해돋이

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Seit Yuna sich verabschiedet hatte und verschwunden war, verging kein Tag an dem Jungkook nicht von Albträumen geplagt wurde.
Er träumte von dem Vogel, den Yuna gezeichnet hatte.
Der Vogel, der ständig vor ihrem Fenster saß und ihr beim Zeichnen zusah.
Er träumte von den Möbeln, die Yuna verbrannte als ihr Vater starb, von dem Klavier das in ihrem Zimmer stand.
Er träumte von dem Bild, das sie von ihm gemalt hatte, jedoch war es nicht mehr er, es war Jemand den er nicht mehr kannte.
Jemand, den er nie gekannt hatte.
Yuna's leises Pfeifen, die Melodie die ihn immer wieder aufwachen ließ.

Das große Paket, das vor einigen Tagen vor seiner Tür stand, hatte er immer noch nicht ausgepackt.
Bis er eines Nachts weder Schlaf noch Ruhe fand.
Jungkook öffnete den schweren, großen Karton und in ihm befand sich eine leere Leinwand, einige Pinsel, eine Tube blutroter Farbe, ein Feuerzeug und das Gemälde, das ihn darstellte.
Yuna schickte ihm ihr größtes Kunstwerk, das ihr am meisten bedeutete von allen Werken die sie jemals gemacht hatte.
Was er jedoch nicht wusste war, dass sie es vor ihrem Abschied vor einigen Wochen an der Post abgab, damit die Post es losschickte als Yuna schon über alle Berge war.

Am Boden des Kartons befand sich eine Kopie des Vogels, den Yuna gemalt und verkauft hatte.
Da Jungkook bei ihrer letzten Ausstellung keines der Kärtchen mitgenommen hatte, hatte sie ihm eines beigelegt als Andenken an ihre Kunst-Gallerie.
Jungkook drehte die Kopie um und entdeckte einen Spruch, geschrieben in der schönsten Handschrift die er je gesehen hatte:,, Der Vogel kämpft sich seinen Weg aus dem Ei, das Ei ist die Welt. Wer geboren wird, der muss zuerst eine Welt zerstören. Der Vogel fliegt in den Himmel zu Gott, des Gottes Names ist Abraxas"

Jungkook stellte das Gemälde auf eine Staffelei und starrte es mehrere Minuten nachdenklich an, während sich draußen ein Gewitter breit machte.
Einzelne Tropfen plätscherten schon auf den Steinboden seines Gartens.
Er erinnerte sich an die Skizze, die er damals in Yuna's Atelier gefunden hatte, die den Jungen zeigte mit den blutrot bekritzelten Augen.

Er hielt die Tube roter Farbe in seiner Hand und fragte sich, was Yuna sich dabei gedacht hatte.
Wollte sie, dass er auch ein Bild malte? Das hätte die leere Leinwand erklärt.
Oder wollte sie, dass das Gemälde seines Gesichtes verunstaltete, wie sie es damals mit der Skizze tat?
Fragen über Fragen hämmerten in seinem Kopf, er raufte sein Haar und hätte am liebsten laut losgeschrien.

Er hatte Tage damit verbracht, darüber nachzudenken warum sie ihn zurück gelassen hatte.
Sie hatte es ihm erzählt, jedoch verstanden hatte er es nie.

Und er hatte Angst; Angst, dass sie nie wieder zurück kommen würde; Angst, dass ihr etwas passiert war.

,,wenn ich nicht gehe werde ich nie glücklich werden" hatte sie gesagt, während ihr eine Träne über ihre rote Wange lief.
Jungkook dachte dass er es war,der sie glücklich machen konnte.
,, hör mir zu, Jeon Jungkook" sie nahm sachte seine zitternden Hände in ihre ,,es gibt so vieles auf der Welt, das sich zum Leben lohnt"

Jungkook lief ein kalter Schauer über den Rücken, Yuna's Stimme hörte sich kalt an.

,,warum?" flüsterte er immer wieder mit bebenden Lippen ,,warum gehst du?"
,,irgendwann wirst du's verstehen"

Und Jungkook verstand es nun.
Yuna war schon immer dieser Vogel gewesen, von dem sie sprach, den sie zeichnete.
Sie wollte ihre Flügel ausbreiten und fliegen, in eine andere Welt, bis sie keiner mehr fand.
Ihr Platz war nicht auf der gleichen Welt, auf der Jungkook lebte.
Jungkook und Yuna lebten in zwei verschiedenen Welten, wie Tag und Nacht, wie Sonne und Mond.

Yunas Vergangenheit und ihre Sicht auf die Dinge brachten sie dazu den einzigen Menschen zu verlassen, der ihr auf dieser Welt noch wichtig war.
Doch ihr war auch wichtig, einen neuen Weg einzuschlagen, einen Ort zu suchen an dem sie sich geborgen fühlte und es 'zuhause' nennen konnte.

Das kleine Fenster in seinem Zimmer zersprang in hunderte Scherben, es hatte schon seit einigen Wochen einen Riss gehabt und gab nun nach. Der Wind bließ durch's Fenster und erfüllte den Raum mit Kälte.

Jungkook stand immer noch vor dem Gemälde und ihm wurde immer unwohler. Es fühlte sich so an, als würde er vor einem Spiegel stehen und sein Spiegelbild versuchte ihm etwas zu sagen.

Sein Blick schweifte auf das Feuerzeug, das im Paket war. War das Yuna's letzter Wunsch gewesen?
Jungkook schluckte seine Angst runter, griff nach dem Feuerzeug und ohne noch mehr Gedanken zu verschwenden zündete er das Gemälde an.
Ein loderndes Feuer entfachte sich und es schien so, als würde die Farbe schmelzen und als Tränen über sein gezeichnete Gesicht fließen.
Auch ihm selbst entwischte eine kleine Träne, während er dabei zusah wie die einzige Erinnerung an Yuna verbrannte.

Voller Reue Yuna gehen gelassen zu haben suchte Jungkook ihr Atelier erneut auf, wusste wo Yuna ihre Schlüssel versteckt hatte aber fand es jedoch nahezu leer.
Das Einzige, das Yuna nicht mitgenommen hatte war das alte Klavier ihres Vaters.
Es stand immer noch mit einem leichten Laken mitten im Raum.
Yuna's Atelier war nicht mehr dasselbe ohne ihre Bilder, ihre zahlreichen Malutensilien und Yuna selbst.
Jungkook fühlte sich grauenhaft, befreite das Klavier vom mittlerweile verstaubten Laken und setzte sich auf den kleinen Hocker.
Verwundert darüber,dass das Klavier beinahe wie nagelneu schien fing er an zu spielen.
Und er dachte gar nicht daran aufzuhören, es steckte so viel von Yuna in diesem Raum und während er mit zarten Fingern die Tasten berührte, konnte er sie endlich gehen lassen.
Aus seinem Kopf und aus der Welt.
Sie war der Beginn eines neuen Lebens, eines freien Lebens.

Begin ~ a Jungkook FanFiction √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt