Kapitel 16

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"Es muss nicht so sein, Izzy. Er ist ja wirklich schon gut drauf."

"Clary, du hast selbst gesagt, dass er wahrscheinlich noch eine Rune brauchen wird, bevor er wieder ganz fit ist. Oder sogar mehrere!"

"Ich weiß, Izzy. Aber sieh dir Jace an. Er ist fit, er hat Recht."

"Das glaub ich jetzt nicht. Du und Jace? Eine Meinung? Normalerweise gibt es immer drei verschiedene Meinungen!"

"Tja, Premiere: Es gibt nur eine Meinung: Dass ihr Jace machen lassen sollt, dann sieht er selbst, wie fit er ist."

"Du willst ihn wirklich einfach machen lassen? Ohne jede Rücksicht auf Gesundheit?"

"Er wird schon sehen wohin in das bringt! Zu einer weiteren Rune, wie die... Du weißt schon."

"Ja, ich weiß. Aber ganz ehrlich? Ich verstehe dich nicht."

"Warum? Es ist doch einleuchtend."

"Nein, ist es nicht. Du hättest früher alles daran gesetzt, Jace am Leben zu halten. Du bist mit mir hierher zurückgekehrt, nur um das zu tun. Und jetzt ist es dir egal? Was ist mit dir los, Clary?"

"Ich muss einfach zurück aufs College. Übermorgen muss ich wieder dort sein."

"Warum?"

"Weil ich nicht die ganze Zeit schwänzen kann!"

"Clary, das war dir noch egal, als du hierhergekommen bist. Es muss einen anderen Grund geben. Sag ihn mir, bitte."

"Ich kann dir keinen anderen Grund sagen, weil es keinen anderen gibt."

Izzy seufzte. "Na dann. Gute Nacht, Clary. Aber bitte schau nochmal nach Jace, bevor du abreist."

"Ja, mache ich. Aber ich muss schon früh raus."

"Ist doch egal. Er würde sich umbringen, wenn du noch einmal gehst, ohne, dass er sich von dir verabschieden konnte."

"Na gut. Ich sehe nach ihm. Ich werde morgen in der Früh meine Sachen packen, zu Jace gehen, ihm, wenn es nötig ist, noch eine Rune geben und dann bin ich weg."

Izyy nickte. Dann umarmte sie mich. Obwohl ich ihr nicht einmal sagen konnte, warum ich wirklich wegmusste. Ja, das Schwänzen war mir egal. Mehr oder weniger. Was, oder besser gesagt, wer mir aber nicht egal war, war Sebastian. Greg hat mich gestern angerufen und mir erzählt, dass ein Junge, oder Mann, wie man es nimmt, nach mir gefragt hat. Er heißt Sebastian und hatte blonde Haare. Er war der Grund, warum ich zurückmusste.

Obwohl das absurd klingt, ich muss  Sebastian selbst sehen, bevor ich glaube, dass er lebt. Er konnte nicht leben! Ich hab ihn umgebracht! Aber wenn er zurück war und nach mir suchte, verhieß das nichts Gutes. Sebastian verhieß nie Gutes.

Am nächsten Tag quälte ich mich also um fünf Uhr aus dem Bett, weil ich um sieben im College sein musste.

Ich zog mir normale Klamotten an und ging zu Jace. Er erwartete mich schon.

"Clary..."

Ich ging zu seinem Bett und sah sofort, dass er ohne eine Rune nicht überleben kann. Also schluckte ich einmal, griff nach einer Stele und machte mich mit geschlossenen Augen ans Werk.

"Besser?", fragte ich, als ich fertig war.

"Ja", antwortete Jace und auf einmal waren unsere Gesichter ganz nah beieinander.

"Jace, ich muss gleich los", sagte ich und ging einen Schritt zurück.

"Leb wohl, Clary."

"Ich gehe nicht für immer. Ich komme jeden Tag in der Früh, bis du keine Rune mehr brauchst."

"Dann wohl eher: Bis morgen, Clarissa."

"Clary. Bitte nenn mich nicht Clarissa."

"Gut. Bis morgen, Clary."

"Bis morgen, Jace." Wenn Sebastian mich bis dahin noch nicht umgebracht hat.

"Warum musst du zurück aufs College?"

"Weil ich nicht die ganze Zeit schwänzen kann."

"Aha." Ich hörte, dass Jace mir nicht wirklich glaubte.

"Tschüss, Jace."

Und in diesem Moment wusste ich, warum Jace sich nicht von mir verabschiedet hat. Es wäre so geendet wie jetzt: ich lag schluchzend in seinen Armen und er sah mich verwirrt an, doch hielt mich fest und strich mir übers Haar. Als hätte ich ihn nie verlassen, als hätten unsere Wege sich nicht getrennt. Er hielt mich so, wie er es vor meiner Zeit im College auch getan hätte.

"Was ist denn los?", fragte Jace, als ich mich wider ein wenig beruhigt hatte.

Ich schüttelte den Kopf. Ich konnte ihm nicht verraten, dass Sebastian zurück war, solange ich mir nicht ganz sicher war.

"Ich glaube ich habe dich einfach vermisst", antwortete ich stattdessen.

"Clary, ich kann mitkommen..."

Wieder schüttelte ich den Kopf. Aber vielleicht wäre es ganz schlau, Sebastian nicht alleine über den Weg zu laufen... Nein, ich kann Jace da nicht mit reinziehen! Sebastian hat mich gesucht, nicht Jace!

"Schon gut, Jace, ich komme klar. Ich sehe dich ja morgen wieder."

"Ja."

Und dieses Mal tat ich nichts dagegen, dass Jace sich vorbeugte und mir tief in die Augen schaute, bis wir uns ganz nah waren. Ich hielt Jace auch nicht davon ab, mich zu küssen. Dieses Mal verhinderte Alec unseren Versöhnungskuss.

"Oh.. Ähm, ich denke, ich.. komme später nochmal?"

"Nein. Nein, bleib ruhig", sagte Jace, ohne seinen Blick von mir abzuwenden.

Und obwohl Alec uns zuschaute und obwohl ich wahrscheinlich in den nächsten paar Stunden von Sebastian entführt werde, küsste ich Jace.

Als wir uns voneinander lösten war Alec nicht mehr da.

"Ich habe dich vermisst, Clary, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr..."

"Ich komme morgen wieder, Jace", sagte ich und küsste Jace noch einmal. Dann nahm Jace meine Hand und begleitete mich zur Tür, auch wenn sie nur ein paar Schritte entfernt war.

"Bis morgen, Clary", sagte Jace und küsste mich noch einmal. Und noch einmal. Und irgendwie lagen wir nach einer Weile doch wieder auf einem der Betten.

"Ich will den Moment nicht zerstören, a..."

"Dann lass es  doch sein, Clary", sagte Jace. "Du musst das Studium nicht abschliessen, du kannst einfach zu mir zurückkommen, oder besser noch, jetzt bei mir bleiben."

"Nein, Jace, ich mache meinen Abschluss. Aber dann komme ich wahrscheinlich zu dir zurück", sagte ich, küsste Jace und ging dann aus dem Zimmer. Draußen stand Alec.

"Das hat gedauert", sagte er und schaut theatralisch vorwurfsvoll auf seine Armbanduhr.

"Haha, sehr lustig, Alec. Ich komme morgen übrigens noch einmal, ritze Jace eine Rune und gehe dann wieder zum Campus. Solange, bis Jace wieder fit ist."

"Du meinst, solang, bis er dir wieder auf die Nerven geht?"

"Nein, solange, bis Jace wieder fit ist."

"Na gut."

"Ich muss jetzt aber los, also tschüss, Alec!"

Ich beeilte mich, aus dem Institut zu kommen, bereitete mein Portal vor und ging durch.

Die Chroniken von BardenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt