| What? Why? |

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Pov Toni
"Was?! Schon halb eins???" rief ich, als ich die aktuelle Uhrzeit realisierte. Cheeky und ich streamten immernoch und fast zweitausend Zuschauer sahen uns zu. Zu meiner Reaktion auf die Zeit kamen im Chat zwei Arten von Antworten: Leute, die mindestens genauso verwundert waren und die, denen die Uhrzeit völlig egal war.
Cheeky saß auf meinem Bett und war schon seit Längerem vertieft in das neue Handy. Nachdem ich den Handysuchti dazu gebracht hatte, das Ding mal wegzulegen, verabschiedeten wir uns von den Zuschauern und beendeten den Stream, doch keiner von uns beiden hatte Lust, irgendwie aufzustehen. Cheeky lehnte den schweren Kopf wieder an meine Schulter und ich strich sanft durch die [deine Haarfarbe] Haare, die mein Schlüsselbein kitzelten.
Wir sagten nichts.
Ich wusste nicht, was das überaus süße Etwas da neben mir dachte.
Oder sagen wollte.
Oder fühlte.
Vielleicht waren es Liebe und Zuneigung. Vielleicht aber auch Schmerz und Trauer.
Für Letzteres hatte es meines Wissens nach keinen Grund gegeben, doch ich wusste nicht alles. Wer tat das schon? Wenn man das Ganze betrachtet, weiß selbst das Internet nichts.

Ich jedenfalls hatte in diesem Moment vorwiegend positive Gefühle und um das zu verdeutlichen, gab ich Cheeky einen Kuss auf die weichen, leicht zerzausten Haare. Auf einmal spürte ich, wie mein T-Shirt auf Höhe des Schlüsselbeines leicht nass wurde. Dazu vernahm ich ein leises Schluchzen,was logischerweise nur von Cheeky kommen konnte. "Hey, was ist denn los?" fragte ich gefühlvoll und nahm den Kopf, der gerade noch an meiner Schulter lehnte, sanft zwischen meine Hände. Tränen liefen diesem Kopf  die Wangen hinunter und es wurde sinnlos, sie wegzuwischen,da gleich wieder Neue kommen würden. Zitternde Hände, die ein Handy hielten, tauchten vor meinen Augen auf. Auf den ersten Blick sah ich nur einen verschwommenen Whatsapp Chatverlauf. Der zweite Blick machte den angezeigten Namen und die Nachrichten deutlich.

Nur kurz sah ich die Nachrichten von [Name deiner Mutter] und schnappte nur einzelne Fetzen wie "dein Vater" , "wieder vertragen" , "er ist hier" und "Neustart" auf, bevor sie meinen Schatz anrief.
Im ersten Teil des Gespräches hatte die Mutter die Hauptrolle, von Cheeky hörte man zwischendurch nur ein Schluchzen, welches sich dann eher zu einem aggressiven Unterton der Worte entwickelte, die dann auch von Cheeky in den Hörer gebrüllt wurden: "Du hast diesen Mann geliebt, mich geboren, ihn gehasst ihn aus deinem Leben verbannen wollen! Und jetzt?! Du kannst nicht einfach so zu ihm zurückkriechen!". Daraufhin hörte ich ein lautes und wütendes "Doch, das kann ich sehr wohl!" dumpf durch das Handy erklingen.
Ich nahm den kleinen, zitternden Körper wieder in meine Arme, als das Gespräch mit der Mutter, die mittlerweile schon als "verlogenes Miststück", "Hure" oder "Nutte" bezeichnet wurde, geendet hatte.

Pov [Dein Name]
Ich war wütend, traurig, verzweifelt und ängstlich zugleich.
Wütend natürlich auf meine Mom, die meinen Erzeuger, wie ich ihn nannte, in meinen ersten Lebensjahren hassen gelernt hatte und ihn jetzt angeblich wieder liebte.

Wütend war ich auf diesen Mann, diesen Betrüger, diesen Unmensch, der Frauen nur ausnutzte und meiner Meinung nach ins Gefängnis gehörte.

Traurig über meine Mutter, die so leichtgläubig war und diesem Mann wieder Treue schenkte. Jahrelang war sie mit mir allein zurecht gekommen und hatte sich nie nach einem Mann gesehnt. Jetzt tat sie am Telefon so, als würde ihr Leben von diesem Unmensch abhängen.

Das Gefühl der Verzweiflung machte sich in mir breit, da ich nicht wusste, wie es weiter gehen sollte.
Den Kontakt zu meiner Mutter abbrechen wäre schwachsinnig. Allerdings hatte ich auch keine Lust auf sonntägliche Mini-Familientreffen mit meinem Erzeuger, der möglicherweise so tun würde, als wäre in meiner Kindheit nie etwas vorgefallen. Oder er würde mich genauso abgrundtief hassen wie ich ihn- dann wären wir quitt.

Angst hatte ich um meine Mutter, weil ich nicht wusste, ob ihr Ex-Mann noch genauso wie damals war, oder nicht.
Ob er immernoch Frauen ausnutzte, ihnen Liebe vorgaukelte, für Sex benutzte, nur um sie anschließend zu schwängern, zu schlagen und mit dem Kind allein zu lassen.
Oder auch nicht.
Vielleicht hatte er sich verändert.
Vielleicht.
Ich bezweifelte es.




Doch egal, wie schlecht es mir ging, Toni war immer für mich da, was er mir in diesem Moment mit einem stillen Kuss auf meine tränennassen Wangen bestätigte.

So, das is Kapitel 8.
Mal etwas deeper, aber das muss auch mal sein.
Meinung, Kritik, etc -> Kommis!

~725 Wörter

I want to call you Mine | TonixReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt