Versteinertes Herz /Part 3

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,,Bitte, komm wieder zurück", war der Satz, den Hicks flüsterte, bevor er seine Lippen auf Astrids legte. Er küsste sie weiter. Und weiter. Und weiter.
Als Hicks sich wieder aufrichtete und seine Augen öffnete, konnte er es einfach nicht fassen. Niemand konnte es fassen.
Es war nichts geschehen.

,,W-Was ist los? Wieso passiert nichts?!", kam schockiert von Rotzbakke. ,,Ich weiß nicht. Irgendwas muss falsch gelaufen sein!", rief Fischbein panisch. ,,Was machen wir jetzt?!", fragte Raffnuss hektisch. ,,Vielleicht muss der Kuss länger sein?", schlug Valka vor. Grobian: ,,Oder kürzer?" ,,Quatsch. Wenn dann länger und...und...", wollte Taffnuss sagen, geriet allerdings ins Überlegen für das passende Wort und wurde von seiner Schwester unterbrochen: ,,Intimer!" ,,Richtig!", sagte Taffnuss erfreut. Doch dann änderte sich seine Miene, als er die Worte seiner Schwester richtig verstand. ,,Halt. Warte. Intimer? Nein, nein. Ich meinte sanfter." Rotzbakke keifte: ,,Wie soll intim auch funktionieren, ihr Dickschädel?! Soll Hicks ihr jetzt das Shirt vom Leibe reißen? Oh, Halt. Das geht ja gar nicht." Den vollendenden Satz schrie er: ,,Weil sie nämlich ein Stein ist!!!"
Hicks blendete dieses Gespräch völlig aus. Er bekam nicht mit, dass die Zwillinge und Rotzbakke über intime Küsse und vom Leibe gerissene T-Shirts redeten. Wie könnte er das auch mitbekommen? Wie könnte er sich auf etwas anderes konzentrieren als auf den Stein vor sich. Astrid vor sich. Eine versteinerte Astrid, die nicht den Anschein machte, dass sie wieder von ihrem Steindasein zurückkehrte. Es konnte nicht wahr sein! Hicks konnte es einfach nicht fassen. Vor dem Kuss hatte er noch Hoffnung gehabt, aber jetzt war keine mehr übrig. Er hatte Astrid geküsst, so wie auf dem Zettel stand. Nur wahre Liebe kann versteinerte Liebe besiegen. Und Hicks hatte Astrid mit einem Kuss seine Liebe gezeigt. Aber es war nichts geschehen!
Unfähig, auf irgendeine andere Lösung zu stoßen, lehnte er sich noch einmal vor. Er küsste Astrid immer und immer wieder. ,,Komm schon...", murmelte er. ,,Wach wieder auf!" Er küsste sie nochmal. ,,Komm zurück zu uns!" Der nächste Kuss. ,,Wieso kommt du nicht zurück?!", schrie Hicks als er sich wieder aufrichtete.
Die Anwesenden wussten nicht, was sie sagen sollten. Sie hatten das Gefühl, jede falsche Bewegung, jeder falsche Muckser könnte Hicks zum Überkochen bringen. Innerlich war er allerdings sowieso schon am Ende.
Natürlich war es generell mal, weil Astrid versteinert war und er sie nicht zurückholen konnte. Aber im Moment konnte er nur an eine Sache denken: An den Grund, warum er sie nicht zurückholen konnte. Der Satz des Zettels geisterte ihm im Kopf herum. Nur wahre Liebe kann versteinerte Liebe besiegen. Nur wahre Liebe. Wahre Liebe.
Hicks wollte sich einreden, dass diese Aufzeichnungen nicht stimmten oder irgendetwas anderes falsch war. Aber nicht, dass er der Falsche für Astrid war. Er war nicht ihre große Liebe? Nicht ihre wahre Liebe? Das, was zwischen Astrid und ihm lief, war keine wahre Liebe? Diese unglaublichen Gefühle waren nicht von Bedeutung? Waren nicht echt? Sie waren nicht perfekt füreinander geschaffen?
Hicks hasste den Gedanken, dass es einen anderen Mann auf der Welt gab, der Astrid glücklicher machen konnte, als Hicks selbst. Genau das war es doch, was Hicks wollte. Astrid glücklich machen. Und ein anderer konnte das besser?
Verzweiflung machte sich in dem Drachenreiter breit. Nein. Er durfte jetzt nicht verzweifeln. Astrid, seine Freundin, die er über alles liebte, brauchte ihn jetzt!
Da! Seine Freundin, die er über alles liebte. Es stimmte. Natürlich liebte er sie über alles. Er vergötterte sie. Das konnte doch nichts anderes als Liebe sein, oder? Nichts anderes als wahre Liebe.
Hicks räusperte sich kurz und begann, ohne den Blick von Astrid zu nehmen, zu reden: ,,Das gibt es einfach nicht. Wenn Astrid nicht wieder normal wird, heißt das wirklich...ich bin nicht ihre wahre Liebe? Nein...Das kann nicht sein. Ich glaube das nicht. Ich kauf das diesem...Drachen oder diesem Zettel oder wem auch immer nicht ab. Ich liebe Astrid. Ich liebe sie über alles. Sie ist die einzige Frau, die ich mir an meiner Seite vorstellen kann. Sie macht mich glücklich, was mich dazu bringt, sie auch glücklich machen zu wollen. Unsere Gefühle beruhen alle auf Gegenseitigkeit. Wir lieben uns. Wir verstehen uns. Wir haben schon so viel zusammen erlebt. Haben so schwere Zeiten gemeinsam durchgestanden. Und unsere Liebe ist nur größer geworden. Unsere...Liebe. Unsere Liebe, die sicher nicht übertroffen werden kann. Nein. Kein anderer Mann schafft es, so eine Bindung mit Astrid zu haben. Und warum...? Weil das zwischen Astrid und mir die wahre Liebe ist! Mehr als wahre Liebe geht nicht. Es gibt nichts, das wahre Liebe übertreffen kann."
Hicks atmete tief ein, nach seiner langen Rede. Man möge glauben, dies wäre neben den Freunden und der Mutter einfach nur peinlich, aber in Wahrheit machte es niemandem etwas. Nicht in dieser Situation. Selbst die Zwillinge und Rotzbakke blieben ernst. Sie fanden dieses Liebesgeständnis nicht einmal ekelhaft. Das einzige, woran sie in dem Moment dachten, war, wie gerne sie Astrid jetzt gesund und munter sehen würden.
Hicks kniff seine Augen zusammen. Er hatte Astrids Hand die ganze Zeit über gehalten. Er fühlte, wie jemand die Hand auf seine in Astrids liegende Hand legte. Seine Mutter. Sie wollte ihm Trost spenden und ihm irgendwie helfen. Aber Hicks ließ die Augen zugekniffen und achtete auf nichts um ihn. Würde seine Mutter nun irgendetwas zu ihm sagen, würde er es nicht wahrnehmen.
,,Was zum- Hicks, sieh mal!"
Auf diesen Kommentar schreckte Hicks sofort hoch. Er konnte nicht anders, als einen Hoffnungsschimmer zu empfinden und zu erwarten, dass Astrid tatsächlich zurückgekommen war. Doch sie war noch immer versteinert. Als seine Mutter einem leichten Druck auf seine Hand ausübte, schaute er auf ihre Hände. Er riss seine Augen überrascht auf, als er bemerkte, dass die Hand, die auf seiner lag, nicht die seiner Mutter war. Ja. Tatsächlich. Astrid hatte sich bewegt. Ihre Hand war zuerst unten gelegen und hatte dann ihre auf Hicks gelegt. Sie war aber noch grau wie Stein. Aber...Sie war so weich. ,,Astrid...?", flüsterte Hicks und wunderte sich selbst darüber, wie heiser seine Stimme klang. ,,Astrid?" Nochmal. Er drückte Astrids Hand und tatsächlich - Ihre Hand war weich, nicht mehr so hart wie Stein. Im nächsten Moment schon begann der Stein abzubröckeln. Hervor kam eine hautfarbene, ganz normale Hand von Astrid. Der Stein bröckelte immer mehr ab. Die Prozedur wanderte ihren Oberarm hinauf, dann an ihrem Oberkörper hinunter, gleichzeitig auch an ihrem Gesicht. Die Drachenreiter konnten nicht anders, als geschockt zuzuschauen. Sie realisierten es erst so richtig, als Stein von ihren Augen fiel und ein wunderschönes Blau zum Vorschein kam, als ihre Lider nach oben wanderten. ,,As..." Hicks wollte ihren Namen sagen, doch er kam nicht weit. Der Schock saß zu tief. Dies war gerade zu schnell gegangen.
Astrid zwinkerte zuerst verwirrt, bevor sie ihren Kopf leicht nach links drehte und Hicks erspähte. In dem Moment, in dem sich ein Lächeln aus ihrem Lippen formte, fiel Stein von ihren Haarspitzen auf das Bett, wodurch ihre ganzen blonden Haare nun zu sehen waren. Leise murmelte sie: ,,Wieso hältst du nur so eine peinliche Rede vor den anderen?" Das Lächeln verließ ihr Gesicht nicht. Hicks stammelte: ,,D-Du hast das... gehört?" Er wusste, dass Astrid lebend vor ihm lag, aber irgendwie realisierte er es trotzdem nicht so richtig. ,,Idiot" Astrids Lächeln wurde breiter. Und dann verstand Hicks es endlich. Das vor ihm war... Astrid setzte fort: ,,Aber ich muss schon sagen..." Das vor ihm war...Astrid. Kein Stein. Sondern Astrid. Astrid war zurück. Astrid beendete ihren Satz: ,,Ich liebe dich au-" Tja, sie hätte ihn beendet, allerdings wurde sie unterbrochen, als Hicks sie küsste. Es war nur ein ganz kurzer Kuss, dann umarmte er sie fest. ,,Wow", keuchte Astrid. ,,Wie lange bin ich denn weg gewesen? Für mich hat es nur so wie eine Stunde gewirkt, aber wie es aussieht, war ich länger weg." Hicks murmelte: ,,Nein, es war eine Stunde. Aber diese Stunde hat einfach viel zu lange gedauert."
Astrid trennte sich kurz aus der Umarmung, um sich aufzusetzen. Als sie das tat, spürte sie nach einer Stunde wieder ihren Körper. Ja, es war ein gutes Gefühl. Es war auch irgendwie witzig, dass auf dem Bett nun lauter kleine Steine lagen. Astrid hatte wirklich eine Steinspur hinterlassen.
Gleich nachdem Astrid sich aufgesetzt hatte, umarmten sie und Hicks sich wieder. Sie schaute zu ihren Freunden auf. ,,Hallo übrigens. Ich hab euch auch vermisst." Sie schaute durch die Runde. Alle lächelten überglücklich. Raffnuss allerdings weinte und sinkte bald schon zu Boden. Unter Tränen jammerte sie: ,,Ich hab so Angst um dich gehabt...Oh, Astriiiiid" Rotzbakke und Fischbein schnellten gleich an ihre Seite. ,,Oh, Süße, deshalb musst du doch nicht heulen.", meinte Fischbein. Von Rotzbakke kam: ,,Baby, du kannst dich immer schön an mir ausweinen." Auf einmal schaute Raffnuss auf, wischte sich die letzte Träne weg und sagte trocken: ,,Mir geht's wieder besser." Sie stand wieder auf. Fischbein und Rotzbakke taten es ihr niedergeschlagen gleich.
Hicks streichelte durch Astrids Haare. ,,Ich weiß, es war nur eine Stunde. Aber ich hab solche Panik gehabt. Und ich hab dich so sehr vermisst." Astrid küsste ihn auf die Wange. ,,Schon gut. Es klingt zwar so, als wäre ich ein Jahr weg gewesen, aber wer weiß, wie ich mich an deiner Stelle gefühlt hätte. Jetzt bin ich ja hier." Hicks löste sich aus der Umarmung. ,,Warum bist du eigentlich hier?" Grobian kam zu Wort: ,,Stimmt. Wieso eigentlich hat es jetzt doch funktioniert. Fischbein überlegte fieberhaft. ,,Mal sehen...Die Küsse scheinen ja nichts gebracht zu haben. Nachdem Hicks sein Liebesgeständnis gehalten hatte, ist Astrid wieder zurückgekommen." Hicks blickte von Fischbein ins Leere. ,,Nur wahre Liebe kann versteinerte Liebe besiegen." Er hielt kurz inne. Dann: ,,Wir sind solche Idioten! Wir haben gleich angenommen, dass ich meine Liebe mit einem Kuss beweisen muss. Wir haben gar nicht an etwas anderes gedacht. In Wahrheit muss man seine Liebe anscheinend einfach aussprechen und sich wirklich sicher sein, dass das wahre Liebe ist. Oh, Mann..." Er schlug sich auf die Stirn. Rotzbakke sagte: ,,Jetzt fühl ich mich ziemlich dumm." ,,Ja.", bestätigte Fischbein. ,,Ähm...Was? Könntet ihr mir bitte mal erklären, über was ihr hier redet?", fragte Astrid und zog ihre Augenbrauen hoch. ,,Hm?" Hicks wandte sich wieder ihr zu. ,,Ich dachte, du hast uns gehört." ,,Nein. Erst gegen Ende. Als du mitten in deiner Rede warst. Wo ich praktisch beim ,,Auftauen" war." ,,Oh." Hicks schwieg kurz. Dann auf einmal umarmte er sie wieder. Verwirrt legte Astrid ihre Arme um ihn. ,,Ich werde dir nachher alles erzählen. Aber für's erste musst du nur eines wissen." ,,Was denn?" Hicks kuschelte sein Gesicht noch mehr an Astrids Haare und lächelte. ,,Das zwischen uns ist wahre Liebe. Wir werden für immer und ewig zusammen sein."

☆Hiccstrid ~ Oneshots☆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt