Kapitel 21: Hoffnungsloser Wunsch?

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It’s funny, you think anything
is possible when you’re a kid《

Soohee

Schweigend gingen Soohee und Yoongi nebeneinander her, während sie über den Hof der Fabrik gingen und schon beinahe bedrückt auf den mit Unkraut übersäten Boden schauten. Den ganzen Weg über hatten sie schon kaum ein Wort gewechselt und das Schweigen setzte sich auch beim betreten der Fabrik fort- zumindest bis Soohee irgendwann stehen blieb und Yoongi dazu veranlasste, ebenfalls stehen zu bleiben.
"In Ordnung, was ist dein Problem?", fragte die Brünette, nachdem sie ihre Arme vor ihrer Brust verschränkt hatte und ihren Gegenüber prüfend musterte. Jetzt oder nie.
"Mein Problem? Ich habe kein Problem. Du hast anscheinend ein Problem", antwortete Yoongi perplex und blinzelte seine Anklägerin mehrfach an. Ich soll ein Problem haben? Er schweigt mich doch wie eine Wand an.
"Wieso denn ich? Ich habe kein Problem. Du redest doch kaum."
"Du redest doch selbst kaum. Wieso denkst du also, dass ich ein Problem hätte?", rechtfertigte sich der Braunhaarige und fuhr sich durch sein dunkles Haar, während er auf Soohee's Antwort wartete. Diese zögerte einen Moment. Das Unbehagen stand ihr ins Gesicht geschrieben.

"Ich dachte bloß, dass du vielleicht doch sauer wärst, weil ich dich gestern so gesehen hab sitzen lassen." Nachdenklich betrachtete Yoongi Soohee, ging dann jedoch auf Soohee zu und tätschelte ihr belustigt den Kopf. Er ahnte, dass er ihr nur so versichern konnte, dass alles in Ordnung war- auch wenn er selbst nicht so genau wusste, was in Ordnung und was nicht in Ordnung mit ihm war. Normalerweise würde er sich nämlich über so etwas wie gestern nicht so viele Gedanken machen.
"Du machst dir wirklich immer zu viele Gedanken um mich", sprach er und lächelte Soohee sanft an, ahnte jedoch nicht, wie sehr es sie in Verlegenheit brachte. Auch sah er nicht, wie schwer sie schluckte und wie sie ihre Hände gegen ihre Wangen klatschte, nachdem er sich von ihr abgewandt hatte, in der Hoffnung, dass sie so das ganze Blut aus diesen schlagen könnte. Doch brachte dies zu ohrem Bedauern recht wenig, weshalb sie umso mehr hoffte, dass niemand ihrer Röte Beachtung schenken würde. Es machte dem Mädchen allmählich immer mehr zu schaffen, dass sie anfing, Yoongi anders zu sehen.

Plötzlich bildete sich ein breites Grinsen in Soohees grübelndem Gesicht, als sie Jiwoo auf Yoongis Sitzplatz entdeckte, welche sich mit Namjoon und ihrem Bruder unterhielt.
"Ich kann wirklich mit dir zur Nachuntersuchung gehen, Noona", hörten Soohee und Yoongi Hoseok sagen, dessen Angebot jedoch sofort von Jiwoo abgestritten wurde.
"Aniyo. Ich werde alleine gehen."
"Wäre es aber nicht vielleicht wirklich besser, wenn jemand mit dir gehen würde?", mischte sich Yoongi in das Gespräch ein und setzte sich auf einen der Stühle, damit die beiden Mädchen auf der Couch sitzen konnten. Soohee nahm neben Jiwoo Platz.
"Wieso fällst du mir bloß in den Rücken?", fragte die Schwarzhaarige vorwurfsvoll und sah hilfesuchend zu Soohee, die jedoch derselben Auffassung war wie Yoongi. Man konnte immerhin nie sagen, ob die Ergebnisse trotz allem wirklich gut sein würden.
"Ich bin alt genug, um alleine zum Arzt gehen zu können", brummte die Älteste beleidigt, was ihren Bruder gleich zum Lachen brachte.
"Aber trotzdem führst du dich auf, wie ein beleidigtes Kind!"
"Yah!", fuhr Jiwoo Hoseok an, welcher ihr eines seiner wunderschönen und engelsgleichen Lächeln zuwarf, sie sich auch schon geschlagen geben musste. Niemand konnte Jung Hoseok böse sein, wenn er ein solches Lächeln im Gesicht trug.

"Ich könnte dich doch begleiten. Ich bin doch sowieso bei fast jeder Untersuchung da gewesen und außerdem bist du doch ohnehin wie eine kleine Schwester für mich." Fassungslos betrachteten die beiden Mädchen Namjoon und sogar Yoongi guckte diesen erschrocken an, als könnte er ebenfalls nicht glauben, was sein Freund gerade von sich gegeben hatte. Langsam wandte Soohee ihren Blick Jiwoo zu, welcher jegliche Farbe aus dem Gesicht entwichen war. Die Brünette wusste über die Gefühle ihrer neuen Freundin Bescheid und wusste ganz genau, wie sehr Namjoons, eigentlich nett gemeinten Worte, Jiwoo getroffen hatten. Es stand ihr ins Gesicht geschrieben. Besorgt musterte Soohee Jiwoo, die schwer schluckte und sich dazu zwang, ganz normal zu antworten, man ihren Schock jedoch in ihrer zittrig klingenden Stimme hörte.
"A-ani. Ich kann da wirklich alleine hin gehen. Es gibt immerhin nichts zu befürchten und außerdem ist der Termin morgens. Ihr habt alle eure eigenen Pläne und ich will nicht, dass ihr alles wegen mir wieder umschmeißt."
"Aber-"
"Es ist schon in Ordnung. Lasst sie doch einfach mal alleine gehen. Ihr behandelt sie, als wäre sie ein kleines Kind", unterbrach Soohee plötzlich Namjoon, da diese fürchtete, dass Jiwo gleich in Tränen ausbrechen würde, wenn die Diskussion nicht bald ein Ende nehmen würde. Kurz warf Soohee Yoongi einen vielsagenden Blick zu, welcher stumm nickte und ihr dann laut zustimmte.
"Braucht ihr was vom Convenience Store? Ich hab noch nichts gegessen und habe Hunger", fragte Soohee in die Runde und nahm die Bestellungen der Jungen auf, ehe sie fluchtartig mit Jiwoo die Fabrik verließ.

(...)

"Du hattest eigentlich keinen Hunger, oder?", fragte Jiwoo Soohee, als sie auf die immer noch halbgefüllte Nudelpackung blickte, die vor Soohee stand und von dieser fertig betrachtet wurde. Leicht und entschuldigend lächelte Soohee die Schwarzhaarige an.
"Es war der einzige Ausweg, den sie nicht hinterfragen, wenn wir etwas länger hier bleiben", antwortete die Brünette und schob die Nudelverpackung von sich weg. Ihr Bauch fühlte sich an, als würde er gleich platzen und je öfter sie ein-und ausatmete, desto mehr hatte sie auch das Gefühl, dass es gleich passieren würde.
"Danke, dass du mich gerettet hast", bedankte sich Jiwoo nach einer kurzen Pause und umklammerte ihren Oberkörper mit ihren Armen, als wäre ihr kalt.
"Weißt du... Namjoon war bei fast jedem Anfall von mir da gewesen und hat mich fast jeden Tag im Krankenhaus besucht, nur um Hoseok versichern zu können, dass es mir gut geht. Am Anfang war es ziemlich nervig, doch jetzt im nachhinein... Ich denke es war einer der Gründe, wieso ich irgendwann angefangen habe, mich in ihn zu verlieben und ihn nicht mehr bloß als einen Freund meines Bruders zu sehen." Verstehend nickte Soohee. Sie konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie schnell sie sich in Namjoon verliebt haben musste, wenn er ihr nie von der Seite gewichen war, egal wie schlimm es ihr gegangen war.
"Durch ihn hat sich mein Wunsch zu leben verstärkt und ich hatte immer gehofft, dass wenn ich irgendwann wieder gesünder sein würde, es vielleicht eine Chance gebe, mit ihm auszugehen." Tränen verließen Jiwoo Augen plötzlich, während ihre Lippen unkontrolliert zu zittern begannen.
"Es war wohl wirklich nur ein dummer, hoffnungsvoller Wunsch eines kranken Mädchens gewesen", hauchte sie, ehe sie mit einem Mal in Soohee's Arme geschlossen wurde und leise weinte. Die Brünette sagte nichts, sondern versuchte Jiwoo durch ihre Umarmung etwas Trost zu spenden.

Nach einer Weile löste sich Jiwoo von Soohee und sah sie durch ihre leicht geröteten Augen dankbar an.
"Weißt du... Ich habe zuerst nicht wirklich verstanden, wie du Yoongi's steinernes Herz hast schmelzen lassen. Mittlerweile verstehe ich es." Soohee's Augenbrauen schossen vor Überraschung hoch.
"Er ist kein schlechter Kerl, auch wenn er es denkt. Ich glaube, dass genau das einer der Gründe ist, wieso sich nichts in seinem Leben verändert. Seit dem du aber da bist, scheint es so, als würde er alles Schlechte nach und nach hinter sich lassen können." Sprachlos betrachtete Soohee Jiwoo und wandte ihren Blick auf ihre ineinander verschränkten Finger. Hatte er sich denn wirklich so sehr verändert, seit dem sie sich das erste Mal begegnet waren?

Lost // m.yg✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt