3. Lesbenbar

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Langsam schwenkte Beca ihr Bierglas hin und her und beobachtete dabei das Bier, das kleine Wellen schlug. Ein Blick auf ihr Handy, das neben ihr auf dem Tisch lag, verriet ihr, dass sie hier schon seit gut zwei Stunden saß und ihren Gedanken freien Lauf lies. Kurz richtete sie ihren Kopf nach oben, da zwei Frauen an einem anderen Tisch lautstark angefangen haben zu lachen. Dabei fiel ihr Blick auf die Regenbogenfahne an der Wand. Beca war in einer Lesbenbar. Es war für sie das erste Mal. Lange dachte sie, dass es der falsche Ort für sie war. Schließlich war sie mit Jesse zusammen gewesen und war an Frauen auf romantischer Ebene nicht interessiert. Das dachte sie zumindest bis vor wenigen Monaten. Langsam aber sicher entwickelte sich in ihr ein unbeschreiblich schönes Gefühl, sobald sie eine bestimmte Person erblickte. Bei dieser Person handelte es sich um eine Frau. Und diese Frau war, genauso wie Beca, eine Bella. Es war Chloe, in die sich Beca verliebte. Aus ihrer Hosentasche zog sie ein Foto heraus. Auf diesem waren Beca und Chloe zusammen abgebildet. Dieses Foto hatte sie immer dabei. Total verliebt starrte sie das Bild an. Beca wollte es lange nicht wahrhaben und versuchte, die Gefühle zu unterdrücken. Doch dadurch wurde es irgendwie einfach nur schlimmer. Beca war unsterblich in ihre Freundin verliebt. Jedes Mal, wenn sie sie sah, wurde sie unglaublich nervös und bekam ganz weiche Knie. Wegen der ganzen Schmetterlinge im Bauch, konnte sie tagelang nichts essen und nicht schlafen. Ihre Gedanken kreisten nur noch um den Rotschopf und deswegen hatte sie vor drei Tagen mit Jesse Schluss gemacht. Den wahren Grund für die Trennung hatte Beca ihm nicht genannt, denn sie wollte ihn so wenig wie möglich verletzen. Sie hatte lediglich gesagt, dass es mit den beiden nicht funktioniert. Er konnte es natürlich zunächst nicht verstehen, aber hat es letztendlich doch irgendwie mehr oder weniger akzeptiert. Mit der Trennung waren allerdings noch lange nicht Becas Probleme beseitigt. Ihr größtes Problem war schließlich Chloe. Wie sollte sie ihrer besten Freundin, die zudem auch noch Hetero war, nur erklären, dass sie viel mehr als nur Freundschaft empfand? Ihr hatte sie natürlich auch als erstes erzählt, dass es mit Jesse vorbei war. Aber auch ihr hatte sie den wahren Grund nicht genannt. Beca hatte einfach zu große Angst gehabt und war sich zudem immer noch nicht zu hundert Prozent sicher, wie's mit ihrer eigenen Sexualität aussieht und war deswegen auch noch nicht bereit, sich bei ihr zu outen. Deswegen war sie auch in die Lesbenbar gegangen. Vielleicht half ihr das ja, sich selbst besser zu verstehen. "Hier ist dein Bier!", riss die Kellnerin Beca aus den Gedanken. Etwas erschrocken, schaute Beca schnell hoch. Dabei fiel ihr Blick auf eine Frau, die gerade die Bar betrat. "Danke.", hauchte Beca leise und löste ihren Blick dabei nicht von dieser Frau. Sie sah sie nur von hinten, aber sie vermutete, nein wusste, wer diese Frau war! Diese roten Haare erkannte Beca unter tausenden! In dem Moment, wo sich Chloe zu Beca drehte, blieb ihr das Herz für einen kurzen Moment stehen. Sie war es tatsächlich! Chloe war in einer Lesbenbar! Beca konnte ihren Augen kaum glauben. Genau in dem Moment, als Beca der Mund vor Überraschung auffiel, blickte Chloe genau in ihre Richtung und erkannte sie. Sie schaute geschockt. Sie hatte wohl genauso wenig damit gerechnet, Beca hier anzutreffen. Nach kurzer Erholung das Schocks, ging Chloe geradewegs zu Becas Tisch und setzte sich ihr gegenüber. "Was, was machst du hier??", fragte Beca immer noch total überrascht und gleichzeitig auch peinlich berührt. Im selben Moment fiel ihr das Foto ein, das sie noch in der Hand hielt. Blitzschnell ließ sie es wieder in ihre Hosentasche verschwinden. Chloe hatte zum Glück nichts bemerkt. "Ich äh... bin das erste Mal hier! Ich wusste auch gar nicht, dass äh... dass das hier ne Lesbenbar ist! Ein ähm... ein Freund hats mir... mir empfohlen, aber er hat nichts davon erwähnt! ... Wirklich!", stotterte Chloe nervös vor sich hin. Genau in dem Moment kam die Kellnerin wieder vorbei. "Hey Chloe, das Gleiche wie jeden Freitag Abend?", fragte sie die Rothaarige gut gelaunt. Beca zog ihre Augenbraue hoch und schaute ihre Freundin fragend an. Chloe wurde daraufhin rot und nickte der Kellnerin wie ein kleines, ertapptes Mädchen zu. "Soso, das erste Mal hier also...", kicherte Beca, als die Kellnerin sich wieder von den beiden entfernt hatte. Dann muss dich die Frau ja mit einer anderen Frau verwechselt haben, die zufällig auch noch genauso heißt wie du... Und überhaupt: Warum sollte ein Junge eine Lesbenbar empfehlen?", lachte Beca nun und verschränkte selbstsicher ihre Arme vor der Brust. "Na gut, erwischt, ich bin öfters hier. Aber ein Junge könnte den Laden ja trotzdem empfehlen, weil er weiß, dass hier viele heiße Frauen abhängen." . "Heiße Frauen?", hakte Beca nach. "Mhm", stimmte Chloe zu und nippte dabei an ihrem Getränk, das gerade von der netten Kellnerin gebracht wurde. "Und wieso bist du hier? Du warst doch sonst nie hier.", stellte sie nun die Gegenfrage. "Ich? Ich ähm... Wollte einfach mal was ausprobieren...", versuchte Beca ganz cool und locker zu antworten. "Was wolltest du denn ausprobieren? Sex mit ner Frau? Kann ich dir tatsächlich nur empfehlen!", witzelte Chloe gut gelaunt. Beca wurde stutzig und wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie hatte noch nie gehört, wie Chloe meinte, dass Frauen heiß sind und sie wusste auch um Gottes Willen nicht, dass Chloe mit Frauen geschlafen hat! Sie stand also anscheinend doch nicht auf Männer wie Beca es immer gedacht hatte! "Du hattest Sex mit ner Frau??", fragte sie ungläubig vorsichtshalber nach. "Ja, aber es war nur aus Spaß. Es war nur ein One Night Stand. Das heißt aber nicht, dass es nicht gut war. Ganz im Gegenteil! Es war fantastisch! Wir haben ein bisschen geflirtet und sind dann eben im Bett gelandet. Und ich habe es nie bereut.", schwärmte Chloe. Beca staunte nicht schlecht, als sie das hörte. Sie ging immer davon aus, dass Chloe Hetero war. Hatte Beca also doch eine Chance bei Chloe? "Du bist also lesbisch...", wollte Beca wirklich auf Nummer Sicher gehen. "Nein, ich bin pan!", erwiderte Chloe und lächelte Beca daraufhin freundlich an. "Bitte was??", fragte Beca verwirrt nach. Sie hatte noch nie dieses Wort gehört. "Pan. Ich verliebe mich nicht in das Geschlecht, sondern in den Menschen.", erklärte ihr ihre Freundin gelassen. "Also Bi oder wie? Sorry, ich kenn mich da noch nicht so aus.", fragte Beca nochmal unsicher nach. Sie hatte echt keine Ahnung und das war ihr sehr unangenehm. "Nein, Bi- und Pansexualität sind verschieden, auch wenn es auf dem ersten Blick nicht danach aussieht. Wenn man Bi ist, achtet man auf das Geschlecht. Man verliebt sich entweder in einen Mann oder eine Frau. Ich verliebe mich in "alles" sozusagen. Mir ist das egal, in wen ich mich verliebe.", versuchte Chloe es nochmal besser zu erklären. "Okay... ", nickte Beca und tat so, als hätte sie es verstanden. In Wahrheit hatte sie den Unterschied immer noch nicht so ganz verstanden. Chloe durchschaute ihre Freundin. "Ich erklär' dir das ein anderes Mal nochmal genauer.", kicherte sie. "Aber du stehst trotzdem auch auf Frauen, oder?", fragte Beca vorsichtshalber doch nochmal nach. "Ja genau. Und was bist du jetzt eigentlich genau? Ich dachte immer, du bist hetero.", lenkte Chloe das Thema nun auf Beca. "Dachte ich auch... Ich habe keine Ahnung, was ich bin. Jetzt wo ich weiß, dass es sogar vier Sexualitäten gibt, bin ich noch verwirrter.", gibt Beca zu. "Ob du's glaubst oder nicht, es gibt sogar noch mehr! Zum Beispiel Asexualität, Polyamorie und -sexualität, Transexualität, Transgender, Intersexualität, ...", fing Chloe munter an aufzuzählen. "Oh Gott, hör auf, du verwirrst mich nur noch mehr!", unterbrach Beca sie schnell. Sie fühlte sich so schlecht, dass sie sich überhaupt nicht damit auskannte. "Auf was stehst du denn?", fragte Chloe daraufhin neugierig, um ihrer Freundin zu helfen. "Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung... Ich meine, ich war ja mit Jesse zusammen, aber plötzlich hatte ich Gefühle für eine Frau und die waren viel stärker, als die für Jesse. So langsam habe ich das Gefühl, dass ich ihn nur freundschaftlich sehr mochte... Ich glaube, ich weiß jetzt erst wirklich, was Liebe überhaupt ist!", gestand Beca. "Also warst du noch nie in einen Jungen verliebt, aber in eine Frau?", fragte Chloe weiter. "Ich glaube schon.", nickte Beca ihr zu. "Macht es dich denn an, wenn du daran denkst, wie du mit einer Frau rummachst?", haute Chloe total ernst raus. "Chlo!!!", platze es Beca entsetzt aus dem Mund. Sie konnte es nicht glauben, dass Chloe ihr so eine Frage in der Öffentlichkeit stellte. "Was?? Ich will dir nur helfen! Würdest du lieber mit einem Mann oder einer Frau Sex haben?", ließ diese nicht locker. "Das müssen wir doch nicht jetzt klären!", flüsterte Beca als Antwort und schaute dabei nervös um sich, um zu schauen, auf wie viele Leute sich die beiden aufmerksam gemacht hatten. "Antworte auf meine Frage!", bestimmte Chloe und verschränkte dabei ihre Arme vor der Brust. Vorsichtshalber schaute sich Beca noch einmal um, bevor sie sich ihrer Freundin ergeben musste. "Ja.", antwortete sie schließlich ganz leise, als sie sich sicher war, dass keiner zuhörte. "Was ja?", sprach Chloe in normaler Lautstärke, was dazu führte, dass sich Beca schon wieder um sich herum drehte. Chloe fand es süß, wie sie sich so viele Sorgen machte, dass jemand mithörte. "Ja, es macht mich an und ich hätte lieber Sex mit einer Frau. Zufrieden?", zischte Beca schnell, als sie sah, dass ihnen immer noch niemand zuhörte. "Für's erste ja!", grinste Chloe. Das war alles, was sie wissen wollte. "Also hetero bist du auf keinen Fall. Wir finden aber noch heraus was du bist, keine Sorge!", zwinkerte Chloe ihrer Freundin aufmunternd zu, als diese sich wieder etwas beruhigt hatte. "Wenn du das sagst.", zuckte Beca mit ihren Achseln und trank einen großen Schluck aus ihrem Bierglas. Chloe räusperte sich und schaute etwas nervös zur Seite. Sie wollte etwas sagen, doch offenbar traute sie sich nicht so recht. Sie hatte einen Satz von Beca im Kopf, den sie gerade gesagt hatte, der sie nicht in Ruhe ließ. "Ähm... Du meintest ja gerade, dass du plötzlich Gefühle für ne Frau hattest... Sind das denn wirklich echte Gefühle und sind die immer noch für diese Frau da?", gab sie sich einen Ruck. Beca verschluckte sich fast an ihrem Bier, als sie diese Frage hörte. Sie schaute daraufhin in ein stark gerötetes Gesicht. Chloe war die Frage nämlich ebenfalls unangenehm gewesen, da sie insgeheim hoffte, dass sie diese Frau ist, für die die Brünette Gefühle hatte. Beca war sich sicher, dass ihr eigener Kopf in diesem Moment genauso, wie der ihrer besten Freundin aussah. Ja, es waren echte Gefühle und zwar die stärksten und schönsten, die sie jeh hatte und ja, sie waren immer noch für diese eine Frau da. Aber wie sollte sie es Chloe sagen, wenn ausgerechnet sie diese Frau war? "Ich ähm... glaube sch...", fing sie an. "Kann ich euch beiden noch was bringen?", unterbrach sie plötzlich die Kellnerin, die die beiden freundlich anlächelte. "Nein danke, Kate. Im Moment haben wir noch was, aber wie melden uns bei dir, wenn wir ausgetrunken haben.", antwortete Chloe freundlich. Beca atmete kurz durch. Diese Kate hatte sie vor einer sehr peinlichen Antwort gerettet. "Okay.", meinte diese und verschwand wieder. "Red' weiter.", forderte Chloe dann Beca neugierig auf. "Ich... weiß es nicht...", log sie und trank dann schnell einen Schluck Bier. Als sie das Glas absetze, räusperte sie sich nervös. Ihr war klar, dass Chloe nicht zufrieden mit so einer Antwort war. Eigentlich war Chloe es auch nicht, aber sie wollte Beca auch nicht mit den ganzen Fragen auf einmal verschrecken und nickte von daher nur. Innerlich atmete Beca erleichtert auf. Glück gehabt. "Ähm... Gibt es denn bei dir momentan jemanden?", wollte Beca nun auch von ihrer Freundin wissen. Obwohl, wollte sie es wirklich? Wollte sie wirklich enttäuscht werden? Sie sah, wie Chloe beschämt in ihr Glas schaute. "Ich weiß es auch nicht.", gab sie die gleiche Antwort wie Beca, ohne dabei aufzuschauen. Doch auch sie hatte gelogen, denn auch sie war in ihre beste Freundin verliebt. "Wie oft bist du hier eigentlich? Dich scheint hier ja quasi jeder zu kennen.", lenkte Beca das Gespräch schnell auf ein anderes Thema, bevor es noch unangenehmer geworden wäre. "Viel zu oft.", lachte Chloe. "Ich habe ja immer gesagt, dass ich zu Freunden von Russisch lernen gehe... In Wahrheit war ich, außer einmal, nie lernen. Ich war jedes Mal hier.", klärte sie kleinlaut auf. "Kein Wunder, dass du in russischer Literatur immer wieder durchfällst!", lachte nun auch Beca. "Aber sag mal, wieso hast du uns nie die Wahrheit gesagt? Du bist doch sonst immer so offen. Dich hätte doch niemand von uns dafür verurteilt!", wurde sie wieder ernster. "Ich hatte Angst, dass ihr dann denkt, dass ich mich in eine von euch verliebe...", gab Chloe zu. "Wieso sollten wir das denken?", fragte Beca verwundert nach. "Das war bei Cynthia Rose doch auch so. Da haben auch alle gesagt, dass sie was von Stacie will." "Weil das auch wirklich so war!", sagte Beca die Wahrheit. Dass Cynthia Rose Stacie anziehend fand, war nicht zu übersehen gewesen. Dafür musste sie sich nicht einmal outen. Bei Chloe hatte man nie gemerkt, dass sie jemanden attraktiv fand, geschweige denn überhaupt auf Frauen stand. Nur Amy hatte ab und zu Witze gemacht, dass Beca und Chloe gegenseitig Gefühle füreinander haben. Wie sie darauf gekommen war, war für Beca und Chloe ein Rätsel. Doch anscheinend waren sie die einzigen, die es nicht verstehen konnten. Auch die anderen stimmten Amy immer zu und meinten, dass es nicht zu übersehen wäre. Beca hatte sich auch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, bis eben vor kurzem diese Gefühle für Chloe auftauchten. Sie wünschte sich so sehr, dass Bloe tatsächlich existierte. Jetzt wo Beca wusste, dass Chloe nicht hetero war, hatte sie sogar tatsächlich eine Chance bei ihr. "Okay, da hast du irgendwie Recht...", stimmte Chloe schließlich zu. "Aber vielleicht hätten dann alle sofort gemerkt, dass ich was von dir will...", fügte sie in ihren Gedanken hinzu. "Ähm, du bist doch auch in niemanden von uns verliebt, oder?", stellte Beca plötzlich die Frage. Sie war von sich selbst überrascht, dass sie sich getraut hatte, die Frage zu stellen, doch sie musste es einfach wissen. Chloe zuckte vor Schreck zusammen. Ihr Herz schlug plötzlich doppelt so schnell und kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. "Äh nein... nein, natürlich nicht u-und du?", gab sie total nervös als Antwort. Dabei knetete sie unruhig ihre Finger. "Ähm... Nein, i-i-ich auch nicht. Das wäre ja auch echt komisch.", log Beca ebenso nervös wie Chloe. "Ja, total!", stimmte Chloe immer noch sichtlich nervös zu und versuchte dabei, sich nicht anmerken zu lassen, wie enttäuscht sie über Becas Aussage war. "I-ich geh mal kurz für kleine Mädchen.", will sie sich aus der unangenehmen Situation befreien und verschwindet direkt, ohne, dass Beca etwas sagen kann. "Ist gut.", erwiderte diese, als Chloe schon einige Schritte von ihrem Tisch entfernt war. Kaum war sie ins Badezimmer verschwunden, schlug Beca ihre Hände vors Gesicht und seufzte tief. Das war's dann doch wohl mit Bloe. Sie bemerkte gar nicht, wie sich jemand zu ihr setzte. "Die steht auf dich!", hörte sie eine Frauenstimme sagen.

Bechloe OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt