Kapitel 35

2.3K 157 61
                                    

Es ging alles viel zu schnell. Nachdem Potter vor dem Grab seiner Eltern beinahe zusammengebrochen war, hatte er uns mehr oder weniger gezwungen, dieser irren, stinkenden Frau zu folgen. Natürlich konnte der Held nicht wissen, dass sich in ihrem Körper Nagini versteckte.

Nun gut, soweit waren wir noch nicht. Ich starrte gerade noch auf das Bild des Diebes aus Potters Kopf. Wieso lag mir sein Name auf der Zunge?

Je länger wir das Bild anstarrten, umso verzweifelter wurde ich. Normalerweise hatte ich nie Probleme damit, Menschen zu erkennen. Ich konnte... Da hatte ich es! Grindelwald. Ja, es musste Grindelwald sein. Es war Grindelwald, der nach dem Elderstab suchte!

„Ich prahle ungern, aber ich habe die Person identifiziert. Es ist Grindelwald", flüsterte ich beiden Helden auf Zehenspitzen leise zu.

„Wieso bin ich nicht darauf gekommen?", stöhnte Hermine leise und schüttelte den Kopf, „Danke dir", und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Die alte Bagshot ließ sich von uns nicht beirren und brachte Potter dazu, ihr allein zu folgen.

„Hast du auch so ein mulmiges Gefühl?", fragte mich Hermine in dem müffelnden Flur und griff nach meiner kleinen Hand.

„Irgendetwas stimmt nicht, ich kann nur nicht in Worte fassen, was es ist", gab ich zu, „Ich bin dafür, dass wir Potter folgen."

„Aber er wollte mit ihr ungestört sein, damit sie ihm das Schwert geben kann."

„Das interessiert mich wenig. Die Sicherheit unseres goldenen Jungens hat für mich oberste Priorität." Wenn ich schon Seiten wechselte, dann sollte diese auch gewinnen. Ohne ihre Antwort abzuwarten, erklomm ich die Treppe bis ich den Helden durch das Schlüsselloch sehen konnte.

Er stand mit der rundlichen Frau in einem stockdunklen Raum, der nur von seinem Zauberstab beleuchtet wurde. Diesen fand sie mehr als interessant. Auf den Zustand des Raums ging ich lieber nicht ein. Es war das reinste Chaos. „Haben Sie etwas für mich?", fragte der Gryffindor mehrmals.

„Was siehst du?", Hermine drückte sich gegen meinen Rücken. Draco, nein, ihr Parfüm roch nicht bezaubernd. Konzentriere dich auf Potter.

„Er fragt gerade nach dem Schwert."

„Geht das auch genauer?", sie versuchte mich wegzuschieben.

„Hermine, soll ich Potter zuhören oder dir lieber Antwort stehen?"

Daraufhin schwieg sie. Um sie etwas zu beruhigen, griff ich wieder nach ihrer Hand und begann Kreise mit meinem Daumen auf ihren Handrücken zu zeichnen.

In der Zwischenzeit stand Potter mit der alten Bagshot vor einem Frisiertisch.

„Was ist es?", sprach er die Frage aus, die ich mir ebenfalls stellte.

„Da", meinte sie und deutete auf das Chaos.

In dem Moment geschah es. Meine Augen konnten nicht schnell genug wahrnehmen, was passierte. Aus der runzligen Frau wurde Nagini. Sie biss Potter in den Arm, der mit seinem Zauberstab herumgefuchtelt hatte.

„Sie ist Nagini!", rief ich Hermine zu. Unser Blickkontakt hielt nicht mal eine Sekunde. Die Zeit hatten wir gar nicht. Es reichte jedoch um die nackte Panik in ihren Augen zu sehen und ihr zuzunicken. Wir mussten da rein – jetzt.

Ich stieß mit ihr die Tür auf um Potter zu retten. Gemeinsam feuerten wir einen Zauberspruch nach dem anderen auf die miese Schlange. Sie schlug wie wild um sich und erwischte mich mehrmals in der Magengrube. Mein Sichtfeld war deutlich eingeschränkt. Ich konnte zum Teil Nagini gar nicht sehen, dafür war es zu dunkel, nur unsere farbigen Zauber. Nicht einmal unsere Rückwandlung in die wahren Körper bekam ich mit. Ich lief einfach umher, wich aus, warf einen Zauber, wich aus, sah nach Hermine, wich aus. Als jedoch Hermine zusammenbrach, brannte durch meine Adern die pure Wut.

„Confringo!", rief ich. Mein Zauber zerstörte den Schrankspiegel, schnallte gegen die Decke und auf uns drei zurück. Potter neben mir zischte.

„Hermine, alles in Ordnung?", sie lag gekrümmt auf dem Bett und stöhnte, „Potter, wir müssen hier weg!"

Da brach Nagini plötzlich aus der rechten Wand hervor und schlug erneut mit ihrem mächtigen Schwanz nach uns. In letzter Sekunde schubste ich Hermine vom Bett.

„Argh", ich biss fest die Zähne aufeinander. Mein ganzer Rücken brannte wie Feuer von dem Schlag.

„Draco!", panisch rappelte sich Hermine auf und feuerte erneut den Confringozauber auf Nagini.

„Er kommt, er kommt!", begann Potter zu brüllen und hielt sich die Narbe. In dem Moment begann mein linker Arm zu pochen.

Das konnte nur eines bedeuten: Der Dunkle Lord war auf dem Weg. Wir durften keine Zeit verlieren.

Der sonst mutige Gryffindorheld begann zu schreien. Dankbar nahm ich Hermines ausgestreckte Hand und der übelerregende Wirbel startete.

Als ich meine Augen wieder öffnete, kniete Hermine mit Tränen in den Augen vor mir.

„Geht es dir gut?", besorgt strich sie mir einzelne Strähnen aus dem Gesicht, ehe sie mich an sich zog. Nicht emotional werden, Draco, genieße einfach die Umarmung. Fang nicht an zu weinen, weil du Angst hattest, ihr würdet das nicht überleben. Einfach genießen.

„Ja", log ich, „Potter?"

„Er murmelt dauernd irgendetwas, aber...", sie rutschte etwas zurück, „Wir haben ein Problem", Tränen sammelten sich in ihren schönen Augen.

„Was denn?"

Tapfer wischte sich meine Streberin die Tränen von den Wangen und zog Potters Zauberstab aus ihrem Mantel. Ich musste nicht einmal genau hinsehen, um zu verstehen.

„Kann man ihn reparieren? Nicht, oder?"

„Wenn du die Antwort schon weißt, brauchst du mein Ego nicht aufpolieren und mich fragen", versuchte ich sie mit einem blöden Scherz aufzuheitern.

Ihre Schultern sackten in sich zusammen. „Und jetzt? Wie soll Harry ohne Zauberstab weitermachen? Er hat keine Chance!"

„Komm, wir machen es uns erstmal gemütlich. Sicherlich fällt uns genialen Genies im entspannten Zustand eine Lösung ein", ich rutschte ein Stück, sodass ich mit dem Rücken an einem Baum lehnte und zog sie an mich. Sanft fuhr ich mit meinen Fingern durch ihr Haar.

„Könnte er einen anderen Zauberstab benutzen?"

„Entspannen, Granger."

Schnaubend griff Hermine nach meinem linken Arm und strich zärtlich um die Wunde herum. Sie hielt nicht einmal eine Minute durch, ehe sie mir wieder dieselbe Frage stellte.

Genervt gab ich nach: „Wenn er jemanden entwaffnet, ja. Andernfalls reagiert kein Zauberstab, der einem anderen Zauberer gehört, zwingend nach seinem Willen."

„Was könnten wir dann tun? Wäre...?"

„Ich möchte nichts hören."

„Aber..."

„So, jetzt reicht es mir!", ich packte sie am Kinn und drückte meine Lippen auf ihre.

Die nächsten Minuten war die Gryffindorin still, das ist alles, was ich hier verrate.

Accidentally switching sides #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt