Stadthafen 6

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„Lass' uns was spielen!", schlug ich vor. Fynn hatte es sich mit seinem Kopf auf meinem Schoß bequem gemacht und bis jetzt hatten wir uns nur an geschwiegen. Selbst das von heute morgen hatte ich ihm längst verziehen, auch wenn ich das niemals offen zugegeben hätte. „Und was?", fragte er interessiert. „Keine Ahnung.", antwortete ich nur. Ich hatte den Vorschlag eher so aus dem Blauen heraus gemacht. „Wahrheit oder Pflicht?", fragte er grinsend. Ich seufzte, nickte dann aber doch. Warum eigentlich nicht? „Ich fange an", meinte ich gleich darauf, „Wahrheit oder Pflicht?" „Wahrheit.", antwortete er. Ich musste kurz überlegen. „Was magst du an mir?" „Alles", antwortete er. „So war das nicht gemeint!", beschwerte ich mich und gab ihm einen Klaps auf die Brust, „Ich meinte, was dir am meisten gefällt." „Versprich, dass du mich nicht schlägst, wenn ich ehrlich bin" Ich blickte abschätzend auf ihn herab. Er schien es ernst zu meinen. „Okay", gab ich mich geschlagen. „Dass du ziemlich selbstsicher herüberkommst und doch eigentlich total schüchtern bist.",meinte er. Etwas ungläubig blickte ich ihn an. Er mochte etwas an mir..., meiner Persönlichkeit? „Ich bin dran.",lenkte er ab, „Wahrheit oder Pflicht?" ich war innerlich zwar immer noch ziemlich aufgewühlt, antwortete aber dennoch: „Wahrheit." „Würdest du mich jemals freiwillig küssen?" Und anstatt ihm zu antworten, beugte ich mich herunter und drückte meine Lippen auf seine.

Seine Hand fuhr hoch in mein Haar und er setzte sich langsam auf, ohne unsere Verbindung zu brechen. Er erwiderte, und ich merkte wie sich in meiner Magengegend etwas regte. Ein leichtes Ziehen. Aber keinesfalls ein unangenehmes. Es war anders als alles was ich jemals erlebt hatte. Er schmeckte nach Pfefferminz... Als ich mich schließlich von ihm löste waren wir beide außer Atem. Keuchend verharrten wir beide Stirn an Stirn. „Gute Antwort.", meinte er und schloss die Lücke zwischen uns ein weiteres Mal.

Es war gar nicht so einfach gewesen, die Konversation danach wieder aufzunehmen.Wir waren beide ziemlich überrumpelt von meiner Aktion. Selbst ich hatte keine Ahnung, warum ich plötzlich den Drang gehabt hatte ihn zu küssen. Vielleicht, weil er mir sonst immer zuvorkam? Jedenfalls war es danach schon ein bisschen seltsam gewesen, für mich zumindest. Ich hatte noch nie zuvor jemanden so geküsst wie Fynn. Doch er händelte das Ganze viel besser als ich. Er hatte mich nicht gehen lassen, und einfach weiter geredet, ohne das kleinste Anzeichen, dass ihm die Situation unangenehm war. Wie hatte ich ihn jemals so hassen können? Was allerdings ein größeres Problem darstellte, war mein Gewissen. Wie lange könnte ich unsere Treffen noch geheim halten? Eines wurde mir nämlich bewusst, als ich hier mit Fynn an der Hafenkante saß, die Arme um seine Brust geschlungen, den Kopf in sein Shirt vergraben. Ich wollte es nicht geheim halten. Andererseits wollte ich weiterhin mit meinen Freundinnen befreundet bleiben. Und auf deren Reaktion freute ich mich am wenigsten. „Woran denkst du?", fragte mich Fynn, und brach damit die Stille. „An uns."„Aha", meinte er. „Und an die Anderen." „Okay..." Ich hob den Blick um ihn anzusehen. „Das geht alles so schnell." Und das stimmte. Vor wenigen Wochen hatte ich ihn nicht ausstehen können, heute hatte ich ihn geküsst. „Ja, nicht?", Fynn nickte und betrachte das Wasser, bevor er mir wieder in die Augen sah. „Vielleicht träume ich ja doch." Ich schüttelte lächelnd den Kopf. „So funktioniert das glaube ich nicht...dann müsste ich ja auch träumen" Und jetzt mussten wir beide grinsen. Fynn gab mir einen zarten Kuss auf die Stirn. „So wahr, Vögelchen." Ich ließ meine Kopf wieder auf seine Brust sinken. Langsam fing ich an, selbst diesen bescheuerten Spitznamen zu mögen.

Nächster Teil folgt...

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