Chapter 2 - Meine Nacht

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Tyson
Zum gefühlten 100. Mal schlug ich auf den Boxsack ein und spürte langsam das Adrenalin aus meinem Körper weichen. Durch meine Ohren dröhnte der laute, erstickende Sound von Xatar. Lass los, das dachte ich mir. Aber lass dich mal selbst nicht verarschen. Mach die Augen auf.

„Lass los, Bruder. Lass von deinem Leben los."

Ich fletschte die Zähne, als ich mich in dem Song wiederfand. Ich schlug wie ein wildgewordenes Tier auf den Boxsack ein, jedoch hatte ich das Gefühl, keine Last würde sich von meinen Schultern nehmen. Das starke Ziehen an meinen Armen reichte nicht, um mich zu besänftigen. Also knurrte ich, tritt noch einmal gegen den Sack und ging dann zu den Umkleiden des Boxing Clubs. Dort erwartete mich Don und zog an seinem Joint. Währenddessen nahm ich mir meine Zigarette zwischen die Finger, er zündete sie mir an und ich zog an ihr. Dann setzte ich mich auf die Bank und lehnte meinen verschwitzten Körper gegen den Spind.

„Bruder heute darfst du uns nicht enttäuschen. Alles für die Familie."

Er klopfte mir auf den Rücken und tapte meine Fingerknöchel, denn sie bluteten schon wieder.

„Wann habe ich euch enttäuscht?"

Erst starrte er mich nur für einen belanglosen Moment an, setzte an um etwas zu sagen. Aber dann entschied er sich dagegen. Und es war besser, denn ich konnte nichts garantieren.
Er dachte an den letzten Kampf, in dem ein Mädchen gegen mich kämpfen wollte, welches zu einem Mannsweib mutiert war. Ich lehnte ab, denn ich schlug keine Frauen. Und das passte nicht allen. Denn hier kannte keiner Gnade. Und es ging um viel Geld.

„Wir müssen raus. Deine Nacht beginnt."

Ich knackte kurz mein Nacken, spannte und lockerte meine Muskeln, dann ging es nach draußen. In mein Spielfeld.

Ich legte mir mein Armband um und schob den dunklen Vorhang zur Seite, als die Lichter erloschen und eine laute, aggressive Musik von Eminem den riesigen Raum vor mir erfüllte. Ich trat einen Schritt nach vorn, zwei, dann drei und vier. Und als die Menge mich dann sah, fingen alle an zu brüllen. Ich stieg in den Ring, spannte meine Arme, lockerte mich kurz und stellte mich so in die Mitte. Es war mein Revier.
Mein Gegner stand schon im Ring, aber den nahm im Moment keiner wahr.
Meine steinharte Miene zog ich für einen Moment ab, und alle kannten diesen Moment. Ich fing kurz an zu grinsen, hob beide Arme in die Luft und formte ein Symbol, welches alle im Raum kannten.
Alle brüllten durch den Raum, es wurde lauter und die Stimmung lockerte sich. Ich brauchte diesen Moment um mich zu sammeln. So kämpfte ich am Besten. Und dann verschwand auch mein Grinsen. Ich grinste nicht, lachte nicht.

„Tyson! Dein Fight!"

Meine Jungs hatten mir diesen Namen gegeben, als ich hier ankam. Für mich gibt es keine anderen Menschen, die ich als Familie bezeichne.

Einige Minuten später wurde es ganz still im Raum, alles schien nun stillgelegt.
Ich schüttelte noch einmal meine Arme, sprang zweimal, gab Don eine Faust und stellte mich in Position. Nun begann die Stimmung sich zu ändern und auch ich konzentrierte mich.

„Fight!"

Sofort ergriff mein Gegner die Möglichkeit mir eine zu geben, jedoch handelte ich schneller und verpasste ihm zwei Fäuste. Dann spielte ich mit ihm.

Nach drei Runden lag mein Gegner auf dem Boden. Ich hatte jahrelang auf diese Siege hingearbeitet, nun verlor ich nicht.

Das war Tyson. Ich konnte Menschen wehtun, sie mir nicht. Es funktionierte nicht.

Die With MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt