Engelsnacht

Kapitel 5

Fay

Als ich den Schulhof betrete mache ich mich Richtung meiner Sitzbank auf. Es ist zwar nicht wirklich meine aber da sie sonst von niemandem genutzt wird habe ich sie einfach innerlich zu meiner getauft. Das praktische ist, dass du dort im Schatten der Bäume sitzen kannst und dem ganzen Schulhof im Überblick hast. Du selber wirst aber nicht wirklich beobachtet, da sie etwas außen steht wo sich sonst nichts spannendes befindet.

Mit einem Seufzen schmeiße ich meinem Rucksack neben die Bank und lege mich mit den Rücken auf die Sitzfläche. Hier lässt es sich aushalten.
Meine Schmerzen im Rücken sind in den Stunden zu einem pochen verwandelt und lassen sich nun einigermaßen aushalten.

Gerade als ich einnicken wollte durchdringt die Schulglocke mein Hörgang. Noch zwei Stunden Deutsch und dann habe ich den Tag überstanden. Meinen Rucksack geschultert mache ich mich gemächlich auf zum Klassenraum. Herr Winter kommt eh nie ganz pünklich also kann ich mir auch Zeit lassen.

Auf den Fluren gesellt sich auf einmal David zu mir.

"Naa wie geht's so," fragte er mich fröhlich.

"Gut."

"Das ist schön."

"Hhm."

Der denkt doch jetzt nicht echt, dass ich eine Konversation mit ihm anfange oder?
Er hat mit Michelle eine... hm
... ob man das Beziehung nennen kann weiß ich nicht. Auf jeden Fall herrscht da so ein komisches hin und her zwischen den beiden und wenn es gerade mal nicht so läuft kommt er bei mir an. Er hofft jedes mal, dass ich ihm verrate wie er Michelle wieder rum bekommt.

Ich fühle mich seit dem ersten Tag wie so eine Beziehungsberaterin für die beiden. Wenn die wüssten, dass ich selber erst eine einzige Beziehung in meinem Leben hatte und zwar eine im Kindergarten mit dem sandfressenden Freddy würden sie sich ganz schnell eine andere suchen.

Da er merkt, dass ich keinen Redebedarf habe verbringen wir die letzten Meter zum Klassenraum schweigend. Ab hier trennen sich dann auch unsere Wege da er nämlich zwei Klassen höher als Michelle und ich ist. Vom Verhalten merkt man das ihm aber nicht wirklich an.

Als ich den Klassenraum betrete sehe ich Michelle schon auf unserem Stammplatz sitzen. Geschickt steige ich über die ganzen Taschen neben den Tischen auf dem Boden und komme ohne zu stolpern bei meinen Platz neben Michelle an.

"Wo warst du solange?" fragte sie mich und schaut mich an.

"Wurde mal wieder von David aufgehalten." antwortete ich ihr nur und lege meinem Kopf auf die Tischplatte. Ich will in mein Bett.

"Ach jetzt kommt der schon bei dir an oder was!?" fing sie an rumzumeckern. " Ich bin fertig mit dem. Das der dieses Mädchen auf der Party letztens geküsst hat war echt das letzte. Der braucht nicht noch mal bei mir angekrochen kommen."

Ja das sagt sie jedes mal und trotzdem sind die spätestens zwei Wochen später wieder 'zusammen' da sie nicht ohne den anderen können. Ich verstehe die beiden nicht. Aber warscheinlich tun sie es selber auch nicht mal.

Als auch noch Herr Winter den Raum betritt schaltet mein Gehirn vollkommen in dem Schlafmodus.

"Hey Fay, " flüstert Michelle und schüttelt an meiner Schulter.

"Waaas." Gebe ich genervt von mir. "Lass mich schlafen."

"Mach das zu Hause Herr Winter schaut dich schon die ganze Zeit genervt an, weil du nicht aufpasst." Flüsterte sie mir weiter zu.

"Ja und soll er doch," sagte ich hebe aber trotzdem meinen Kopf vom Tisch hoch.

"Was sollen wir eigentlich machen?" Diese mal flüsterte ich.

"Na das Gedicht zu Ende schreiben."

"Welches Gedicht?" fragte ich sie voll kommen verwirrt.

"Das, welches wir letze Stunde beginnen sollten." fragend schaute sie mich an ob ich mich erinnere.

"Ich kann mich nicht dran erinnern je ein Gedicht in meinem Leben geschrieben zu haben. Sehe ich aus wie Van Gogh oder was?"

"Das war ein Künstler."

"Na und Künstler können auch Gedichte schrieben. Sänger sind auch Künstler."

"Dann halt Maler." seufzte sie genervt.
"Und jetzt fang endlich an sonst musst du noch nachsitzen."

"Ja Mama." sagte ich und strecke ihr die Zunge raus.

Von ihr kommt nur ein lächelndes Kopfschütteln ehe sie sich wieder ihrem Gedicht zuwendet.

Ich wünschte ich hätte ihre Ideen. Mein Kopf ist nämlich leer und ich weiß nicht warum man in der Schule lernt ein Gedicht zu schreiben.

Seufzend starre ich auf mein leeres Blatt.