Kapitel 22

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Granger sah genauso verwirrt aus wie ich mich wohl innerlich fühlte. „Meinst du das ernst?", fragte sie ungläubig. 

„Nein, ich mache Witze, Granger. Sag mal, hat man dich mit einer anderen Hermine Jean Granger vertauscht oder..?"

„Du kennst meinen zweiten Namen?", unterbrach sie mich.

„Das ist nicht der Punkt. Und natürlich kenne ich deinen zweiten Namen, den weiß doch jeder. Du bist schließlich eine Berühmtheit." Hatte sie heute einen Besen gefressen oder wo war ihre Intelligenz geblieben? Wurde sie etwa krank?

„Nein, ich bin mir sicher, dass nur wenige den kennen, Draco", ihre Lippen verzogen sich zu einem aufrichtigen Lächeln, das mein Herz schneller schlagen ließ, „Ich muss eine Weile über deine Worte nachdenken", bevor ich begriff, was sie damit meinte, hatte die Streberin mir einen Kuss auf die Wange gehaucht und war hinter den Bäumen wieder verschwunden.

Aaaaargh! Diese verdammte Gryffindor brachte mich zum Ausrasten. Da war man einmal in seinem Leben ehrlich und was passierte? Man wurde einfach mitten im Wald stehen gelassen. Vielen Dank auch.

Sie musste nachdenken. Was gab es da großartig nachzudenken? Sie stand laut ihrer eigenen Aussage schon sehr lange auf mich, ich gestand ihr, dass ich durchaus Interesse hatte und jetzt ging sie einfach? Eigentlich hätte das Ende der Gleichung ein Kuss oder ein Gefühlsgeständnis ihrerseits sein müssen.

Mit einem Seufzen kehrte ich zum Zelt zurück.

„Harry, wenn es dir keine Ruhe lässt, dann lass Dr.. Malfoy doch deinen Traum sehen. Er kennt den Dieb wahrscheinlich."

„I-ich soll Malfoy ungehindert in meinen Kopf lassen? Nur über meine Leiche!", zickte Potter und verschränkte stur die Arme vor der Brust.

Das konnte amüsant werden, freute ich mich. Zugegebenermaßen war ich auch sehr neugierig was seinen Traum betraf.

„Dann hör gefälligst auf dir darüber den Kopf zu zerbrechen und verschone uns mit deinen wirren Gedanken!", wies der Bücherwurm ihn an. 

„Draco", wandte sie sich an mich, „Ich vertraue darauf, dass du ihn weise benutzt ansonsten nehme ich ihn wieder an mich", ehe ich begreifen konnte hatte sie mir meinen Zauberstab in die Hand gedrückt und trat in das Zelt, in der sich die Hohlbirne wohl noch befand.

„Malfoy, du brauchst gar nicht so hämisch zu grinsen. Setz dich, ich will es so schnell wie möglich hinter mich bringen", fauchte Narbenfresse mich an und schloss die Augen. Wenigstens etwas hatte der Idiot gelernt, dachte ich mir und schob den Zauberstab in meinen Umhang. 

„Jemanden in seinen Kopf Eintritt zu gewähren setzt sehr viel Vertrauen voraus. Bist du dir... ?"

„Malfoy", zischte Potter. Ich konnte sehen, wie er seine Hände zu Fäusten ballte.

„Schon gut", lachte ich, „Entspann dich und versuche keine Panik zu bekommen. Ich habe keine Lust für immer in deinem geistreichen Kopf festzusitzen."

„Das kann passieren?", entsetzt riss er die Augen auf.

„Entspann dich, Grünauge. Ich habe das schon etliche Male gemacht."

Zittrig holte Potter Atem und schloss wieder seine Augen.

Ich holte ebenfalls tief Atem und griff nach meinem Zauberstab. „Legilimens", flüsterte ich als ich sah, dass seine Schultern sich senkten.

Wie erwartet empfing mich das reinste Chaos. Salazar, wie sollte ich da nur seinen letzten Traum finden? Wirr schwirrten seine Erinnerungen um mich herum.

„Potter, konzentriere dich auf meine Stimme, ja? Denk an deinen Traum zurück. Versuche dir die Bilder direkt vor Augen zu rufen."

Es dauerte keine Sekunde da hatte ich das Gefühl als hätte mich ein Klatscher in den Bauch getroffen. „Sachte, Potter", wies ich ihn zurecht und versuchte mich auf seine Erinnerung zu konzentrieren.

Es schien einen dunklen Gang entlangzugehen, hinter jemanden mit einer Laterne.. Das musste Gregorowitsch sein, dachte ich mir. Wir rannten in eine Werkstatt. Auf der Fensterbank saß ein junger Mann mit goldenem Haar. Er kam mir sehr bekannt vor. Diebische Freude zeigte sich auf seinem hübschen Gesicht, ehe er einen Schockzauber abfeuerte und mit triumphierenden Gelächter aus dem Fenster sprang. Das musste der Dieb sein, den ich erkennen sollte. Woher..?

Wirbelartig schien sich der Traum zu ändern und ich starrte in das vor Schreck starre Gesicht von Gregorowitsch. „Wer war der Dieb, Gregorowitsch?" Die Stimme sorgte dafür, dass mir ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Es fühlte sich an, als würde der Dunkle Lord direkt hinter mir stehen. Gregorowitsch brabbelte vor sich hin, ehe er ein lautes „BITTE" ausstieß, das in einem schmerzhaften Schrei überging. Ein grünes Licht...

Wie auf einen Schlag wurde ich aus Potters Kopf katapultiert. Mir war ungeheuer übel als ich wieder vollkommen bewusst in meinen Körper fand. Jemand drückte meinen Mund auf und tröpfelte Wasser hinein. „Geht es dir gut?", besorgt strich Granger mir ein paar verschwitzte Strähnen aus dem Gesicht.

„Ich denke schon, ja."

„Hast du den Dieb wenigstens erkannt?", mischte sich die Hohlbirne ein.

Ungern gab ich zu, dass ich keinerlei Ahnung hatte. Was war dermaßen wichtig, dass man dafür töten würde? Vielleicht konnte ich so den Dieb identifizieren. Wenn ich ihn schon einmal gesehen hatte, musste ich bereits gehört haben, was geschehen war oder zumindest wissen, was der Dieb alles gestohlen hatte. Was konnte der Zauberstabhersteller Gregorowitsch besonderes in seinem Besitz haben, dass..? Nein, das konnte nicht wahr sein. Das war nur ein Gerücht, mit dem er geprahlt hatte. Außerdem war der Elderstab lediglich eine Geschichte, zweifelte ich. Doch was sonst wäre es wert dafür zu töten? Konnte es sein, dass es den Elderstab wirklich gab? Was sonst würde der Dunkle Lord von einem Zauberstabhersteller wollen?

„Hat Dumbledore euch etwas zu den Heiligtümern des Todes erzählt?"

„Den was?", Potter sah mich an als könnte er nicht bis drei zählen.

„Hat er euch alte Zauberergeschichten erzählt - Kindergeschichten?", da kam es mir, „Granger, du hast doch dieses Buch ständig gelesen.. Wie heißt es denn? Ah: Die Märchen von Beedle dem Barden."

„Ich verstehe nicht, was das Buch damit zu tun haben soll", murmelte sie verwirrt.

„Bring es mir einfach."

Nicht einmal eine Minute später hielt ich es in den Händen und konnte meinen Augen kaum trauen als ich das eingeritzte Symbol sah. Ich hatte tatsächlich Recht. Dumbledore war zwar ein alter Idiot, aber er hatte das Symbol für die Heiligtümer sicher nicht ohne Grund in ein Kinderbuch geritzt, das er Granger vererbt hatte. Der Dunkle Lord wollte die Kindergeschichte wahr machen. Er wollte der Meister des Todes werden. Und wenn ihm das gelang, konnten wir alle nur noch beten.

Accidentally switching sides #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt