Ingwers Arme schmerzten bereits, so fest hielten sie ihre Bewacher den ganzen Weg über. Wohin sie gingen, konnte sie nur ahnen. Zu fragen hätte wenig Sinn, außerdem war ihr gar nicht danach zumute, so elend fühlte sie sich. Der Boden unter ihren Füßen war eben und fest, aber dies änderte sich, je weiter sie gingen.
Irgendwann wurde er sandiger, das Sonnenlicht verschwand. Sie mussten ein Gebäude oder etwas ähnliches betreten haben. Es war kühl hier und der starke Geruch nach bitterem Alkohol verursachte ihr leichten Schwindel.
Dann wurde sie wurde losgelassen. Eine schneidende Frauenstimme befahl: "Wartet hier. Ich muss unsere anderen Gäste noch begrüßen."
Schritte entfernten sich. Zeit verging. Dann kehrte das Geräusch zurück.
"Kommt. Sie wird bei mir wohnen."
Ingwer schluckte. Bei ihr? Warum um alles in der Welt soll sie bei 'ihr' leben? Was hat sie nur vor?
Die Wachen führten sie in einen anderen Raum und setzten sie auf eine weiche Unterlage. Etwas klimperte und ehe sie begriff was geschah spürte sie, wie sich kaltes Metall um ihr rechtes Fußgelenk schloss."Geht nun. Mir wird nichts geschehen", sagte die Frauenstimme, diesmal etwas milder.
Dann waren sie allein.Ingwer spürte, wie der Knoten ihrer Augenbinde gelöst wurde. "So ist es doch viel besser, nicht?" Die junge Sucherin sah hoch und erschrak.
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Kiras Lippen zitterten, als sie zum stehen kamen. Weit waren sie nicht gegangen. Grob geschätzt könnten sie die Mauern umrundet haben, aber das war nur eine dunkle Ahnung.
"Bleibt stehen," befahl Theron. "Wir müssen auf den Schlüssel zu eurem neuen Zuhause warten. Dumm nur, dass das Schloss bloß eine Öffnung hat. Ratet mal wo?" Er legte eine absichtlich lange Pause ein, bevor er losprustete: "Außen natürlich!"
Seine Männer lachten lauthals. Manche taten dies wohl aus Boshaftigkeit, bei einigen klang es gedrückt, als ob sie sich zwingen müssen. Kira kam das merkwürdig vor.
"Sehr witzig," flüsterte Jack. "Was für ein Arschloch. Wüsste gerne, wie der an den Posten gekommen ist. Wenn er denn der ist, der er zu sein vorgibt."
Irgendwann tat sich etwas. "Macht Platz, ich habe noch zu tun", hörte Kira eine Frauenstimme befehlen. Jemand ging ganz nah an ihr vorbei und verströmte dabei einen süßlich-herben Duft, der schnell verflog. Die Person blieb stehen, atmete tief ein und sprach erneut, aber in eine andere Richtung:
"Tretet zurück meine Kinder. Ihr bekommt Besuch. Natürlich werdet ihr Ihnen nichts tun und gute Gastgeber sein."
Nichts tun? Warum erwähnte sie das? Kiras Gedanken rasten und sie bemerkte erst nicht, dass alle losgingen. "Los. Mach schon", sagte der Wachmann, löste den Griff von Kiras Arm und schubste sie leicht.
"Die Augenbinden werdet ihr erst abnehmen, wenn wir es sagen", sagte Theron. "Das ist zu eurer eigenen Sicherheit. Glaubt mir."
Kira setzt vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Jack musste direkt hinter ihr sein, sie konnte ihn atmen hören, so still war es. Noch ein Schritt. Einen kurzen Moment lang lief ihr ein Schauer den Rücken herunter und irgendetwas schien von allen Seiten an ihr zu ziehen. Wie kleine, kaum spürbare Nadelstiche, die auch nicht verschwanden, als sie weiterging.
"Stop. Ihr könnt die Binden abnehmen. Essen gibt es dreimal am Tag. Wer sich beschwert, bekommt gar nichts, verstanden?" Therons Stimme klang auf einmal merkwürdig dumpf.
Kira nahm das Tuch ab, blinzelte und sah nach oben. Das blaugrau des Himmels hatte sich in schmutziggelb verwandelt. Sie waren im Innern der Kuppel gefangen.
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Die Sucher - Das Geheimnis der Spürsteine
Teen FictionDie 15-jährige Kira besitzt eine tödliche Gabe. In ihrer Nähe werden aus Kerzenflammen kopfhohe Feuer, schrumpfen große Brände zu glimmenden Aschehaufen. Sie wird gefürchtet und gemieden, lebt ziellos in den Tag hinein. Bis sich in einem Frühling al...