Kapitel 20

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Jace weckte mich mit einem Kuss. Gott, wie ich diesen Typen liebte! Langsam öffnete ich meine Augen, doch es war nicht Jaces Gesicht, dass ich anstarrte. Es war Sebastians! Wie konnte ich Jaces Kuss mit seinem verwechseln? Wie konnte mir das passieren?

"Clary, alles okay?"

Ich nickte benommen. Ich war noch immer erstaunt davon, wie leicht ich vergessen habe, wie sich Jaces Küsse anfühlen.

"Das passiert dir doch nicht noch einmal, oder?"

Ich schüttelte meinen Kopf. "Nein", antwortete ich.

Sebastian beugte sich wieder zu mir und küsste mich.

"Wir sollten uns fertigmachen", sagte ich. Hauptsächlich aber nicht, weil ich scharf darauf war, in den Unterricht zu hechten, sondern weil ich ein paar Stunden alleine auf dem Badezimmerboden verbringen wollte.

"Wofür?", fragte Sebastian. Erst dann fiel mir auf, dass sich unsere Umgebung leicht verändert hat. Wir lagen auf einem Himmelbett in einem modernen, aber dunkel eingerichtetem Schlafzimmer, das eindeutig kein Zimmer auf dem College war. Die Frage, wo wir waren, konnte ich mir ersparen: in einer neuen, dunklen Version des Appartments, dass ich zerstört hatte.

Ich schob Sebastian zur Seite. Seltsamerweise ließ er es sich gefallen. Wahrscheinlich weil er wusste, dass ich ihm nicht davonrennen konnte. Ich konnte zwei Türen ausmachen. Eine führte höchstwahrscheinlich auf einen Flur, während die andere wahrscheinlich in ein Badezimmer führte.

"Wo ist das Badezimmer?", fragte ich, ohne Sebastian anzusehen. Sofort stand er hinter mir, legte eine Hand auf meinen Rücken und führte mich zu einer der beiden Türen. Bevor er mich gehen ließ, drückte er seine Lippen noch einmal auf meine. Ich setzte ein Lächeln auf und schloss die Tür zwischen uns. Da fiel mir auf, dass die Tür kein Schloss hatte. Ich machte mir aber nicht die Mühe, Sebastian zu fragen. Wahrscheinlich hatte keine einzige Tür hier rin Schloss. Dann drehte ich mich um und  sah das Badezimmer an.

Es war riesig. Und dunkel. So wie der Rest des Appartments, vermutete ich. Im Eck war eine riesige Badewanne. Daneben ein WC, das aussah, als wäre es teurer als ein Kleinwagen. Auf der gegenüberliegenden Seite, also rechts von mir, war ein Waschbecken mit einem Kasten darunter und einem riesigen Spiegel an der Wand.

Ich stellte mich vor den Spiegel. Ich sah aus wie immer. Aber ich war ausgeschlafen. Ich fühlte mich aber nicht so. Ich fühlte mich, als wäre ich einen Marathon durch das ganze Land gerannt. Aber man sah es mir nicht an. Nicht das kleinste Zeichen von Müdigkeit in meinen Augen, kein Anzeichen auf Augenringe.  Das war eigenartig. Ich war ein offenes Buch, man sah mir alles an. Vielleicht fühlte ich mich aber auch nur so müde, weil ich mich gerade selbst für meinen kleinen Fehler vorhin fertigmachte.

Aber mal ehrlich, wie konnte mir das denn passieren? Sebastian, den ich über alles hasste, derjenige, der mir so viele genommen hat, der Typ, der mir damit droht, Jace umzubringen, wenn ich nicht bei seinen dreckigen Spielchen mitspielte. Ihn hatte ich mit Jace verwechselt. Mit Jace! Jace, den ich liebte, mehr als alles andere auf der Welt, der mir immer wieder gezeigt hat, wie sehr er mich liebte, wie fertig er war, weil er mich ein halbes Jahr nicht gesehen hat. Die beiden habe ich durcheinander gebracht!

Ich bin gerade aufgewacht und das alles war reines Wunschdenken. Ich wünschte mir doch, dass Jace mich aufweckte. Das wünschte ich mir über alles. Das muss es gewesen sein. Du verlierst nicht den Verstand, Clary, dein Unterbewusstsein zeigt dir nur, was du willst.

Das ist die einzige plausible Erklärung. Das musste es gewesen sein.  Ich ging ans Waschbecken, und wollte mir die Zähne putzen, doch dort stand nur eine Zahnbürste.

"Sebastian?", fragte ich.

"Ja, Schatz?"

Ich schluckte. "Hier ist nur eine Zahnbürste."

"Brauchen wir mehr, Clary? Ich bin nicht giftig, genauso wenig wie du."

Er wollte, dass wir dieselbe Zahnbürste benutzten? War er jetzt vollkommen verrückt geworden?

"Nein, ist schon okay", antwortete ich. Hatte ich eine Wahl?

Ich schaute die Zahnbürste an. So schlimm konnte es nicht sein, oder? Auf jeden Fall nicht so schlimm, wie sich gar nicht die Zähne putzen. Ich schnappte mir die Zahnbürste und fing an, mir die Zähne zu putzen. Ich beobachtete mich im Spiegel. Bin ich einfach nur paranoid, oder ähnelten meine Gesichtszüge wirklich denen von Sebastian? Ich schloss die Augen und schüttelte meinen Kopf. Schnell hörte ich auf, meine Zähne zu putzen und mied jeden Blick in den Spiegel während ich mich umzog. Sebastian hat offensichtlich daran gedacht, mir Kleidung zu beschaffen. Allerdings nicht die Art von Kleidung, die ich freiwillig anziehen würde.

Es war ein schwarzes Top mit viel zu weitem Ausschnitt und ein schwarzer Rock, der viel zu kurz war. Dazu eine blutrote Strumpfhose. Es sah eigentlich gar nicht so schlecht aus, nur war es meilenweit von meinem Geschmack entfernt.

Ich seufzte und zwängte mich in die Kleidung. Als ich fertig war, betrachtete ich mich noch einmal im Spiegel. Ich konnte einfach nicht anders. Mit der Kleidung sah ich aus, wie ein Abbild von Sebastian. Im ersten Moment erschrak ich vor mir selbst. Das kann doch nicht sein. Meine Gesichtszüge können sich doch nicht einfach so verändern. Es muss Einbildung sein. Ich bildete mir das alles nur ein, weil ich Angst davor habe, wozu Sebastian fähig ist.

Ich riss mich vom Spiegel los und öffnete die Tür. Sebastian stand umgezogen vor dem Bett. Als er mich sah, lächelte er und ging auf mich zu. Mein Körper verspannte sich, aus Angst, was als nächstes passieren könnte.

"Clary... Du bist wunderschön", sagte Sebastian und sah mir tief in die Augen. Irgendwie fühlte es sich an, als würde er meine Seele erkunden. Dann zog er mich an sich und küsste mich. Zuerst dachte ich nach, wie ich ihm entkommen könnte, doch als er mich dann aufhob, sodass ich mich an ihm festhalten musste, wusste ich, wenn mich niemand rettete, war ich verloren. Sebastian könnte mich zu allem zwingen. Er hatte das Druckmittel, das er brauchte. Von dem ich dachte, dass er es nie bekommen könnte: Jace.

Sebastian legte mich aufs Bett und in derselben Bewegung legte er sich auf mich. Nicht direkt, er stützte sich auf seinen Armen neben mich ab. Trotzdem war es eine sehr unbequeme Situation.

"Wann gibt es Frühstück?", fragte ich, um Sebastian abzulenken.

"Hast du denn Hunger?", fragte er.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 08, 2015 ⏰

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