Kapitel 2 Juni 2011 Anika

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Ich lief durch ein kleines Wäldchen, welches nur wenige 100 Meter von meiner Straße entfernt war.

Die Vögel zwitscherten noch und auch die ersten Fledermäuse waren schon am Himmel zu sehen.

Doch umso weiter ich ging, desto stiller wurde es.

Dann waren nur noch meine eigenen Schritte auf dem Asphalt zu hören.

Auch Sina, die sonst immer fröhlich voran läuft, wich mir nicht mehr von der Seite, ihre Nackenhaare stellten sich auf.

So langsam machte mir die Umgebung um mich herum Angst, sodass ich beschloss umzukehren.

Sobald ich meinen Entschluss gefasst hatte, machte ich auf dem Absatz kehrt und wollte zügig nach Hause laufen.

Dazu kam ich leider nicht mehr.

Nur wenige Meter vor mir stand eine Frau mit langem, wilden roten Haar. Ihre Haut war blass und von einigen Sommersprossen übersät.Die Kleidung die sie trug, war dreckig und zerschlissen.

Außerdem lief sie barfuß.

Zunächst froh darüber, nicht mehr alleine in dem dunklen Wald zu sein, machte ich einige Schritte auf die Frau zu.

Sina drängte sich an mein Bein, fletschte die Zähne und knurrte.

Als ich mir die Frau näher ansah, spürte auch ich, dass eine Gefahr von ihr auszugehen schien.

Mein Blick traf ihren und ich starrte ich blutrote, weit aufgerissene Augen.

Ich bekam Panik. Ich wollte schreien, ich wollte weglaufen, aber ich war unfähig mich zu bewegen.

Ich spürte nur, wie meine braunen Augen sich langsam mit Tränen füllten.

Die Frau lächelte mich mit strahlenden, weißen Zähnen an.

„Was macht ein Mädchen um diese Uhrzeit ganz alleine hier draußen?" säuselte sie mit kalter, bedrohlicher Stimme.

Ich war unfähig ihr zu antworten. Aus meinem Mund kam weder ein Wort, noch ein Schrei als ich versuchte einen Laut von mir zu geben.

Auch das Knurren meines Hundes war längst verstummt.

„Tja, meine Süße. Du bist leider zur falschen Zeit am falschen Ort" sagte die Frau mit klarer Stimme.

Als sie noch einen letzten Schritt auf mich zu machte, meldete sich mein Überlebensinstinkt.

Ich drehte mich um und wollte losrennen, doch ich blickte nur in ein weiteres Paar dunkler, blutroter Augen.

Beide Personen kamen mir irgendwie bekannt vor. In meinem Kopf ratterte es und ich fühlte wie mein Blut in meine Ohren pulsierte.Mir fiel nicht ein, an wen oder was die beiden mich erinnerten.

„Wo willst du denn so schnell hin?" fragte der Mann, der sich sein blondes Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Auch er trug keine Schuhe.

„ Nach Hause." brachte ich nun endlich zwischen meinen Lippen hervor, aber es war nur ein Flüstern. Meine Stimme versagte komplett, um Hilfe schreien konnte ich also vergessen.

„ Das tut mir Leid, aber du riechst viel zu gut." flüsterte der blonde Mann.

Er wandte sich an seine Begleiterin: „Überlässt du mir den ersten Bissen, Victoria?" wollte er von ihr wissen.

Zu dem Zeitpunkt verstand ich nicht, was er damit meinte.

Nur der Name Victoria und das äußere Erscheinungsbild der Frau lösten eine Assoziation zu den Filmen, die ich am Nachmittag gesehen hatte aus. Aber das war unmöglich. Das war nicht real.

Ich drehte mich zu der Frau mit dem Namen Victoria um und verfiel erneut in meine Schockstarre, als ich ihre ausgefahrenen Fangzähne und die dunklen Adern um ihre Augen herum sah.

„ Na gut James, du hast sie zuerst gerochen, aber lass mir etwas übrig!" entgegnete Victoria mit vor Begierde zitternder Stimme.

James lächelte. Nun entblößte auch er seine Fangzähne.

Waren die beiden tatsächlich Vampire?

Plötzlich stand er direkt vor mir.

„Bitte" flehte ich, mehr brachte ich nicht heraus.

Ich spürte wie die Tränen mir die Wangen herunter rannen.

Der Mann streckte gerade seine Hand aus um mein Kinn zu greifen, da ertönte aus dem Wald um uns herum ein lautes Knurren.

James und Victoria verharrten in ihren Bewegungen und sahen einander mit vor Schreck geweiteten Augen an.

Auch ich versuchte meine Aufmerksamkeit auf die Geräusche, die aus dem Wald kamen zu zentrieren.

Und dann sah ich sie.

Aus dem Schatten der Bäume traten vier riesige Wölfe.

Ich war zugleich beeindruckt und schockiert vom Anblick der Wölfe,die fast so groß waren wie ein Pferd. Sie schlichen zähnefletschend und knurrend an die Vampire herran.

Dabei kreuzte mein Blick den des kastanienbraunen Wolfes und ich verlor mich, trotz meiner Angst, für einige Sekunden in seinen dunklen, großen Augen.

Der Mann und die Frau ließen beim Näherkommen der Wölfe jedoch sofort von mir ab und rannten davon.

Dabei bewegten sie sich so schnell, dass ich die Bewegungen nicht erfassen konnte. Sie schienen sich regelrecht in der Ferne in Luft aufzulösen.

Die Wölfe jagten ihnen nach und schon nach wenigen Sekunden war nichts mehr von ihnen zu sehen.

Auch ich rannte nun durch die Dunkelheit. Der Wind peitschte mir meine hellbraunen Haare und einige Regentropfen ins Gesicht. Sina lief zum Glück direkt neben mir.

Zuhause angekommen verriegelte ich augenblicklich alle Fenster und Türen, auch wenn mir das im Ernstfall nicht viel nutzen würde.

Die Tränen liefen mir immer noch unaufhörlich über die Wange.

Als der Adrenalinschub nachließ, spürt ich, wie meine Beine nachgaben und ich sackte schluchzend im Flur unseres Hauses zusammen.

Was war da gerade passiert? Habe ich das wirklich gesehen? Mir war bewusst, dass ich niemandem davon erzählen konnte. Wer würde mir das schon glauben. Ich versuchte mich selbst vergebens davon zu überzeugen, dass es keine Vampire oder übergroße Wölfe, geschweige denn Werwölfe gibt.

Nach einiger Zeit waren meine Tränen versiegt, aber mein Körper wurde immer noch von unaufhörlichen Schluchzern geschüttelt.

Als ich meine Beine wieder spürte, richtete ich mich mit Mühe auf,ging in mein Zimmer welches sich im dritten Stock befindet, und legte mich ins Bett.


 An Schlaf war jedoch nicht zu denken.

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