Kapitel 11

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Warum tat ich mir das an? Ich verstand mich selbst nicht mehr. Ich habe Isabelle zugesagt und bereute das jetzt. Ich stand im Flur des Institutes. Isabelle hatte darauf bestanden, noch am selben Tag aufzubrechen. Also, hier war ich jetzt und ich wollte nichts dringender, als mich in Gregs Arme zu flüchten.

"Jace ist bereit", ertönte eine bekannte Stimmd, verzerrt vor Sorge. Alec, Jaces Parabatai. Ich drehte mich zu ihm um. In seinen Augen konnte ich ablesen, wie schlecht es Jace ging. Ich hatte die Worte "Es tut mir Leid" auf den Lippen, verkniff sie mir aber. Ich werde Jace helfen.

"Ich auch." Hoffe ich, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Ich wusste, dass ich Alecs einzige Hoffnung war, auch wenn er das nie zugeben würde. Nach außen hin hasste er mich noch immer, wenn auch nicht so schlimm wie früher.

"Komm mit. Ich bleibe vor der Tür. Ihr werdet allein sein."

Alec ging voraus und ich beeilte mich, ihn einzuholen.

"Er wird wieder gesund", sagte ich, doch ich wusste, dass man mir vom Gesicht ablesen konnte, dass ich nicht wirklich so dachte.

Alec musterte mich. "Versau's nicht, okay?"

"Werd ich nicht", versicherte ich ihm.

Alec nickte, dann schwiegen wir beide. Es war dieses unangenehme Schweigen, dass man brechen wollte, allerdings nicht wusste, wie.

"Wie geht's Simon? Meiner Mom? Luke?"

Es war das Dümmste, was ich Alec hätte fragen können, doch ich wollte die unangenehme Stille überbrücken.

Alec zuckte mit seinen muskulösen Schultern. "Keine Ahnung."

Ich nickte. Vielleicht schaue ich nachher bei ihnen vorbei, dachte ich mir.

Doch ER hatte jetzt oberste Priorität.

"Wie läuft dein Studium?", fragte Alec.

"Ist ganz okay", antwortete ich. "Ich glaube nicht, dass dich die Einzelheiten interessieren, hab ich Recht?"

Alec zuckte mit den Schultern. "Du weißt, dass Izzy dich verpetzt hat, oder?"

"Was?", fragte ich perplex.

"Izzy ist zum Rat gelaufen und hat dich verpetzt. Als Schattenjägerin, die ihren Pflichten nicht nachkommt, hat sie dich bezeichnet. Deswegen haben sie dich gesucht und gefunden."

"Isabelle?"

"Ja."

Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. Die Isabelle, die mir letzte Nacht bei der Jagd geholfen hat. Die Isabelle, die meine erste Freundin war. Verpetzt, beim Rat.

"Sie war eifersüchtig auf dich, weißt du? Ich glaube, sie wollte auch ein unbeschwertes Leben auf einem Campus."

"Aha", mehr brachte ich nicht heraus. Ich konnte es nicht glauben. Noch immer nicht. Was ist es an mir, dass Izzy immer eifersüchtig auf mich war?

Nach einer Weile standen wir vor der Tür zu dem großen weißen Raum, in dem ich aufgewacht bin, nachdem Jace mir eine Iratze geritzt hat.

"Clary", sagte Alec und nahm meinen Arm. "Versprich mir, dass du alles tust, um Jace zu retten. Bitte."

Das "Bitte" war fast schon flehend. Ich atmete tief ein. "Alles", sagte ich schlicht. In diesem einem Wort steckten alle Gefühle, die Alec gerade hatte. Angst um Jace. Wut, dass er mich brauchte, um seinen Parabatai zu retten. Und die Selbstbeschuldigung, als hätte er Schuld daran, dass Jace in dieser Lage war. Ein Wort und tausend Gefühle.

Alec nickte wieder und ließ mich los. Ich zögerte einen Moment, überlegte, ob ich noch etwas sagen sollte. Mir fiel aber nichts ein, also verschwand ich in den Raum, um den größten Schock meines Lebens zu bekommen.

Erinnerungen durchfluteten mich. Das Schlimmste daran war, dass alle mit Jace zu tun hatten.

Jace steht vor mir, als ich mit meiner ersten Rune am Arm aufwachte.

Jace und ich, nachdem Jace schwer verletzt war und ich ihm eine verstärkte Iratze geritzt habe.

Jace und ich, als wir nach Alec schauten, als er bewusstlos in einem dieser Betten lag.

Jace kommt durch die Tür, als ich wieder einmal verletzt auf einem dieser Betten lag.

Jace hilft mir, meine Sachen nach einem längeren Aufenthalt meine Sachen in mein Zimmer zurückzubringen.

Jace drückt mir einen Gute-Nacht-Kuss auf die Lippen.

"Clary?", holte mich Jace in die Realität zurück. Ich stand gegen die Tür gelehnt da und Tränen brannten in meinen Augen.

Die Chroniken von BardenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt