich an, bevor sie aus der Parklücke fährt. "Ganz okay", ich zucke mich den Schultern, "Es war warm und das Wasser war angenehm. Nichts erwähnenswertes" - "Klingt ja nicht sehr überzeugend." Ich antworte nicht darauf. Ich bin nicht in der Stimmung Gefühle und Gedanken auszutauschen, wobei ich das auch noch nie großartig tat. Es passt einfach nicht zu mir. Stattdessen drehe ich das Radio lauter und lausche dem Gesang von Shawn Mendes, der irgendetwas über Japan singt (obwohl ich nicht gerade in der Stimmung bin, um Liebeslieder zu hören aber was soll's). Mein Kopf lehnt gegen der Scheibe und nebenbei beobachte ich die vorbeifahrenden Autos und male mir aus, wo sie denn hinfahren könnten und was sie dort wohl machen. Es war immerhin besser, als ein Gespräch mit Melissa anzufangen und dann doch wieder auf dieses eine bestimmte Thema zu kommen. Außerdem merke ich, wie meine Augen immer schwerer werden und sie irgendwann dann doch zufallen.
"Tobi! Tobi, wir sind da!" Mein ganzer Körper wackelt und als ich langsam die Augen aufschlage sehe ich auch wieso. Zuerst muss ich ein paar mal blinzeln, wegen des hellen Sonnenlichts aber nach einiger Zeit sehe ich Melissa, wie sie an meiner Schulter rüttelt. "Schön geträumt?"- "Keine Ahnung. Kann mich nicht erinnern", grummele ich und steige aus. Aus dem Auto raus, Strecke ich mich erstmal und schnappe mir dann meinen Koffer. "Ich würd ja gern noch plaudern aber ich muss ins Café. Wir sehen uns" Sie lächelt nocheinmal, bevor sie einsteigt und davon fährt. Habe ich erwähnt das sie in dem Café arbeitet, in dem wir uns getroffen haben? Nein? Naja, egal. Jedenfalls gehe ich samt Koffer in meine Wohnung und das erste was mir entgegenkommt gefällt mir gar nicht. Sofort werde ich umzingelt von Kälte, Dunkelheit und Erinnerungen. Vor über einem Jahr standen wir auch hier, bevor er seinen Koffer schnappte und mich und die Wohnung verließ. Schon ironisch wie er vor einem Jahr mit Koffer das Haus verließ und ich es jetzt, ein Jahr später, mit Koffer betrete. Wütend schmeisse ich meine Schuhe einfach quer durch den Flur und lasse sogar den Koffer achtlos stehen. Soviel zum Thema Urlaub um das alles zu vergessen. Am liebsten würde ich mich übergeben aber das wäre vielleicht nicht allzu schlau. Frustriert lasse ich mich auf's Sofa fallen und bleibe ein paar Minuten auch so sitzen. Immerhin muss ich erstmal wieder normal nach Luft schnappen. Um mich abzulenken, schnappe ich mir mein Handy, welches neben mir liegt, und beim Anschalten springt mir sofort eine Nachricht von Pan entgegen: "Ruf mich an wenn du zuhause bist" Nichtmal richtig ankommen darf man. Eigentlich habe ich keine Lust sie anzurufen, aber es wäre vermutlich besser und dazu eine gute Ablenkung.
Willkommen in meinem Alltag.


(Das war also das erste, richtige Kapitel. Ich freu mich schon auf eure Kommentare & hoffe natürlich es gefällt euch. Gewöhnt euch außerdem bitte nicht zu sehr an Melissa, denn sie wird keine große Rolle spielen :D)

What if? ~Fortsetzung (B)Romance?~CurrbiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt